Samstag, 28. September 2024

 

Der "Hirzen" in der Gerbi Näfels

 

Bild: Aus der PPP "150 Jahre Gärbibrand 1874 bis 2024"

 

Liegenschaft Gerbi 16

Baujahr 1878

Bauherr: Wilhelm Aebli, Wirt "Zum alten Hirzen"

 

"Nachdem die Wirtschaft "zum alten Adler" von Carl Melchior Josef Gallati (1860-1901) beim Gerbibrand am 25.04.1874 bis auf die Grundmauern niederbrannte, baute Wilhelm Aebli, Wirt vom "Alten Hirschen", im Dorf ein neues Wirtshaus "Zum Hirschen" (später "Hirzen") auf.

Oberleutnant Wilhelm Aebli (1848-1907) war verheiratet mit Katharina Aebli-Gallati (1855-1930) und betrieb neben der Wirtschaft noch eine Bäckerei.

Ab 1907 wurde die Wirtschaft "Zum Hirzen" geschlossen.

Die ältere Tochter von Wilhelm, Maria HEDWIG (1877- 1944) heiratete Dr. med. Ferdinand Spieler.

Die Bäckerei hingegen wurde von der ledigen Tochter Maria OLGA Aebli, genannt "Hirzen-Olgi" (1882-1950) bis zu ihrem Tode weitergeführt. Olga, die für den Verkauf zuständig war, hatte einen Bäckergesellen namens Kühne, genannt "Chüäni", angestellt. Weil Olga Aebli während des Zweiten Weltkrieges hin und wieder frisches Brot verkaufte, machte sie sich strafbar. Nebst einer saftigen Bus-se wurde ihr auch kein Mehl mehr geliefert. So musste sie das Backmehl sackweise mit dem "Leiterwägeli" im Güterschuppen beim Bahnhof abholen.

1951, nach dem Tod von "Hirzen-Olgi", wurde ihr Backofen "ausgelöst". Weil es in den dreissiger und vierziger Jahren im Glarnerland zu viele Bäckereien gab, konnte man beim Bäckermeisterverband eine "Backofenauslösung" beantragen.

Herabgewirtschaftete Betriebe oder Bäckereien ohne Nachkommen nutzten diese Gelegenheit, gegen ein Entgelt den Betrieb stillzulegen.

 

1951 Kauf Blesi + Olsen Treuhandbüro, Glarus

1953 Kauf Walter und Barbara Gisin-Senti

?       Kauf Mike Roos, Feusiberg"

 

Text aus:Peter Märchy: Näfels, Gasthäuser  Einst und Heute, Näfels 2023, Seite 49

 

Persönliche Erinnerungen

Ich kannte Frau Olga Aebli in meiner Bubenzeit persönlich. Sie hatte die Haare hochgekämmt, war eine sehr gütige und gutmütige Frau. Ihre Brotladen war lin-kerhalb des Einganges, rechts war die Backstube mit "Chüäni", ein kleinge-wachsener Mann mit einem Bäuchlein, schneeweissen Haaren und einem eben-solchen Bart (vergleichbar mit dem späteren "Sandmännchen" des Deutschen Fernsehens, jeweils bei der "Gutenacht-Geschichte für die Kleinen"). Er pflegte jeweils sein Brett, mit dem er die Teigballen in den Backofen schob und nach dem Backen die Brotlaibe wieder herausholte, am Hirzenbrunnen vor dem Haus wusch und dazu einen Lumpen auswrang. Er wohnte im Burg-Quartier und pflegte seinen Arbeitsweg über das Rautport und den Herrenweg zu machen.

Olgi hatte im Verkaufslokal auf dem Ladentisch ein kistenartiges Pult mit einer Öffnung durch die sie mit Bleistift auf einer Papierrolle die Käufer und die einge-kauften Brot aufschrieb. Ende Monat musste die Brotrechnung bezahlt werden.

 

Eine andere Begebenheit, die zur Erinnerung hier festgehalten sei: Ein Vertreter für Waffen schwatzte Olgi eine Pistole auf, da offenbar ruchbar geworden war, eine Bäckersfrau sei meuchlings ausgeraubt worden. Die gutmütige Olga liess sich überreden und bewahrte diese Pistole in ihrem Nachttischchen auf. Eines Tages klagte sie bei meinem Vater (Hasäfritz), sie fürchte sich vor dieser Pistole, weil sie sich fürchte, sie könnte einmal des Nachts in der Schublade "losgehen", ob er nicht so freundlich sei, sie bei ihm - auch in der Gerbi - aufzubewahren. Die Pistole war jahrelang in einem Schubladenfach des Sekretärs meines Vater aufbewahrt. Munition gab es keine; aber sie ist ein Fundstück, das nach dem Tod meines Vaters zum Vorschein kam und heute noch verpackt auf dem Estrich liegt. Eine Reminiszenz an die "bewaffnete Bäckersfrau", die sich vor dem Gebrauch dieser Waffe gefürchtet hatte.

 

Ebenfalls ins Erinnerung ist mir die Eibe vor dem "Hirzengebäude". Diese hatte rote Beeren, die offenbar hochgiftig sein sollen. Wir Gofen "süggelten" diese Bee-

ren und spuckten sie wieder aus.  Offensichtlich waren Schutzengel im Spiel, die uns hinderten, die giftigen Beeren auch herunterzuschlucken.

 

Der Hirzenbrunnen war unser Tummelplatz, wir kletterten auf ihm herum und löschten unseren Durst mit frischem Wasser aus der Röhre. Einmal hatte ein genialer "Gärbibuäb" die Idee, wir könnten einen zerschnittenen Veloschlauch um die Brunnenröhre befestigen und am andern Ende mit einer Schnur zubinden. Das drückende Wasser wölbte dann eine Delle in den Veloschlauch, bis er - unter grossem Geschrei und Gelächter von uns Rotznasen - zerplatzte.

 

Ein anderes Erinnerungsstück war ein Klavier, das die Eltern von Olgi aus dem Haus Spieler in Mitlödi geerbt hatten. Olgi hatte keine Verwendung dafür und schenkte es meinem Vater, der gerne zur Gitarre Lieder sang und seine Kennt-nisse so gut es ging auch auf das alte Klavier übertrug. Ich selber durfte bei Ge-rold Schwitter jun. auf dem "Bühl" in die Klavierstunde und hat auf dem alte Klipperkasten zu üben. Nach dem Tod meines Vater meldeten sich entfernte Ver-wandte, der Onkel Fritz habe ihnen versprochen, sie dürften das Klavier nach seinem Ableben abholen, was sie denn auch taten. Das Klavier wurde nach Nie-derurnen gezügelt, landete später im Pfarreisaal... und wurde "altershalber" irgendwann entsorgt.

 

Das Erbstück aus dem Haus Spieler Mitlödi, das auch einen Regierungsrat stell-te, hatte so seine eigene unspektakuläre Geschichte.

 

Leider besitze ich von "Hirzen-Olgi" und von "Chüäni" nur Bilder der Erinnerung im Kopf.

Wer hat noch ein Bild von Olgi oder vom Chüäni?


Freitag, 20. September 2024

 

Woher kommen die Gallati?

 

Durch den Kontakt einer Auswärtsglarnerin, die ihren Famiienvorfahrennamen erforscht, sind wir auf eine frühere Glosse gestossen, die ich vor vielen Jahren unter meiner Kolumne "Dies und Das" im "Fridolin, Schwanden" auf der Titelseite publizieren durfte. Sie ist dem Familiennamen "Gallati" gewidmet und räumt mit der weit verbreiteten Meinung "Gallati" sei italienischen Ursprungs auf.

Hier als Trouvaille wieder ausgegegraben.

 

 

O, ihr verrückten Galater!

oder

Wussten Sie, dass Gallatis Barbaren, Bleichgesichter und eigentlich Kelten sind?

 

Eine gebürtige „Gallaterin“, namens Greta, hat mich darauf gebracht, mein Au-genmerk auf Träger dieses Namens zu werfen. Es gibt ja, weiss Gott, haufen-weise Menschen dieses Namens, die Bedeutendes geleistet haben. Dem Fami-lienname „Gallati“, in der Mundart „Galäti“ und Mehrzahl „Galäter“, ist ein spe-zielles Buch gewidmet. Mogens Mogensen-Gallati hat es mit dem Titel „500 Jahre Genealogie und Geschichte des Glarner Geschlechtes Gallati“ schon 1984 herausgegeben.

 

Er präsentiert darin Gallati aus Näfels, Mollis, Kerenzen, Netstal, Wil SG und die katholischen und reformierten Gallati im Hauptort Glarus. Er weist auch hin auf Gallati in Weesen, Uznach, Schänis, Quarten, Rapperswil und Tuggen.

 

Auffällig ist die Aussprache. Während man im Glarnerland „Gàläti“ auf der ersten Silbe betont und phonetisch die Kürze des ersten a durch die Doppel-L-Schreib-weise (Ga-ll-ati) noch betont, pflegen Auswärtige den Namen als „Galàtti“ mit Betonung auf der zweiten Silbe auszusprechen. Der ehrenwerte Name wurde gar kürzlich in der Bad Säckinger Presse sogar als „Galatti“ geschrieben.

 

Den ersten Gallati findet man unter den gefallenen Glarnern „Wälti Gallati“, der am 9. April 1388 die Freiheit des Landes Glarus mitbegründete. Allerdings nennt die Genealogie im Landesarchiv schon 1249 Johann einen Jakob Gallati Pfarr-herr zu Berschis.

 

Der erste Molliser Gallati ist Zacharias, Apostat aus Näfels. Ab Beglingen. Auch Bürger von Netstal. Geboren 1545, gestorben am 7. September 1611 in Filzbach. Er heiratete zuerst Katharina Engelhart, Tochter des Schmiedmeisters aus Gla-rus, die ihm zwölf Kinder schenkte, dann Katharina Britt von Obstalden. 1590 wurde er Protestant und 1600 kaufte er das Tagenrecht zu Kerenzen.

 

Der ersterwähnte katholische Stadtglarner Gallati war Rudolf, der mit einem Hans Gallati 1428 und 1436 Tagsatzungsabgeordneter war. Er fiel im September 1515 in der Schlacht bei Marignano. Sein erster reformierter Stadtgenosse war Ulrich Gallati von Mollis, wohnhaft in Glarus, später Hofmann beim Herzog von Zwei-brücken, Rheinpfalz. Er lebte von 1616 bis 1684 und heiratete dreimal. Zuerst Elsbeth Schärer, genannt Gyr. Sie gebar vier Töchter, starb aber erst 27-jährig  in Glarus. Die zweite Frau Elsbeth Zimmermann gebar zwei Söhne. Seine dritte Frau, die Hebamme Lisabetha Brändle, gebar eine Tochter und überlebte ihren Mann um vier Jahre. Ersterwähnter Netstaler Gallati ist Fridolin Joseph, Drucker, dann Briefträger. Er lebte von 1851 bis 1933 und hatte mit Maria Sigrist aus Giswil OW fünf Kinder. Er starb in Luzern.

 

Die Wiler-Gallati-Dynastie beginnt mit dem ausgewanderten Näfelser Melchior, der sich 1600 in Wil SG eingebürgert hat. Die genealogischen Daten sind aber verwirrlich. Gewiss ist, dass aus dieser Familie talentierte und bekannte Glas-maler hervorgegangen sind. Eine Standesscheibe von Glarus 1673 befindet sich im Freulerpalast in Näfels. Der spätere Balthasar Gallati (1605-1675) war Stadt-fähnrich, Ratsherr, Jahrzeitpfleger und Armenkinderpfleger und ging in die Wiler Geschichte ein, weil auf seinem Gut das Kapuzinerkloster gebaut werden durfte.

Gallatis gibt es mittlerweile auf der ganzen Welt, ein Schicksal, das viel Glar-nerinnen und Glarner teilen, die aus wirtschaftlichen oder beruflichen Gründen ausgewandert sind.

 

Woher die Gallati herkommen, scheiden sich die Geister. Ein Gelehrter meinte, am häufigsten genannt werde ihr keltischer Ursprung. Kelten seien aus Nord-europa nach Süden gezogen und hätten Griechenland erreicht. Die dunkel-häutigen Griechen hätten die eindringenden hellhäutigen Barbaren „hoi galaktoi“, Milchgesichter, genannt. Daher komme die Erklärung für das erstbetonte a. Weil die Griechen den Akzent im Wort „Gàlaktoi“ auf das erste a setzten, liege die Betonung im Glarnerland ebenfalls auf dem ersten a und nicht auf dem zweiten, wie dies bei einem italienischen Namen der Fall wäre oder wie es Ausserkan-tonale aussprechen. Im Verlaufe der Jahrhunderte seien in Italien, Frankreich, Griechenland, Rumänien und Kleinasien zahllose keltische Siedlungen ent-standen. Man findet heute noch zahlreiche Städte und Dörfer, die „Galati“ heissen. In Istanbul gibt es den bekannten Fussball Club „Galatasaray“, ebenda eine Brücke  „Galata“.

 

Für Christenmenschen kommt es noch besser. Der Apostelgeschichte und in den Briefen des Apostels Paulus findet man die genannten „Galater“, die Nachfahren der Kelten, die von den Griechen „keltoi“ oder eben „galatoi“ (Gallier) genannt wurden.

 

Die Keltenwanderung hatte ihren Grund in der Bedrohung durch Alemannen, die in Nordeuropa eingewandert waren und südwärts bis zum Rhein vordrangen. Dadurch wurden die Kelten – so eine andere Geschichtsquelle – verdrängt; einerseits nach Südfrankreich und Spanien, andererseits auf die britischen Inseln, wo sich keltische Dialekte (gälisch, walisisch, irisch) bis heute erhalten haben. Die keltischen

 

Helveter im Gebiet der Schweiz gehörten also zu einem Volk, dessen Siedlungs-gebiet sich über ganz Westeuropa bis an die Alpen (von  Nordwesten) und an den Rhein (von Südwesten) erstreckte. Das Zentrum lag im heutigen Frankreich, das die Römer als Gallien bezeichneten.

 

Die Keltenwanderung soll schon um 800 vor Christus begonnen haben. 390 vor Christus überquerten sie die Alpen, stiessen drei Jahre später bis nach Rom vor, das sie plünderten und zerstörten. Andere Stämme überschritten die Pyrenäen Richtung Spanien. Um 275 v. Chr. erreichten keltische Stämme Griechenland und Kleinasien.

 

Antike Autoren verwendeten für die Einwanderer Namen wie „keltoi“, „celtae“, „galli“ und „galati“. „keltoi“ oder „galatai“ und auch die Prädikate  „die Tapferen, Edlen“. Anderseits waren sie für die Griechen „Wilde“, „grossgewachsene Krieger mit den gekalkten Haaren als angeberisch, aufbrausend, kriegerisch und ver-soffen“.

 

Im Gegensatz zu den Griechen und Römern waren für die Kelten auch Bäume oder Tiere heilig. Sie glaubten an die Unsterblichkeit der Seele, woraus sich Julius Cäsar den Kampfesmut ihrer Krieger erklärte. Keltische Druiden waren bei den Römern und Griechen hoch angesehen. Die jüngste Begegnung hatten Fussballfans vor einigen Wochen, als Basel das rumänische Team Otelui Galati besiegte. Ausgesprochen als "otselul galats" (ohne -i am Schluss)“.

 

Wussten Sie, dass – nach Ansicht von Namenforschen Fritz Zopfi - die bedeutenden Glarner Bäche keltische Namen tragen? Linth, Sernf, Löntsch. Daneben sind Gallati mit Fug und Recht keltisches Urgestein.

                                

Bis bald! Ihr Pankraz

 


Sonntag, 15. Septermber 2024

 

Bettagsmandat der Regierung 2024

(auf der Hompage Kanton Glarus aufgeschaltet am 15. Septermber 2024)

 

Mut, Ausdauer, Pioniergeist

Der Tödi ist nicht nur ein atemberaubender Blickfang in der Landschaft, sondern auch ein Mahnmal für die Herausforderungen, die es zu überwinden gilt – sei es in der Natur oder im Leben selbst 

 

Regierungsrat

In einer von Herausforderungen und Unsicherheiten geprägten Welt sind der Mut, die Ausdauer und der Pioniergeist unserer Vorfahren die Inspiration, um aktuellen Problemen zu begegnen.

 

Am 1. September 1824 bestiegen die beiden Bündner Jäger Placidus Curschel-las von Truns und Augustin Bisquolm von Disentis erstmals den mit 3612 Meter über Meer höchsten Punkt des Glarnerlandes, den Tödi. In diesem Jahr wird diesem Geburtstag der entsprechende Raum gewährt, um dieser Leistung den gebührenden Respekt zu erbringen. Der Tödi ist durch seine Form und seine Grösse für viele von uns ein magischer Blickfang. Ein Blickfang, der eine maje-statätische Wirkung entfaltet und die Verletzlichkeit und Winzigkeit von uns Men-schen offenbart. Trotzdem war es dem Mut, der Ausdauer und dem Pioniergeist geschuldet, dass man in ein bis dahin unbekanntes Gebiet vordrang.

 

Das Vorhaben zur Besteigung des Tödis gelang nicht beim ersten Versuch. Die ersten genauer bekannten Ersteigungsversuche stammen vom Ende des 18. Jahrhunderts von der Bündnerseite durch den Benediktinermönch und Alpenfor-scher Placidus a Spescha von Trun. Trotz wiederholter Anstrengungen gelang ihm selber aber die Besteigung des Tödi nicht.

 

Grosse Herausforderungen benötigen Mut. Die Vorhaben benötigen aber auch die nötige Ausdauer und eine Prise Pioniergeist, welche in der heutigen Zeit eher weniger denn mehr zu bemerken sind. Darüber hinaus wird ein gesundes Ver-hältnis, auch mit Niederlagen und äusserlichen Widrigkeiten umgehen zu können, vorausgesetzt.

 

Auch in der heutigen Zeit stehen wir vor herausfordernden Problemstellungen: Ob Klimaerwärmung, Fachkräftemangel, psychische Gesundheit, Vereinsamung – wir müssen zusammenstehen und gemeinsam nach tragkräftigen und breitab-gestützten Lösungen suchen und diese in der Folge gemeinsam umsetzen. Es kann sein, dass diese nicht im ersten Versuch gelingen mögen. In diesen Fällen gilt es, einen weiteren Versuch zu starten und im Scheitern kein Versagen zu se-hen, sondern den mutigen Pionieren den verdienten Respekt zu zollen.

 

Inspiration aus der Vergangenheit

Mut und Ausdauer zu haben sowie Rückschläge zu akzeptieren – das hat sich über Generationen hinweg bewährt und zeigt sich eindrücklich in den zahlreichen vergangenen Pionierleistungen, die zur Entwicklung im Glarnerland beigetragen haben. Allenthalben trifft man auf kleinere und grössere Wasserläufe, die für aller-lei Zwecke genutzt wurden: zur Bewässerung, zur Energiegewinnung und zur industriellen Fertigung. An den sie säumenden Gebäuden und Fabrikanlagen kann man gut ablesen, dass das Gebiet der Linth und seiner Zuflüsse schon sehr früh industriell geprägt wurde – zuerst von der Textilindustrie, später kamen dann weiter Zweige wie die Bau-, Maschinen- und Chemieindustrie dazu.

 

Immer wieder mussten sich die Menschen im Glarnerland den Entwicklungen an-passen, Lösungen suchen, grosse Notlagen überstehen: Hungersnöte, Brände, industrielle Umwälzungen, geopolitische Veränderungen. Etliche Glarner wollten oder mussten ihr Glück woanders suchen, zum Teil weit weg in Russland oder Amerika. Der mitgenommene Glaube und die damit verwobenen Werte aus der Heimat – wie Mut, Ausdauer und Pioniergeist – halfen ihnen, durchzuhalten. So zeigte sich dies in der Neugründung von New Glarus in den USA, das sich da-durch zur blühenden Bauerngemeinde entwickeln konnte.

 

Ein Meilenstein, der die Entwicklung der Industrie in unserem Kanton positiv be-einflusste, erwuchs ebenfalls aus gelebtem christlichen Glauben und den in ihm verwurzelten Werten. Das wegweisende Fabrikgesetz kam an der Landsge-meinde 1864 auf Initiative von vier mutigen Fabrikarbeitern aus Luchsingen zur Abstimmung und wurde mit Pioniergeist angenommen. Es brachte als wichtige Änderung die Begrenzung der Arbeitszeit auf zwölf Stunden mit sich. Grossen Anteil am Gesetz hatte Pfarrer Bernhard Becker, Linthal, der unermüdlich gegen die damals unmenschlichen Verhältnisse in der Textilindustrie kämpfte.

 

Inspiration aus unseren geistlichen Wurzeln

Die Herausforderungen mögen sich gewandelt haben, doch die Grundwerte der Pioniere wie Becker, Curschellas, Bisquolm bleiben gleich. Einer dieser Werte – nämlich Ausdauer – fehlt heute unserer Gesellschaft im Vorwärtskommen be-sonders oft. Wir wollen alles sofort haben – möglichst einfach und billig. Ausdauer hat mit Geduld zu tun; Auch Geduld fehlt uns oft. Alles muss schnell gehen; Ge-duld haben wir kaum. Den Mutigen gehört die Welt, aber wir schwimmen in der Masse mit.

 

Auch in der Bibel gibt es Menschen mit Pioniergeist – Pioniere. Einer davon ist sicher Mose. Er hat dem israelitischen Volk das Gesetz gebracht und es aus der Sklaverei in Ägypten in die Freiheit geführt. Bis heute wird in Israel diese Tat-sache als hohes Fest gefeiert.

 

Pioniere waren sicher auch die alttestamentlichen Propheten. Sie rüttelten das Volk auf, damit es nicht in Trägheit und Oberflächlichkeit versank. Weil sie den Menschen oft Unangenehmes zu sagen hatten, waren sie meist unbeliebt. Aber gerade so brachten sie das Volk weiter.

 

Ein Pionier war sicher auch Johannes der Täufer. Er brachte das Volk zur Um-kehr und bereitete den Weg für Jesus vor. Dabei musste er sich selbst zurück-nehmen – was er auch tat. Er liess Jesus den Vortritt.

 

Ein Pionier war sicher auch Jesus selbst. Er verkündete eine ungewöhnliche Botschaft, die bei den gewöhnlichen Leuten ankam, aber bei den Gesetzeshütern auf Widerstand stiess. Er brauchte wirklich Mut, seine Sache durchzuziehen. Aber es war seine Aufgabe, auch wenn es ihn schliesslich das Leben kostete.

 

Was er angestossen hatte, zog Kreise. Seine Apostel trugen es weiter in die gan-ze Welt hinaus bis zu uns. Die Pioniertat von Jesus hatte eine ungeheure Wir-kung bis heute.

 

Pioniere müssen sich oft selbst zurücknehmen, bescheiden sein.Pioniere brau-chen  ein inspirierendes Umfeld

 

Pioniere haben die Schweiz und den Kanton Glarus stärker und erfolgreicher gemacht. Ihr Kampf gegen die Natur und gesellschaftliche Ungerechtigkeiten liess uns zu einer wohlhabenden Gesellschaft heranwachsen. Wir sind zu selbst-bewussten Bürgerinnen und Bürgern geworden. Es gibt keine Grenzen mehr zwischen Wildnis und Zivilisation. Der Tödi ist bezwungen. Ungerechtigkeiten werden sofort bekämpft. Die grossen Errungenschaften sind vollbracht, die Welt entdeckt. Es ist dadurch eng geworden für die Pioniere und ihre Taten.

 

Wir hüten, wie es sich für gute Bürgerinnen und Bürger gehört, nun sorgsam un-seren Besitz. Dies nicht nur materiell, sondern auch ideell in Form von Positionen und persönlichen Haltungen. Cancel Culture und Identitätspolitik sind die aktu-ellen Auswüchse davon, die Gräben in unsere offene Gesellschaft reissen. Sie stören den unvoreingenommenen Austausch miteinander empfindlich. Das ist kein fruchtbares Klima für Pioniertaten. Solche benötigen ein Umfeld, das geprägt ist von Freiheit, Toleranz und Chancen. Es lässt sich heute nicht mehr einfach in unbesiedelte, grenzenlose Abenteuer versprechende Gebiete ausweichen.

 

Es ist daher die Aufgabe von uns Bürgerinnen und Bürgern, hier wieder Räume für Pioniere zu schaffen und zu bewahren. Grundvoraussetzung dazu ist eine nicht ideologisch geprägte Diskussionskultur, die vorgeschlagene Lösungen allei-ne am Wohl der Gemeinschaft misst, aber auch eine vorurteilslose pragmatische Förderung von guten Ideen. Die Pioniere, die unser Staatswesen politisch und wirtschaftlich auf den Gipfel führten, waren diesem Geist verpflichtet. Besinnen wir uns auf sie, ihren Mut sowie ihre Ausdauer und inspirieren wir auch unseren Mitmenschen mit diesen Tugenden!

 

Bettagsmandat

Seit der Gründung des Bundesstaates 1848 hat der Dank-, Buss- und Bettag eine besondere Bedeutung als Zeichen staatlicher und konfessioneller Einigung. Zu diesem Zweck veröffentlichten die Kantonsregierungen jeweils eine Botschaft an das Volk, das sogenannte Bettagsmandat. Damit bieten sie ihren Bewohnern einmal im Jahr einen Halt an, um sich über religiöse und kulturelle Grenzen hin-weg auf gemeinsame Werte und Orientierungspunkte zu besinnen und zu ver-ständigen. Das Bettagsmandat im Kanton Glarus verfasst der Regierungsrat zusammen mit zwei Vertretern der Landeskirchen.

 

Die Autoren

Sie nähern sich dem diesjährigen Thema – Mut, Ausdauer, Pioniergeist – aus unterschiedlichen Perspektiven an:

Regierungsrat Thomas Tschudi über «das Vorhaben zur Erstbesteigung des Tödis»;

Ratsschreiber Arpad Baranyi über «Pioniere, die ein inspirierendes Umfeld brauchen»;

Pfarrer der Römisch-Katholischen Kirche in Niederurnen Gebhard Jörger über «Inspiration aus unseren geistlichen Wurzeln»;

Pfarrer der Reformierten Kirche in Niederurnen René Hausheer-Kaufmann über «Inspiration aus der Vergangenheit».

 

 


Freitag, 13. September 2024

 

Eidg. Dank-, Buss- und Bettag

Bettagsritt in Einsiedeln (Quelle: Reitverein Einsieden)

Bettagsritt

In Einsiedeln findet immer an diesem Tag ein Bettagsritt statt, wo sich viele hun-dert Pferde mit Reitern und Wagen zum Klosterplatz begeben, um gesegnet zu werden. Der Umzug findet jeweils um 10.00 Uhr statt und führt durch das ganze Dorf.

 

Bettag 

(aus: Historisches Lexikon der Schweiz, Version 20.03.2012 verfasst von Victor Conzemius)

 

Die Buss- und Bettage des Christentums sind aus der Praxis des Judentums hervorgegangen.

 

In Notzeiten des Spätmittelalters tauchten Buss- und Dankfeiern als Gegenstand eidgenössischer Tagsatzungen auf. Die Tradition des "Grossen Gebets der Eid-genossen" ist erstmals 1517 schriftlich überliefert. Obrigkeiten reformierter Orte legten im 16. Jh. anlässlich von Pestzügen und Teuerungen wöchentliche oder monatliche. Buss- und Bettage fest (Basel 1541, Zürich 1571, Bern 1577), die später häufig mit Fastenübungen und Kollekten für Not leidende Glaubens-genossen (z.B. 1655 Waldenser) verbunden wurden.

 

Nachdem 1619 zum Dank über den Erfolg der Dordrechter Synode ein erster gemeinsamer Bettag der evangelischen. Orte stattgefunden hatte, beschloss die evangelische. Tagsatzung 1639 - während des Dreissigjährigen Kriegs, der die Busspraxis allgemein stark beeinflusst hat - aus Dankbarkeit für die bisherige Bewahrung die Einführung eines alljährlichen. Bettags.

 

1643 vereinbarten auch die katholischen. Stände, Andachten und Bettage anzu-ordnen.

 

Im Juli 1796 beschloss die gemeineidgenössische Tagsatzung auf Antrag Berns und angesichts der drohenden Revolution, den Bettag. am 8.9.1796 erstmals als allgemeine eidgenössische Festfeier durchzuführen.

 

Der Bettag. überdauerte Helvetik, Mediation und Restauration, wenn auch von Katholiken und Reformierten an verschiedenen. Tagen begangen.

 

In der Regeneration legte die Tagsatzung am 1.8.1832 auf Antrag des Aargaus den Bettag für alle Kantone auf den dritten Sonntag im September fest. Graubünden beharrte indessen bis 1848 auf dem zweiten Donnerstag im No-vember.

 

Die Anordnung des Eidg. Dank-, Buss- und Bettags blieb auch im Bundesstaat seit 1848 Sache der Kantone bzw. der reformierten kantonalen Ober-behörden und der katholischen. Bistümer.

 

Im Bundesrecht orientiert sich einzig das Geschäftsverkehrsgesetz bezüglich Beginn der Herbstsession am Bettag.

 

Zunächst erliessen die Kantonsregierungen Bettagsmandate, die aus religiöser Sicht auf die aktuellen geistigen, sittlichen, aber auch politischen, wirtschaftlichen und sozialen Themen eingingen. Als Zürcher Staatsschreiber verfasste z.B. Gottfried Keller 1863-72 solche Mandate.

 

Die Bischöfe beschlossen 1886 eine für die ganze kath. Schweiz verbindliche. Festordnung und publizierten zu diesem Anlass einen Hirtenbrief. Seit dem 2. Vatikan. Konzil wird der Eidg. Dank-, Buss- und Bettag. als ökumenischer. Fest-ag begangen.

 


Literatur
-R. Schaufelberger, Die Gesch. des Eidg. B.es mit besonderer Berücksichtigung der ref. Kirche Zürichs, 1920
-TRE 7, 492-496
-P. Ochsenbein, "Das grosse Gebet der Eidgenossen", 1989

 

Bettagsmandat der Glarner Regierung

Das jährlich erscheinende Bettagsmandat der Glarner Regierung erscheint erst nach dem Bettag.

Ich werde es dann aufschalten. Es wird verfasst vom Landammann, Ratsschrei-ber und zwei geistlichen Vertretern der Landeskirchen.

 

Eine historische Studie wert wäre der Vergleich der bisher erschienenen Bet-tagsmandate, weil sie jeweils ein Stimmungsbild der momentanen Zeit vermitteln.


Freitag, 12. Juli 2024

 

Candida 

Zahnpasta im Mund oder Pilz in der Blase?

 

MIGROS und SPITAL GLARUS lassen grüssen!

 

 

Oben: Candida-Zahnpasta, unten: Candida-Pilze

 

Entweder im Mund mit erfrischender Wirkung oder im Ranzen als langweilige Pilzkultur mit mühsamer Antitheraphie!

Solches, nämlich Letzteres erlebe ich gerade im Kantonspital Glarus und liege quietschvergnügt darnieder

 

Zu rühmen sind sowohl die MIGROS als auch das KANTONSSPITAL GLARUS,

zu verfluchen der Candida-Pilz.

Bereits ein Dutzend Tage bin ich Patient ohne Beschwerden unter hochkompe-tenter Aufsicht und Pflege und harre der ärztlichen Anweisungen und Massnah-men.

Ausgangspunkt war ein notfallmässiges Provisorium wegen Nierensteinen durch Einführen einer Kanüle durch den Urologen. Damit sind die Steine fürs erste stabilisiert und der Abfluss des Urins in die Blase ist gesichert. Sinniger-weise wurde noch ein Katheter angebracht, damit die "Kanalisation" gewähr-leistet ist.

 

Nach einer Woche lag ich flach und landete wieder auf der ausgezeichneten Notaufnahme im Spital Glarus. Ergebnis: die verabreichten Antibiotika waren wir-kungslos, ich sei dagegen resistent. Der findige litauische Arzt liess über das Labor feststellen, es handle sich um einen Pilz, man würde eine Kultur aufbauen, um den  Pilz zu ermitteln.

Nach drei Tagen meldete das Auswärtslabor mit entsprechenden Spezialisten, es handle sich um einen Candida-Pilz. Sofort wurde mit einer breiten Infusions-theraphie (Caspofunghin) begonnen. Mittlerweile untersuchte der "Pilzspezialist", ob der Einsatz einer gezielten Pille möglich sei.

Nein, nun wird eine weitere sechstägige Fortsetzung der "Breitband"-Fusion folgen und dann ist Ende der Fahnenstange. Dann ist Ende Spitalaufenthalt...

 

Sicher ist nur, dass der Candida-Pilz "eingewandert" ist. Ich unterstehe mich, auch nur die geringsten Verdächtigungen auszusprechen oder Schuld zuzu-weisen. Hingegen bilde ich natürlich mit Diabetes II (Alterszucker) ideale Be-dingungen für den Candidas. Der fühlt sich der Blase wohl, wie Wasserratten im Sommer im Schwimmbad Netstal.

 

Man wird nun weiter sehen. Der MIGROS würde ich einen Namenswechsel empfehlen. Immerhin, lieber Candida im Mund als im Ranzen.

 

Aktuell neueste Meldung: 17 Uhr 15 taucht die Ärztin mit Neuigkeiten auf.

Ab Morgen Samstag 10 Uhr bin ich unter der Auflage entlassen, dass ich täglich bis zum Ablauf der Sechstagefrist um 10 Uhr in der Notaufnahme die genannte Therapieinfusion erhalte und dann wieder nach Hause entlassen bin.

 

Ist das ein Wort?


Montag, 17. Juni 2024

 

Ortsname NÄFELS

Bisherige Deutungen

 

Eine ältere Deutung (Heer 1846: 262) will den Namen Näfels durch latei-nisch navālia «Schiffswerft» erklären. Diese Deutung wird von Aebischer (1949: 348) wieder aufgenommen, obwohl sie weder lautlich noch sachlich befriedigt. Auf die archäologische Frage, wo sich bei Näfels eine Schiffswerft befunden ha-ben soll, wird nicht eingegangen.

 

Die meisten anderen Autoren postulieren als Ausgangspunkt ein lateinisches Gattungswort nŏvāle «Brachfeld, Feld, welches nur jedes zweite Jahr bepflanzt wird, neu für die Kultur gewonnenes Land, Rodung» oder eine entsprechende romanische Pluralform *novaliās (Gatschet 1867a: 3; Zopfi 1941: 33; Hub-schmied 1952: 358; Nyffenegger 1968: 19s; Sonderegger 1976: 171). Schmid (1980: 125) bezweifelt indessen die Existenz einer sekundären Femininbildung *novaliās aus einem ebenfalls hypothetischen romanischen Neutrum Plural *novalia; er geht vom belegten lateinischen Feminin Plural nŏvāles aus, welcher sich über novālis, *navālis mit Erstsilbenbetonung zu *návalis, *náfalis, mit Ab-schwächung der Mittelsilbe zu *náfelis und mit Sekundärumlaut zu *näfelis und mit i-Schwund zu Näfels entwickelte (cf. Walch 1996: 163).

Deutung:

 

Näfels geht zurück auf lateinisch nŏvāles «Brachfelder, Felder, die nur jedes zweite Jahr bepflanzt werden, Rodungsland». Dieses lateinische Wort ist von den Alemannen als Lehnwort übernommen worden (cf. → Noflen BE) und ist als Flurname in der ganzen Schweiz weit verbreitet. gs

 

Quellen

 

1240 : Fridericus et Ulricus fratres de Nevels GLUB I, 35: Blumer, Johann Jakob/-

           Heer, Gottfried (1865-1915), Urkundensammlung zur Geschichte des

           Kantons Glarus. 3 vol., Glarus: Schmid 

 

1258 : Licet Fridericus dictus de Nefels ZHUB III, 125: Escher, Jacob/Schweizer,

           Paul et al. (1888-1957), Urkundenbuch der Stadt und Landschaft Zürich.

           13 vol., Zürich: Höhr, [dann:] Fäsi & Beer; [später:] Kommissionsverlag

            Beer 

 

1351   [Kop.] :die burg Nävels GLUB II, 3: Blumer, Johann Jakob/Heer, Gottfried

           (1865-1915), Urkundensammlung zur Geschichte des Kantons Glarus. 3

           vol., Glarus: Schmid 

 

1388 : gan Näffels jnn vnser land GLUB I, 332: Blumer, Johann Jakob/Heer,

           Gottfried (1865-1915), Urkundensammlung zur Geschichte des Kantons

           Glarus. 3 vol., Glarus: Schmid 

 

1388 : die letzi ze Nefels GLUB I, 333: Blumer, Johann Jakob/Heer, Gottfried

           (1865-1915), Urkundensammlung zur Geschichte des Kantons Glarus. 3

           vol., Glarus: Schmid 

 

1389 : gan Naeffels zuo gan GLUB I, 348: Blumer, Johann Jakob/Heer, Gottfried

           (1865-1915), Urkundensammlung zur Geschichte des Kantons Glarus. 3

           vol., Glarus: Schmid 

 

aus: ww.ortsnamen.ch


Mittwoch, 12. Juni 2024

Pressebild Archiv Sepp Ochsner


Vor 40 Jahren

 

Papstbesuch in Einsiedeln

Donnerstag 15./ Freitag 16. Juni 1984

 

von Sepp Ochsner

 

An diesen Besuch habe ich meine ganz eigenen Erinnerungen. Was mir gerade spontan einfällt, diene bestenfalls ein wenig zur Unterhaltung.

 

Der Papst war bekanntlich 1981 das Opfer eines Anschlags (Täter: Der Türke Ali Agca) geworden. Vom Sicherheitsdienst her musste der Pontifex als hohes Risi-ko eingestuft werden. Dementsprechend wurden schon früh Organigramme, Risi-koanalysen usw. gemacht. 

 

Im Haus „Raben“ in Einsiedeln wurde die Einsatz- und Leitzentrale für diesen Einsatz eingerichtet. Da ich zu dieser Zeit auf der Einsatzzentrale in Schwyz Dienst leistete, wurde ich – nebst drei weiteren Kollegen – für den Einsatz in Ein-siedeln abkommandiert. Dies, weil ich mich bei Land und Leuten sehr gut auskannte. 

 

Für die Tage in Einsiedeln war das halbe Polizeikorps abkommandiert. Unterkunft und Verpflegung befanden sich im unterirdischen Militärspital beim „Helgen-stöckli“, an der Strasse Einsiedeln – Birchli – Ybrig.

 

„Papst Chrüzig“. Das hat natürlich nichts mit einer Kreuzigung zu tun. Viel eher mit einer kostspieligen, weil unnötigen Investition der SOB (Schweizerische Süd-ostbahn). Weil da abertausend Gläubige in Einsiedeln erwartet wurden, wollte man die Fahrzeit zwischen Biberbrugg und Einsiedeln (theoretisch) halbieren. Also wurde Jahre vor dem Papstbesuch auf halber Strecke zwischen „Neuberg-säge“ und „Rabennest“ eine Doppelspur von ca. 300 m Länge gebaut.  Die Fahr-zeit zwischen Einsiedeln – Biberbrugg beträgt ca. 7 Minuten. Auf besagter Kreu-zung (Weiche) musste jeweils eine Komposition den entgegenkommenden Zug abwarten. Zeitersparnis – wenn überhaupt – sehr minim. Immerhin, der gute Wille sei den damals Verantwortlichen attestiert. Beim Papstbesuch waren dann die üblichen Car- und Autoparkplätze übervoll. Vornehmlich mit Besuchern aus dem süddeutschen Raum. 

 

Der Papst traf mit dem „Super Puma“ der HELOG in Einsiedeln ein. Er landete auf der Matte beim Friedhof Einsiedeln. Dort wurde er von den Behörden be-grüsst. In gebührendem Abstand, so wurde mir erzählt,  war auch unser damali-ger Kommandant Ernst Kaelin. Stunden später erschien er bei mir auf der Zent-rale und erzählte vom Empfang. Unter anderem: Der Papst sei auf ihn zuge-kommen, habe ihm die Hand gereicht mit der Bemerkung: „Ich bin müde, Herr Polizeikommandant!“  Ob es so war, weiss ich nicht. In Einsiedeln wird der Glaube gelebt.

 

Als im Kloster, Unterkunft des Papstes, Lichterlöschen und Alarmstufe eins vorbei war, schickten auch wir uns an, den labilen Feierabend zu geniessen. Gegen Mit-

ternacht musste das Papamobil noch sicher garagiert werden. 

 

Als Fahrer stellte sich Kamerad Heinz Weber zur Verfügung. Mit dem leeren Mobil wollten wir aber nicht durch die Hauptstraße fahren. Also nahm die  hüb-sche Wirtstochter Frau V.S. (nach gutem Zureden) den päpstlichen Platz ein. Wie heisst es jeweils bei solchen Meldungen: Name der Redaktion bekannt.  Eine bis heute herzige Erinnerung! Es war absolut keine spöttische Aktion. Aber die er-staunten Spätheimkehrer winkten nicht minder begeistert!

 

Anderntags war Besuch des Papstes im Spital Einsiedeln angesagt. Zufällig er-hielt dort die Wöchnerin Trudy Cefola mit ihrem Säugling den päpstlichen Segen.  Ihr Mann, Vito Cefola, kam wenige Jahre zuvor als italienischer Gastarbeiter nach Einsiedeln. Innert kurzer Zeit hatte er sich bei uns eingelebt und die Sprache, sogar den Einsiedler-Dialekt verinnerlicht. Er war schon bald in einigen Vereinen aktives und gerne gesehenes Mitglied.

 

Bei diesem Papstbesuch hatten die Einsiedler rund 15000 Besucher erwartet. Erschienen sind schätzungsweise aber nur 6000. Das hatte verschiedene Kon-sequenzen. Eine betraf die „Wurstbrater“  um den umtriebigen Walter Oberholzer, Wirt vom Restaurant Drusberg. Was mit den vielen überzähligen Würsten ma-chen? Vakumieren war damals noch nicht bekannt. Als Sportfan  hatte Oberhol-zer eine Idee. Tags darauf, am 17. Juni war im Rahmen der Tour de Suisse das Bergzeitfahren Bürglen – Klausenpass angesagt. Also nichts wie los mit dem Anliegen ins Urnerland. Und tatsächlich, die Urner erklärten sich bereit, die päpstlichen Wurstwaren freundeidgenössisch an den Mann/Frau zu bringen. Sieger auf dem Klausen war übrigens ein gewisser Beat Breu. Ob er auch in den Genuss einer so geschichtsträchtigen, weil gut katholischen Wurst kam, weiss ich leider nicht.

 

Auf dem Bild der Kapo Schwyz sehe ich einige Kameraden, die als Perso-nenschützer zu erkennen sind. Als Beifahrer im rechtsgesteuerten Range Rover übrigens der bereits verstorbene Wm +Richard Kuhn.  Er war auch einer der Per-sonenschützer von Queen Elisabeth bei ihrem Besuch in Brunnen/Rütli, damals, am 2. Mai 1980. Sie nannte er folglich bei einschlägigen Anekdoten: „s Lise-bethli“.  Und wie war‘s beim Papst? Ich habe nie gehört, dass er diesen „Johän-neli“ nannte. 

 

Liebi Grüess und bliibed gsund

Sepp

 

 

Bild: Kapo Schwyz, Papstbesuch in Einsiedeln

Ein Nachtrag:

 

Auch ich erinnere mich lebhaft an den Papstbesuch in Einsiedeln. Zwar war ich beruflich bereits wieder in meiner Urheimat Glarnerland tätig, war aber noch in Einsiedeln wohnhaft.  Auf dem Heimweg befürchtete ich verstopfte Strassen und Stau oder mindestens Kolonnenfahren. Grosses Erstaunen; denn dies war in keiner Weise eingetroffen. Ich hatte freie Bahn von Biberbrugg nach Einsiedeln. Allerdings ist mir die Fahrt des Papamobils vom Klosterhof bis zurm Spital in präziser Erinnerung (siehe obiges BIld). Ich sah aus zwei Metern Entfernung das Papamobil aus dem Hoftor herauskommen und die gepflästerte abfallende Strasse, südseits vorbei an den Ständen (Torbogenartige Kioske auf dem Klo-sterplatz) zum Hotel "Sonne" und die Hauptstrasse hinunter. Ebendort war ein begeisterter, aber behinderter Jüngling, der gegen das Papamobil einen Schoggi-stengel schmiss, der aber vom fensterartigen Plastikgehäuse abprallte und zu Boden fiel.

 

Ich fuhr dann flugs durch die Schwanenstrasse, ungefähr parallel der Haupt-strasse, den Korso umgehend und überholend, zum Spital. Dort wartete der Superpuma-Heli auf den Papst. Wieder ganz aus der Nähe konnte ich das Herannahen des Papamobils beobachten. Der Papst wechselte dann vom Papamobil in den Helikopter und winkte segnend nach allen Seiten. Ein Atten-täter hätte dort trotz aufmerksamem Einsatz durch die Polizei eine Chance gehabt; denn während des Umstiegmomentes war der Heilige Vater für Mo-mente ungeschützt.

 

Im Nachhinein habe ich erfahren, Agnell Rickenmann, ein Stiftsschüler aus mei-ner Klasse, habe dem Papst das Köfferchen durch die Klostergänge zu dessen Übernachtungszimmer tragen dürfen. Agnell wurde später selber Priester und brachte es bis zum Sekretär der Schweizerischen Bischofskonferenz und zum Regens und Domherr.

Dr. Agnell Rickenmann ist seit 2017 Regens im Priesterseminar St. Beat Luzern, ist Domherr des Bistums Basel. Er wird sich aber im Herbst 2024 "einem kontempativ ausgerichteten Leben" widmen und in die im Gebirge gelegene Kaplanei auf dem Wiesenberg (Dallenwil NW) im Engelbergertal zurückziehen."

 

BIld:

https://www.bing.com/images/search?view=detailV2&ccid=0T910gGK&id=1D8CF0AE334991630DF834B9A8544D16F58E7A0A&thid=OIP.0T910gGKpeF0gJp8-DNLfQHaDL&mediaurl=https://www.kath.ch/wp-content/uploads/sites/2/2023/01/Portrait-Agnell-Rickenmann_int.jpg&q=agnell%20Rickenmann&ck=6A1F8656A20BC92E5BDB37C79782EB60&idpp=rc&idpview=singleimage&form=rc2idp

 

Der Papstbesuch musste wegen des Attentats 1981 auf 1984 verschoben wer-den. Ich frotzelte damals in den internen Schulinformationen "abäck", Einsiedeln sei nicht würdig vom Papst besucht zu werden, schrieb aber ironisch, die Ein-siedler Behörden hätten 200 Frauen angeheuert, die als Klo-Frauen beim Bahn-hof Einsiedeln in fünf Sprachen jeweils an die Klotüre klopfen und rufen sollten:  "Drei Minuten sind vorbei, wollen Sie das Klo für den nächsten Pilger oder die nächste Pilgerin freimachen." Da sogar von einem Ansturm von 60000 Be-sucherinnen und  Besuchern die Rede war, habe der Bezirksrat beschlossen, sämtliche Eingänge der Restaurants und Wirtschaften nur noch mit "Einbahn-verkehr" gestalten zu lassen, so dass der Eingang nur mit Flügeltüre nach innen zu passieren und auf der anderen Seite auch der Ausgang nur nach aussen zu öffnen sei. Zudem würde die ganze Haupstrasse klosterwärts mit elastischen Gummibändern versehen, an denen Pilgerwürste à discretion hingen und der Turnverein würde aufgeboten wie am Fasnachtsmontag mit Mummerien und Juheen das "Brootuusrüärä" zu gewährleisten. Ausserdem würde den ermüdeten Papstpilgern auf dem Freiherrenberg (hinter dem Kloster)  5000 Liegestühle zum Ausruhen angeboten werden für 10 Franken die Viertelstunde.

 

In Erinnerung geblieben ist mit eine Fotoaufname, die den Papst und P. Remigius Lacher, mütterlicherseits ein Näfelser, abbildete. Beide hatten ähnliche Köpfe, als ob sie Brüder wären, und "Remigi" war sehr stolz darauf wie zum Verwechseln, dem Papst ähnlich ausgesehen zu haben.

 

Dass die vielen überzähligen Bratwürste nach Tiefkühlaufbewahrung später auf dem Klausenpass zum Verkauf angeboten wurden, ist ein Kompliment an den Einfallsreichtum und die Geschäftstüchtigkeit der Einsiedler Händler.

 

Ein etwas frivoler Witz sagt ja, der Unterschied zwischen der Via dolorosa in Jerusalem und der Hauptstrasse von Einsiedeln sei: Z Äinsidlä het's uff beednä Siitä 'Judä.'."


Mittwoch, 5. Juni 2024

 

Fridolin grüsst wieder von der Fridolinsbrücke

Seit dem 22. September 1979 ist die 244 Meter lange Fridolinsbrücke von Stein AG nach Bad Säckingen im Betrieb. Rund 15'000 Fahrzeuge passieren diese Verbindung über den Rhein. Die Neukonzeption soll für die nächsten sechzig Jahre ausreichen, verbessert wird die Passage für Velofahrer und eine Fussgän-gerunterführung auf der Steiner-Seite. Gesamtkosten von rund 10,9 Mio Franken soll das Vorhaben kosten, das von Deutschland und dem Kanton Aargau und ein Anteil von der Gemeinde Stein AG getragen werden.

Die Bauzeit ab 27. Juni 2022 musste um rund ein halbes Jahr verlängert werden und fanden mit der Wiederanbringung der grossen Fridolinsstatue in der Mitte der Bücke am 3. Juni 2024 einen Abschluss.

Präsentation der aufgehübschten Fridolinsskulptur auf ihrem alten Platz auf der Fridolinsbrücke. Vlnr: Erhard Wyss, Kanton-Aaargauischer Projektleiter, Gemein-deammann Beat Käser, Martin Bühler, Verkehrsdepartement Aargau und Bürger-meister Alexander Guhl. (Bild: Badische Zeitung)

Der Schöpfer der Fridolinstatue, Rolf, Brem, Luzern. * 12. 2. 1926 - † 11. 4 2014

  

Rolf Brem besuchte in Luzern 1945-48 die Kunstgewerbeschule und arbeitete danach neun Jahre mit seinem wichtigsten Lehrer, Karl Geiser, in Zürich. Nach Studienaufenthalten in Paris (Académie Julien, Académie de la Grande Chau-mière), London und Florenz wirkte er in Rom als Mitglied des Istituto Svizzero di Roma. Seit 1957 arbeitete er in eigenen Ateliers in Meggen, Luzern und im Tes-sin als konsequent figurativer Bildhauer, der seine Ideen und Modelle aus dem Alltag herausgreift und in ihrer Lebensnähe und Natürlichkeit darstellt. 1977 er-hielt er den Kunstpreis der Stadt Luzern, 1992 präsentierte Harald Szeemann 136 seiner Portraitköpfe an der Weltausstellung in Sevilla. 2011 wurde Rolf Brem das Ehrenbürgerrecht der Gemeinde Meggen verliehen.

 

Die Firma Ruetschi AG Aarau stellte mir freundlicherweise folgende Bilderserie zur Vefügung:

Der "neue" Fridolin zurück auf der Fridolinsbrücke

(Foto: Prof. Dr. phil.I Beat Näf)


Montag, 13. Mai 2024

Die erste "Obersee Wirthschaft" (vor der Jahrhundertwende ca. 1894)

Obersee-Postkarte aus dem Jahr 1903

Von der „Wirthschaft zum Obersee“ zum „Berghotel Obersee“
Kleine Obersee-Chronik 


Wer ins Oberseetal eindringt, hat zwei Klippen zu überwinden: zwei Restaurants!
Das „Berggasthaus Aeschen“ (Ganzjahresbetrieb) und das „Berghaus Obersee“.

Könnten sie beide reden, sie wüssten Bände zu erzählen aus der Zeit des Alpen-Enthusiamus und von jener Alpenromantik, die wir heute kaum mehr verstehen. Vielleicht wären sie am besten mit dem Begriff „Alpenseligkeit“ zu umschreiben.

 

Die beiden „Voralpen-Schenken“ erfüllten stets wichtige Dienstleistungs-funktionen (Rettungskolonne, Samariterposten, Telefon...), beherbergten Gäste und sind heute noch Stätten der Begegnung und der Gemütlichkeit.

 

„Dr ghülpet Bott“ greift in diesem Jahr den „Obersee“ heraus. (Übers Jahr soll dann über das „Aeschen“ berichtet werden. Eine Tonbandaufnahme mit dem unvergessenen Alpenjäger und Wirt Bärti Fischli ist gesichert.)

 

Das „Archivmaterial“, das mehr zufällig, aber hochwillkommen, auf den gezimmerten Redaktionstisch geflattert ist, gibt Anhaltspunkte, aber kein abgeschlossenes Bild. 

 

I. Die „Wirthschaft zum Obersee“ oder „Die Restauration

Landolt, Obersee“

 

Albert Müller, Geschichtskenner vom Platze und Präsident FGN (Freunde der Geschichte von Näfels) schreibt in seiner Zeitungsfolge „Ältere und neuere Wirt-schaften und Gasthöfe von Näfels“: „Erst 1893 am 11.6. bewilligte die Gemeinde dem Wirt „zum Felsenkeller“ den Bau einer Wirtschaft „zum Obersee“.“

Ein Gruppenbild und andere Erinnerungsfotos der Familie Landolt (Walhalla) lassen im Hintergrund das erste, einfache barackenähnliche Gebäude erkennen. Es stand oberhalb des Weges auf einem Mäuerchen von bloss aufgeschichteten Steinen und dürfte im Grundriss nicht gross vom noch bestehenden Gebäude entsprochen haben. Die Fronten waren mit vertikal angebrachten Brettern und Decklatten verschlagen. Obenauf ist ein verlötetes Blechdach zu erkennen. 

 

Zwei nicht zu übersehende Anschrift-Tafeln zeigten den Zweck dieses Hauses an.  An der talauswärts gerichteten Front – zuerst von den Ankömmlingen zu er-blicken – stand: „Wirthschaft Obersee“. Über dem Eingang – vom Weg her, See-seite – hing die Tafel: „Restauration Landolt Obersee“, wobei das R (von Restau-ration) ungemein gekonnt, gross und verschnörkelt hervorstach. Zum Anbinden der Pferde war eine Art Lattenzaun entlang des Weges vor der Schenke. Im Hin-tergrund, bereits unter Tannen, waren Pfähle eingerammt und darauf Tische und Sitzbänke genagelt für den „Freiluft-Betribe“.

 

Die eigentliche Attraktion des Hauses und dieses Tales war die unvergessene Wirtin J o s e f i n e  L a n d o l t (ds Josefii). Sie wurde wegen ihrer standhaften Verteidigung ihres ledigen Standes gegenüber allen Freiern auch “Fräulein Im-mergrün” genannt. Diese liebevolle und neckische Bezeichnung wurde ihr zu Recht zugeschrieben; denn sie war bis in hohe Alter ein Muster an Emsigkeit, Fleiss und Aufmerksamkeit. Die überall präsente Wirtin war weit über die Kan-tonsgrenzen hinaus bekannt. Sie wusste als gute Menschenkennerin, jedem Gast mit dem richtigen Zuspruch aufzuwarten und strahlte ein gewisses Etwas an Originalität und Einmaligkeit aus. Das Geheimnis ihres Erfolges ist schwer zu er-gründen. Es steht nur fest: Jedermann brachte ihr Sympathie entgegen.

 

Sprach sie mit Gästen, spielte sie mit ihren Fingern meist am Kreuzlein, das an einem samtenen Halsband hing. Im vorgerückten Alter sprossen munter ein paar Barthaare um ihre Kinn. „Josefii“ war zeitweilig berühmter und beliebter als man-cher populäre Mann im Glarnerland!

 

Die „Wirthschaft“ war ein Zweigbetrieb des „Felsenkellers“ (wie die frühere „Linde“ und ab 1897 die „Walhalla“ hiess.) Der Besitzer und Gründer des Obersee-Restaurants war Bierbrauer Franz Josef Landolt (*1847 +1909). Er erwirkte nach anfänglichen Widerständen um 1893 die Bewilligung für den Bau des ersten „Obersee“. Franz Josef Landolt war verheiratet mit Josefina Martha Hauser. Dieser Ehe entsprossen fünf Kinder.

 

Das erste und vierte starben schon im Kindesalter. Der jüngste Sohn Emil (1883-1910) verstarb in Boston als Chef de cuisine.

 

Im väterlichen Hause wuchsen auf: Josefina (*1874) und Josef (*1877). Während Josefina im Zweigbetrieb Obersee wirkte, war Josef der spätere Walhalla-Wirt.  Nach dem Tode des Vaters erbte Josefina den „Obersee“, Josef die „Walhalla“ (22.9.1909).

 

II. Entwicklung und Erweiterung des „Obersee“

 

Den entscheidenden Aufschwung erhält der „Obersee“ mit dem Bau der Ober-seetalstrasse (1914-18).

1914 wird das erste Gebäude zweistöckig aufgebaut. Nach Beendigung des Strassenbaus wird 1919 – schräg vis-à-vis zur Wirtschaft, unterhalb der neuen Strasse das „Dependance“ erstellt. (Standort des heutigen Berghauses) 

 

1940 erhält die Obersee-Wirtschaft elektrischen Anschluss (Ich erinnere mich genau der Petrolleuchter-Hängelampen, in denen elektrische Birnen brannten.).

 

Sieben Jahre später – 100 Jahre nach der Geburt des Obersee-Gründers – übrnimmt Josef Landolt-Müller, Neffe von Josefina, den „Obersee“. Josefine ist mittlerweile 73-jährig geworden und will nicht mehr alle Modernitäten mitmachen.

 

III. Berghaus Obersee

 

Der „Zweigbetrieb“ und der „Talbetrieb“ sind nun wieder unter gleicher Besitzer-schaft. Josef Landolt baut an Stelle des „Dependance“ das heutige „Berghaus Obersee“. Ein währschaft gemauertes Haus ersetzt die vorherigen Holzbauten. Die von Koni Fischli gestaltete Nordost-Front ist signiert und trägt die Jahrzahl 58.

 

Drei Jahre später – am 5. Mai 1962 stirbt Josefina zwei Tage nach dem erfüllten 88. Lebensjahr. Sie folgt ihrem Bruder Josef, der schon am 21. März 1954 verstorben war.

 

Da auch der Talbetrieb expandiert, übernehmen zeitweise die Nachkommen von Josef Landolt-Müller den „Obersee“. In den letzten Jahren wird das Restaurant verpachtet an die Familie Peter Baschnonga. 1979 geht das „Berghaus Obersee“ käuflich über an den Gemeindepräsidenten Alfons Hophan, der durch Profile bereits anzeigt, dass eine weitere Entwicklungsstufe bevorsteht.

 

Übrigens bleibt das Haus „fast“ in der Familie; denn der Urgrossvater des Ver-käufers war in zweiter von drei Ehen verheiratet mit Maria Anna Katharina Hophan, des Frid. Jos. und der Barbara Landolt!

 

aus: Dr ghülpet Bott, Sulzbodä-Ziitig 1979, 5. Haargang, 1. August 1979 Seite7ff.

 

 

„Zum nüüä-n-Obersee!

 

Etz logädudaazuü! Dr Obersee!

Deer sötteder wäidli ämaal gu gseeh!

Ä mäinäidi schüüni, bimäid isch wahr!

Vrtäfälet herrli – und guäti Waar!

 

Mä gkännt-si drininnä schiär nümmä-n-uus,

will alles we nüü isch im Bäärggaschthuus.

 

Viil heller, viil schüüner, viil gröösser au,

und nüü renowiärt tunggt äim z Wiirtä Frau!

Und d Terassä bräiter – mä gseeht dr See,

das isch öppis Täfels, was witt nuch meh?!

 

Für Hoochzet, für Sitzigä, für-n-ä Jass

zum Fiiraabed gschnäll oder sust zum Gschpass

mit Muäter und Vatter und mit dä Chind,

und vilecht ä mitämä Bsuäch nuch gschwind.

‚’s chaa sii, was gad sig, öb äs Liichämaahl

ä Siigerverchündig, ä Lantraatswaahl,

ä Tauffätä oder sust ä Hau

zum Hochsigstaag mit-dr und uhni Frau

ä S...kurs oder ä bäumigs Fäscht!

Im Huus näbädraa hett’s nuch Massä Näscht

chaasch machä, was d witt, i dem Obersee

da chaasch-es nuch besser, iätz eh nuch meh!

 

 

 

Mi 23. Juli 1980 Hüttenbucheintrag

 

Mittlerweile sind über 40 Jahre ins Land gezogen.

Die weiteren Ereignisse, Wirtsleute und Wechsel fehlen hier.

Obersee vor den dreissiger Jahren

Obersee Wirtschaft zweistöckig (1930)


Mittwoch 8. Mai 2024

 

Trouvaille

 

Die Rache des Künstlers

von

Josef Müller-Landolt, alt Landammann

 

Der berühmte Kunstmaler stand sinnend auf dem hohen Gerüst, das in dem weitgespannten Kirchenschiff aufgestellt worden war, bis zu dem hohen Gewölbe reichte und das begonnene Kunstwerk den Blicken Neugieriger von unten ent-zog.

 

Da war – es mochte das starke Erdbeben vom Frühling die Ursache gewesen sein – am Samstag vor Pfingsten  - ein Teil der Kirchendecke, und zwar gerade aus dem Deckengemälde, das ein Künstler ein Jahrhundert vorher geschaffen hatte, in die Tiefe gefallen. Zum Glück war an jenem Nachmittag die Kirche men-schenleer und somit keine Opfer zu beklagen gewesen.

 

Dieses Bild wieder in seiner ursprünglichen Schönheit herzustellen, hatte Abe-rello vom Kirchenrat den ehrenvollen Auftrag erhalten. Es war die Auferstehung Jesu, die er darstellen sollte. Das nahm nun seine ganze Phantasie und seine ganzen künstlerischen Kräfte in Anspruch. Schon breitete sich am Gewölbe eine wundervolle Osterlandschaft aus, schon war Jesus im Strahlenglanz des frühen Tages dem dunklen Grab entstiegen und grüsste mit lichter Hand seine Mutter Maria und seine Jünger, die erbebend und staunend das grösste Wunder der Welt sich vor ihren Augen vollziehen sahen. 

 

Es fehlten noch die letzten Pinselstriche am Haupte des Lieblingsjüngers des Herrn, den er sich mit rötlichschimmerndem Haar umgeben erdacht hatte. Aber den Ausdruck der unendlichen Demut und Hingebung in seinem Antlitz darzu-stellen, wollte ihm immer noch nicht gelingen. Skizze um Skizze hatte er bei Seite gelegt, keine hatte ihn befriedigt. Da stand er wieder und meditierte.

 

Da waren auch noch die höllischen Geister dazustellen, die vom Lichtglanz des auferstandenen Heilands davon und in die Hölle stoben. Das war wohl leichter zu machen. Immerhin hatte er auch hier seine Schwierigkeiten. Wo wollte er das Gesicht des Fürsten der Unterwelt finden?

 

Wie er so, die Arme über der Brust gekreuzt, sinnierte, dann wieder die Skizzen vom Balken nahm, sie betrachtete und wieder hinlegte, das Gesicht des heiligen Johannes in sich aufleben liess – er kam zu keinem Entschluss. Da stand plötz-lich wie aus dem Schiff der Kirche emporgeweht – der Mann neben ihm, den der löbliche Rat dazu beordert hatte, ihm zu Gebote zu stehen, falls ihm irgend etwas, sei es an Materialien oder Hilfspersonal fehlen sollte. Zwischen dem Künstler und dem Abgesandten des Rates aber hatte sich kein günstiges Ver-hältnis entwickelt. Er war Aberello seines Herumschnüffelns wegen höchst zuwi-der, ja geradezu verhasst geworden. Mindestens dreimal im Tag kletterte der Kir-chenrat Wohlwend in übereifriger Überwachung des Kunstwerkes die schwan-kende  Leiter zur Plattform empor, auf der der Maler inmitten von Töpfen mit Far-ben in tausend Tönen, umgeben von Kübeln mit Kalk, Wasser, Leim und Pinseln stand. Das allein schon ärgerte ihn ungemein, weil man seine Überlegungen stör-te, und heute, wo er das immer vorüberhaschende innere Bild des heiligen Jo-hannes erfassen und ins Gemälde einfügen wollte, war ihm das Erscheinen Wohlwends doppelt unangenehm. Dazu kam noch, dass ihn dieser wie einen gewöhnlichen Anstreicher beständig zur Eile antrieb. «Bald ist wieder Pfingsten, da muss das Bild fertig sein.»

 

Als nun aber der Abgesandte des Rats an den Köpfen der Apostel Andreas und Petrus herumzunörgeln begann und mit dem Finger auf seiner Meinung nach all-zu leichte Bekleidung der im Himmelsraum froh umherschwärmenden Engelein hinwies, da kochte die verhaltene Wut des erbosten Jüngers Michelangelos über:

 

«Was nehmen Sie sich heraus, Sie Tölpel? Sie verstehen ja von der Kunst einen Pfifferling».

 

«Ich frage,» unterbrach dieser den Wutausbruch des Künstlers  - «wer bezahlt Sie, mein Herr? Doch wir, die Obrigkeit. Also,» betonte er nachdrücklich «haben wir ein Recht, zu wissen, was da in der Kirche geschafft wird. Und ich, der Beauftragte muss sehen, dass nicht etwa ein Ärgernis an die Decke gemalt wird»  Und dabei wies er noch auf das zarte leichte Brusttuch der Maria Mag-dalena.

 

«Was sagen Sie da, Ärgernis? Sind etwa die unschuldigen Engelein, wie ich sie gemalt habe ein Ärgernis?» fuhr Aberello, weiss vor Zorn auf. Er fühlte sich in seiner Künstlerehre zutiefst getroffen, hatte er doch gerade da in den Osterjubel der Engel, die den auferstandenen Heiland singend begrüssten, seine ganze fro-he Stimmung, Seelenstimmung hineingegossen.

 

«Nun kommt der Tölpel und redet von Ärgernis, weil ich sie dargestellt habe, wie sie der liebe Gott erschaffen hat? Jetzt ist genug.»

 

In der Glut seines südlichen Temperaments warf er den Pinsel, den er gerade in der Hand gehalten hatte, weit von sich, sodass dieser durch eine Spalte des Ge-rüstes ins Kirchenschiff hinunterfiel und die Kirchenbänke weitherum  mit Farbe bespritzte.

 

«Jetzt aber verschwinden Sie!»

 

Wutschnaubend stand er Aug in Aug gegenüber dem Kritikaster, der es nun gera-tener fühlte, das Feld zu räumen und die Leiter zum Abstieg zu gewinnen, nicht ohne dem Maler zuzurufen, dass er dem Rate den unguten Zwischenfall berich-ten werde.

 

Unten traf er den Dorfpfarrer, der im Friedhof, das Brevier betend, umher gewan-delt und jetzt, auf den entstandenen Lärm in der Kirche aufmerksam geworden, hereingekommen war.

 

Wohlwend erzählte den Vorfall und beklagte sich über Aberello. Der Pfarrer aber schüttelte den Kopf und sagte leise:

 

«Sehen Sie, das haben Sie falsch gemacht. Ich weiss, der Künstler hat eine hohe Auffassung von seinem Werk und hat seine Aufgabe gut erkannt. Unsere schöne Kirche ist ein Barockbau, ein lichter, heller herrlicher Bau. Aller Schmuck darin drückt betende Fröhlichkeit aus, will den Menschen von der irdischen Last befrei-en und zu den reinen himmlischen Höhen, zu Gott emporziehen. Und das hat der Künstler – und Aberello ist ein gottbegnadeter Maler – gut erfasst. Wir hatten seinen Skizzenentwurf gebilligt, und den führt er nun durch. Wir dürfen ihn in seiner Arbeit nicht stören».

 

Der Herr Rat stand da wie ein begossener Pudel und hörte den kunsthistorischen Bemerkungen des geistlichen Herrn verständnislos zu. Der Maler war vom Ge-rüst herabgestiegen. Die Lust zur Arbeit, seine Stimmung für das Werk, hatte ihm dieser Vorfall geraubt. Achtlos, ohne Gruss schritt er mit hasserfülltem Blick auf seinen Widersacher an der kleinen Gruppe vorbei und warf unmutig die Türe hin-ter sich zu. Er war fest entschlossen, seine Arbeit niederzulegen, mochte ein an-derer sie vollenden.

 

Nur mit Mühe und gütigem Zureden des kunstverständigen Herrn Pfarrers gelang es dem Kirchenrat, den in seiner Künstlerehre beleidigten Maler umzustimmen, dass dann das Werk vollendet werden konnte.

 

Ein strahlender Pfingstsonntag stand am Himmel. Man hatte das Gerüst entfernt, das Gemälde enthüllt. Freudig bewegt strömte die festliche Menge zur Kirche und füllte die Bänke in Erwartung des feierlichen Gottesdienstes. Begreiflicher-weise flogen alle Blicke zum Gewölbe empor, das durch das vollendete Deckengemälde ein wunderbares Schmuckstück erhalten hatte: Die Lichtgestalt des Herrn, des Siegers über Leben und Tod, die Jünger in herrlicher, sonnen-überströmter Landschaft, die heiligen Frauen, die jubelnden Chöre der Engel  - ……

 

«Aber schau da zu den Füssen des Auferstandenen die Schar der bösen Geister, die kopfüber in die Finsternis stürzen, allen voran  - der Fürst der Unterwelt  … Schau dir das Gesicht an! Das ist ja ….. bei Gott … das ist ja der Wohlwend…. Der gleiche schwarze Schnurrbart …Die gleiche scharfe Nase, das struppige Haar … der starre Blick…. der schwarze Schnurrbart. Ja, das ist er!»

 

Einer stiess den andern an und lächelte. Es war gut, dass jetzt der Gottesdienst begann und Pfingstjubel das Gotteshaus erfüllte. Mit Gewalt zogen die Andäch-tigen ihre Blicke vom Gemälde ab. Noch lange sprach man, als der Vorfall mit Aberello und Wohlwend bekannt wurde, von der Rache des Malers.

                                                                                                                             


Samstag 23. Mai 1914  stürzte ein Teil der Kirchendecke ab. Zum Glück war die Kirche menschenleer. Die Behörden planten sofort eine umfassende Renovation der Kirche. Die Neuerstellung der Decke wurde als absolut notwendig erachtet. Grossen Wert legte die Gemeinde darauf, dass die Deckengemälde wiederher-gestellt wurden.

Im Frühling 1917 waren alle Arbeiten abgeschlossen und  die Kirche wurde am Pfingstfest neu eingeweiht                                                                                        (aus: kirchliche Chronik Näfels, Datensammlung, verfasst von Jakob Fäh, Kaplan Näfels, 1989 Glarner Volksblatt, Näfels).

 

Bemerkungen:

Der Hintergrund dieser köstlichen Geschichte ist in Wort und Bild in Näfelser Geschichte(n), 1995 dargestellt.

Unter dem Pseudonym "Aberello" ist der Künstler Otto Haberer, Solothurn, ge-meint und unter dem Behördenmitglied "Wohlwend" Landrat und Kirchenvogt Fritz Schwitter, hinterer Bühl, gemeint. Ironischerweise hat dieser den Über-namen "Wohlverschtandä¨", weil er diesen Begriff in Versammlungen öfter verwendete.

 

Otto Haberer

 

*17.6.1866 Ludwigsburg (Württemberg), verst. 17.3.1941 Zürich, von Muri bei Bern.

Er besuchte die Kunstgewerbeschulen in Stuttgart (1884-89) und München (1890-91); in München absolvierte er zudem eine Lehre in Dekorationsmalerei.

 

1891-94 lebte er als Maler in Zürich, 1894-1902 in Bern, 1902-22 in Gümligen und ab 1922 erneut in Zürich.

 

Studienreisen, auf denen er alte Meister kopierte, führten ihn 1896 und 1915 nach Italien und 1908 nach München.

Er gestaltete den Münchner Akademiestil und verpflichtete sich grossformatigen Bildern.

Er dekorierte u.a. Hotels in Bern (Schweizerhof, Bellevue), im Berner Oberland (u.a. Viktoria in Interlaken), in Pontresina (Kronenhof) und in Madrid (Carlton) sowie Restaurants (Schmiedstube in Bern, Café Esplanade in Zürich), Kinos (Roland, Apollo, Seefeld und Uto in Zürich) und Kirchen (Ludwigsburg, Hilzingen, Pfullendorf, Wipkingen) .... und Näfels.

 

Historisches Lexikon der Schweiz

https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/022428/2006-08-15/: 

 

 

Fridolin Schwitter.Frick

 

292-209-153-112-87-71-50-24-5-E-D-B-A             Gen.13

Fridolin Schwitter von Näfels, am Bühl, Landwirt, Kirchenrat, Kirchenpräsident, Armenpräsident, Waisenvogt, Kriminalrichter, Gemeinderat,

des Fridolin Josef und der Anna Barbara Elisabeth Leu gen. Louise No.209

* 1871 Sept.16. + 1949 Okt.31.

oo

1905 Mai 20. Maria Agatha Frick von Oberbüren, in Glarus,

des Joh. Jakob und der Maria Agatha Gemperli

 

* 1872 Nov.23. + 1928 Feb.2.

 


Dienstag, 7. Mai 2024

 

90 Jahre Plattenkreuz

 

Archivbild

 

 Näfels

 

Nächsten Sonntag: «Feier 90 Jahre Plattenkreuz»

 

Bekenntnis vom Plattenköpfli

Sie schufen ein weit herum sichtbares Zeichen: die Jungsodalen, Kloster-schüler, Pfadfinder und die jungen Leute vom Bau. Idee und Begeisterung dazu gingen vom damaligen Präses der Jungsodalen, P. Reinhold Wick (1902–1982), aus.

Aus Anlass des Heiligen Jahres 1933, neunzehnhundert Jahre nach dem Tode von Jesus Christus am Kreuze, ist dieses Zeichen mit der Aufschrift «Erlösungskreuz» in den schwindelerregenden Höhen des Plattenkopfes geschaffen worden. Wer den religiösen Hintergrund nicht kennt, mag in diesem weissen Kreuz patriotische Parallelen zum Emblem der Schweiz, dem weissen Kreuz im roten Feld erkennen. Was immer man mit diesem Zeichen verbinden mag, das Plattenkreuz ist zum Wahrzeichen der Gemeinde Näfels geworden und soll es auch bleiben.

 

Von Fridli Osterhazy

 

Vor vierzig Jahren schrieb ich im Glarner Volksblatt/Vaterland Glarus am 12. Mai 1984:

 

"Einige von ihnen leben schon nicht mehr, andere sind in die Ferne gezogen,

aber die meisten scharen sich in etwa um die Pensionierungsgrenze, so wie sie

sich auf dem Erinnerungsbild um ihren Präses scharten. Sepp Müller, Landes-bibliothek, ist einer von ihnen und wird eine Vergrösserung der fünfzigjähri-gen Fotografie in Näfels mit anderen Schriftstücken ausstellen lassen, Eine ganze Dokumentation überliess er uns, damit wir auf den Jubiläumstag auf das Plattenkreuz hinweisen würden. Ein weiterer Damaliger, der eine sehr wichtige Rolle beim Bau des Kreuzes gespielt hat, nämlich Baumeister Karl Vogel, sandte uns eine Schilderung aus der Erinnerung. Und noch einen gilt es im voraus zu erwähnen: Zeno Baumgartner. Schon vor Jahresfrist wies er auf das kommende Jubiläum hin und forderte, dass der 50. Geburtstag des Plattenkreuzes gefeiert werden müsse. Auf Umwegen erging sein Ruf an den Dorfpfarrer. Dieser liess sich nicht lange bitten und fädelte das Jubiläum ein. Offenbar durch das Zutun des Dekans haben uns alle Seelsorger zu einer religiösen Feierstunde im Wald beim Plattenkopf aufgerufen. Justament am Vorabend des 50. Jahrestages der Einweihung sind alle eingeladen mitzufeiern."

 

Unterdessen sind vier weitere Jahrzehnte ins Tal gezogen. Die im obigen Text er-wähnten Personen sind verstorben und weitere Jubiläen sind gefeiert worden unter den Pfarrherren Jacques Stäger, Martin Mätzler und Harald Eichhorn. Und am kommenden Sonntag wird bereits das 90. Jubiläumsjahr gefeiert. Unter dem Lead von Br. Guardian Dr. Paul Zehner OFM findet eine Gedenkstunde am Fuss des Plattenkreuzes beim Plattenrank statt. Adrian Weitnauer, bewährter Lektor verliest die damalige Weiheurkunde, Hugo Fontana, Präsident des Klosterschul-vereins erinnert an die damalige Leistung von Klosterschülern, Jungsodalen und Pfadfindern und Andrea Schiesser, derzeit Sachwalter der Kirchgemeinde überbringt ein Grusswort. Mit von der Partie ist eine Delegation der Pfadi Rauti und des Blaurings. Ein Busbetrieb von Turnhallenpatz zum Plattenrank und zurück sichert den Zugang auch für ältere Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

 

Zurück zum Zeitungsbeitrag von damals:

 

"Am ersten Freitag im Dezember 1933

Am 1. Dezember 1933 kraxelten drei geheimnisvolle Gestalten auf dem Platten-kopf herum. Niemand wusste, was die beiden Klosterschüler Hans Orler und Robert Biland sowie der Kapuzinerpater Reinhold Wick auf dieser Höhe herum-zuschnüffeln hätten. Das Geheimnis blieb unter ihnen noch mindestens andert-halb Monate.

 

In der Sodalenpredigt vom 14. Januar 1934 lüftete P. Präses das Geheimnis.

«Wir bauen ein Erlösungskreuz auf das Plattenköpfli.» Die Sodalen waren rasch

Feuer und Flamme. Schon am 15. Februar 1934 zimmerten einige Klosterschüler auf dem Schulplatz des alten Klosterschulhauses ein Holzkreuz als Attrappe und Muster. Sepp Müller erinnert sich an die folgenden Schüler, die mitmachten: die bereits erwähnten Hans Orler und Robert Biland, Hans Feldmann, Fritz Fischli, Hans Laupper, Albert und Franz Hophan, Karl Müller, Hans Steuerer, Edwin Gallati, Josef Landolt, Edwin Landolt, und sein Bruder Martin Müller.

 

Vier Tage später trugen sie die Kreuzattrappe aufs Plattenköpfli. Ein blendend weisses Kreuz, die Attrappe, leuchtete hoch auf dem Felsen. Die Näfelser moch-ten sich wohl die Köpfe gereckt und das Novum kommentierend zu Plattenkopf hinaufgeschaut haben.

Schon zwei weitere Tage später zogen 42 Jungsodalen mit Wagen die ersten Ze-

mentsäcke und Sand die Bergstrasse hinauf. Unter «Beten und Singen» schreibt der Chronist.

 

Am Sonntag darauf hielt P. Reinhold Wick einen Lichtbildervortrag im Kloster-schulhaus unter dem Titel «Im Kreuz ist Heil». Schon am Tag darauf war der Betonsockel fertiggestellt. Vom 3. bis 5. März wurde die Kreuzschaft betoniert. Am Fridlistag 1934 stand das Kreuz fertig verschalt.

 

Am Vorabend fand im «Rössli» mit den Baumeistern Vogel und Hauser und den

«Frondienstlern» ein Festtrunk statt. Am 22. März 1934 konnte die Verschalung entfernt werden. Vier Tage später begann unter Anleitung von Willy Vogel der Edelverputz. Jurasit schien geeignet. Mit Ripphämmern wurde der Verputz ge-stockt.

 

Pünktlich auf den 30. März 1934, es war Karfreitag, stand das Kreuz schnee-weiss auf dem Plattenkopf. Anfang April 1934 kam die Montage der Kreuzbe-leuchtung dazu. Zum ersten Mal am Abend der Fahrt, es war der 5. April 1934, erstrahlte die Beleuchtung in die Nacht. 

 

«Zuerst dachte man an ein 20 Meter hohes Eisenkreuz. Aber wegen Montage-Schwierigkeiten und Bedenken wegen des Unterhalts kam man wieder davon ab. P. Reinhold Wick kam die Idee, ein gemauertes Kreuz zu errichten. Er wusste, dass er dies mit den Sodalen allein kaum schaffen könnte und wandte sich an die junge Baufirma Vogel & Hauser. Die Meister und einige Arbeiter. u. a. auch der reformierte Edi Schäfer sagten ihre Mithilfe zu. Gratis, lediglich mit der Auflage, die Sodalen hätten auf Mittag die Klostersuppe zu bringen, arbeitete diese Profi-Mannschaft unter der Leitung von Karl Vogel . . .»

 

Karl Vogel erinnert sich der Attrappe, die die Klosterschüler im Tal gebastelt und nun auf dem Plattenkopf probeweise aufgestellt hatten. «In gleicher Grösse wie das Betonkreuz aus Dachlatten und weissem Karton, stellten sie die Attrappe auf den noch gefrorenen Boden. Jetzt galt es die richtige Achse festzulegen. Dies war nur möglich durch Zeichen aus verschiedenen Stellungen im Tal. Das Ganze funktionierte prächtig. Die Sodalen und Pfadfinder hatten grossen Plausch daran; denn ihre Morsezeichen wurden auf dem Plattenkopf verstanden. Bald war der Standort bestimmt, das Fundament herausgesprengt, einige Eisendorne einbe-toniert, damit ein Anker für das Fundament bereit stünde.

 

Zum Aufstellen der grossen Schalung war nirgends Halt, so entschloss man sich einen Differdinger Balken einzubetonieren. Dieser Eisenbalken hatte die Funk-tion, die Schalung zu halten. Auch konnte man an ihm ein Arbeitsgerüst befe-stigen. Die vier Gerüststangen wurden auch einbetoniert, damit die Arbeiter mit grösstmöglicher Sicherheit arbeiten konnten. Das Arbeiten auf dem Gerüst in schwindelnder Höhe war nicht jedermanns Sache, schwindelfrei musste man da sein. Jetzt kam erst die Schwerarbeit.

 

Fertigbeton konnte man damals noch nirgends beziehen. So mussten halt Kies

und Zement herbeigeschafft werden. Dies besorgten die Sodalen in Verbindung mit einem Bauern mit einer Viehmänne. Rauti und Haslensee hatten kein Wasser. Dieses musste aus dem Tal mit einem Güllenwagen hergebracht werden.

 

Vom Plattenrank auf den Kopf erstellten wir mittels eines Wellenbocks eine ein-fache Seilbahn. Beton, Schalung, Eisen, Wasser usw. wurden so auf den Plat-tenkopf gehievt. Sehr streng war das Einbringen des Betons. Dank gutem Team-work ging alles gut, ohne den geringsten Unfall. Nach der erforderlichen Ab-bindzeit entfernten wir die Schalung

 

Die Arbeit machte einen guten Eindruck. Nun fehlte nur noch der Verputz, wir nahmen weissen Jurasitverputz, den man allerdings alle paar Jahre streichen muss. Dass das Wahrzeichen auch Nachts gesehen werden konnte, beschloss die Sodalität, das Kreuz elektrisch zu beleuchten. Zu diesem Zweck musste eine Leitung ob den Plattenhäusern erstellt werden. Bei dieser Arbeit verunglückte lei-der ein Sohn von Josef Landolt, Elektriker, Bündtgasse.

 

Zum Dank für die geleistete Arbeit durften die Sodalen und Bauarbeiter bei den Herren Patres Kapuziner ein Festmahl geniessen, das die vielen Mühen rasch vergessen liess. So überliefert von Karl Vogel.

 

Im Sinne einer Illustration sei die untenstehende, von Sepp Müller zusammenge-stellte «Ehrentafel» präsentiert.

 

Einweihung – Lichterprozession

 Am 22. April 1934 herrschte unter den Sodalen hektischer Betrieb. Sie fieberten

nicht nur ungeduldig dem grossen Tag der Einweihung entgegen, sondern

schmückten den Festplatz beim «Plattenrank» am Fusse des etwa 30 Meter

hohen Plattenkopfes. An Tannenzweig-Girlanden befestigten sie gar elektrische

Beleuchtung. Das Elektrische besorgte das EW Näfels unter Leitung des Be-triebsleiters Josef Landolt-Müller und Karl Gallati-Müller.

 

Unter Aufsicht des Betriebsleiters Jud aus Kaltbrunn musste von der soge-nannten «Gerbiburg» am Fusse der Plattenwand ein Kabel hochgezogen wer-den. Beim Hochziehen verwickelte sich dieses im Gestein. Die Buben oberhalb des Felsens wurden zum Ziehen und Zerren aufgefordert. Dabei löste sich ein Stein und traf am Fusse des Felsens den Sodalen Josef Landolt, den Sohn des ebenfalls beteiligten EW-Mannes Josef Landolt-Müller. Herr Jud brachte mit dem Auto die Schreckensbotschaft von der tödlichen Verletzung des Knaben zum Plattenrank.

 

Freudig dagegen war die Stimmung, als die Prozession am 13. Mai 1934 um

1/2 Uhr von der Kirche wegging. Nach dem Kreuz folgten Knaben und Mädchen, danach die Sodalen und Pfadfinder. Nach Harmoniemusik und Kirchenchor ka-men die Ministranten und Geistlichen. Nun mit P. Reinhold Wick erschienen die Reliquienträger, unmittelbar vor Bischof Laurentius Matthias und Begleiter. Nach-her folgten noch die Jünglinge und Männer, die Jungfrauenkongregation und schliesslich die Jungfrauen und Frauen. Die eigentliche Weihe umfasste 14 Teile.   

Eingemauert ins Kreuz wurden nebst Urkunden auch vier Reliquien. Eine in Ver-ehrung von Johannes Bosco (Don Bosco), eine Heiligkreuz-Reliquie, eine in Erinnerung an Konrad von Parzham, den heiligen Kapuzinerlaienbruder und eine von dem damals seligen Niklaus von der Flüe (Bruder Klaus). Die Weihe-Urkunde, ein kalligraphisches Werk von P. Polykarp Schwitter, kann als Abschrift im Kapuzinerkloster besichtigt werden.

 

 

Erlöserkreuz-Bau 1934 · Ehrentafel

 

Initiant: Pater Reinhold Wick, Kapuzinerkloster Näfels

(† Kloster Wil, 17. September 1982).

 

Patronat: Marianische Jünglings-Sodalität Näfels,

Klosterschule Näfels, Pfadfinderabteilung «Rauti»

und viele freiwillige Helfer.

 

Bauleitung: Vogel & Hauser, Baugeschäft, Näfels.

 

Berechnungen: Ing. Josef Hauser-Müller, Näfels († 1943)

 

Bauführer: Karl Vogel-Schwitter, Maurermeister

 

Maurer:

Willy Vogel-Padovan, Hermann Vogel-Müller, Mathias Schwitter-Amrhein ( 1968), Franz Schwitter-Schmid, Fritz Müller-Kappeler, Edwin Schärer-Müller († 1977), Beny Landolt-Bamert, Arthur Gschwend-Ragotti. Hilfsarbeiter (Seilwinde): Julius Oswald-Schärer († 1962), Josef Landolt «Tusch’s» († 1947), Karl Landolt «Beggeler’s» († 1938).

 

Kreuzschalung:

Dagobert Landolt, Zimmerei, Näfels († 1959), Hermann Landolt jun. († 1936).

 

Transport:

Am 21. Februar 1934 zogen 42 Jungsodalen mit Wagen die ersten Zementsäcke – unter Beten und Singen – die Bergstrasse hinauf.

 

Kiestransport:

Josef Landolt-Landolt «Sändlen», Fritz Landolt-Oettl «alter Bären».

 

Elektrische Anlage:

EW Näfels, Josef Landolt-Müller, Maschinist EW, Karl Gallati-Müller, Installateur, Herr Jud, Kaltbrunn.

 

Verpflegung:

Kapuzinerkloster Näfels «Klostersuppe».

Je 2 Klosterschüler tragen diese täglich zum Plattenköpfli hinauf.

 

Weihe-Urkunde:

Pater Polykarp Schwitter, s. Zt. Ökonom in Appenzell.

 

Presse:

Patres Polykarp Schwitter und Otto Hophan,

Redaktor Kessler, «Glarner Volksblatt».

 

Einweihung:

Hochw. Exz. Dr. Laurentius Mathias, Bischof von Chur.

 

Mitwirkung Harmoniemusik Näfels, Kirchenchor Näfels.

 

 

P. Reinhold Wick OFMCap - Spiritus Rector des Plattenkreuzes


Samstg, 4. Mai 2024

 

"Sternstunde" im Zeichen von Felix und Regula

 

Pepe Kohlers Schrift in der Burgkapelle Glarus

Kurz vor sieben Uhr beginnen Isabella Bento (Sakristanin Burgkapelle) und Linus Hofmann (Sohn von Peter Hofmann, ev.-ref. Dekan) mit dem Glockengeläute des Burgkapellentürmlis und rufen zum besonderen Anlass der Vernissage für Pepe Kohlers Schrift 

 

"10 Jahre Pilgerweg Felix und Regula

 Vom Fusse des Tödi nach Zürich"

 

Linus Hofmann und Isabella Bento als "Glöckner von St.Michael" stimmen mit den trauten Glöcklein vom Burgkapellenturm dern Anlass ein.

 

Die Referenten:

Dr. Urban Fink, Direktor der Inländischen Mission, Solothurn (Herausgeber)

Domherr Hans Mathis, Weggefährte von Pepe Kohler, Pfarrer in Schwanden

ad interim-Präsident Magnus Oeschger, Kant. Kath. Kirchenrat Kt. Glarus

Pfarrer Pepe Kohler, Autor

Moderation: Fridolin Hauser

Orgel: NIklaus Stengele, Hauptorganist Pfarrei St. Fridolin, Glarus

 

Dr. Urban Fink, Direktor der Inländscihen Mission, Solothurn, spricht als Heraus-geber über die Entstehung der Schrift und tritt mit einem beherzten Votum für das Bekenntnis und den Auftritt der Kirche in heutiger Zeit auf.

 

Domherr Hans Mathis lässt mit seiner Biografie die "Seilschaft" mit seinem Pfarr-kollegen Pepe Revue passieren. Er und Pepe führten die Pfarrei Schwanden ge-meinsam. Sie wurde später zum "Seelsorgeraum Glarus-Süd". Mathis war aus-serdem einige Jahre Dekan für den Kanton Glarus. Der Moderator hat sie als

"siamesische Zwillinge" in Erinnerung, die als Duo die Seelsorgeaufgaben be-

wältigten.

Ad interims-Präsident lic. iur. Magnus Oeschger überbringt die Glückwünsche und Grüsse des Kant. Kath. Kirchenrates (KKK) und befasst sich in einem interessanten Exkurs mit dem Begriff "Märtyrer".

 

Vernissage im stimmungsvollen Raum des "Bürgli". Eine Dreissigschaft feiert in einem intimen Rahmen.

Gäste sogar aus Zürich, dem Tessin, Zug, Solothurn und Einheimische... mitten drin gibt sich der ehemalige Ständeratspräsident Dr. Thomas Hefti die Ehre.

Josef (Pepe) Kohler spricht mit Herzblut von mehreren "Wundern" und hält Rück-schau auf die Entstehung des Felix- und Regulaweges, die Herausgabe seiner Schrift und dankt rundum. Ein Wermutstropfen ist die Auflösung des Felix und Regula-Pilgervereins. Er erntet für seinen unermüdlichen und begeisterten Ein-satz tosenden Applaus.

Musikalisch umrahmt die Feier der virtuose Niklaus Stengele, talentierter Haupt-organist in der Pfarrei St. Fridolin Glarus.

 

Als Abschluss gibt es einen "Pilgerapéro" mit heissen Wienerli, Brötchen und Getränken aller Art aus dem Catering von Sybille Ricklin-Aebli.

 

Stille Zeugen der Feier waren die Landes-, Kirchen- und Namenspatrone Fridolin (mit Ursus) und Hilarius.


Donnerstag, 2. Mai 2024

 

Katharina von Siena

 

Sie steht auf dem Marienaltar in unserer Kirche

Catarina von Siena auf dem Marienaltar in der Hilariuskirche in Näfels.

 

aus: 

Assfalg Winfried: Johann Friedrich von Vollmar, Ein Henkerssohn wird Künstler,

Kunstverlag Josef Fink, 2002.

 

Der Marienaltar ist eine Trilogie von Heiligengestalten: Maria, Dominicus und Ca-terina von Siena, die typisch für die "Rosenkranzbruderschaft" sind.

 

Der Kunstband ist zum 250. Geburtstag des Bildhauers, Stuckateurs, Malers, Architekten, Altar- und Kanzelbauers Johann Friedrich Vollmar (1751-1818) er-schienen.

 

In Näfels wurde am Hilariusfest und Hilariessen der Freunde der Geschichte von Näfels FGN am 13. Januar 2002 im Beisein von Weihbischof Dr. Paul Vollmar, Zürich, eines Nachkommen des Künstlers, der auch den Hilariusfestgottesdienst leitete und die Festpredigt hielt, eine Buchvernissage im Schwertsaal durch-geführt. Anwesend waren auch der Autor Winfried Assfalg und der Verleger Josef Fink. Die Buchvernissage leitete Werner Hauser-Felber sel.

 

 

 

Cate­rina von Siena: Eine Frau, die dem Papst den Weg wies

von

Rosmarie Schärer

 

publiziert in "www.swiss-kath.ch"

 

Am 29. April fei­ert die Kir­che eine aus­ser­ge­wöhn­li­che Frau: Cate­rina von Siena. Sie war Mys­ti­ke­rin, Frie­den­stif­te­rin, Ordens­grün­de­rin. Die Kraft für ihr viel­fäl­ti­ges Wir­ken schöpfte sie aus einer tie­fen Christusbeziehung.

 

Caterina von Siena wird 1347 in eine unruhige und schwierige Zeit hineinge-boren. Es herrschen Bürgerkriege und Familienfehden und ein Jahr nach ihrer Geburt kommt es zu einer Pestepidemie. Sie ist das 24. Kind des Pelzfärbers Jacopo di Benincasa und seiner Frau Lapa di Puccio di Piagente. Ein unscheinbares Kind, wäre da nicht dieses Ereignis mit sechs Jahren: Über der Dominikanerkirche in Siena lächelt ihr Christus zu, bischöflich gewandet und auf einem Thron sitzend.

 

Nach dieser Erscheinung legt sie das Gelübde der Jungfräulichkeit ab. Als ihre Mutter sie mit zwölf Jahren verheiraten will, weigert sich Caterina. Drei Jahre dauert der Streit mit der Mutter, bis der Vater ein Machtwort zugunsten seines Kindes spricht. Mit 16 Jahren tritt Caterina gegen den Willen ihrer Eltern den Mantellatinnen bei, auch «Schwestern der Busse des heiligen Dominiks» genannt. Die ersten Jahre verbringt sie zurückgezogen in ihrer Zelle.

 

Caterina bittet Christus, ihren Glauben zu stärken. Eine Bitte, die sie immer wieder vorbringt. Doch an einem Tag im Jahr 1367 oder 1368 spricht der Herr zu ihr:

 

«Weil du alle Torheiten um Meinetwillen abgelegt und gemieden hast, weil du alle Freuden des Fleisches verschmäht und allein in Mir die Wonne deines Herzens gesucht hast [..], will Ich mit dir die Feier der Verlobung deiner Seele festlich begehen. So, wie Ich verheissen habe, will Ich dich Mir im Glauben vermählen» (Raimund von Capua, Legenda Maior, 114–115). Er nimmt einen goldenen Ring und steckt ihn Caterina an den Finger. «Siehe, Ich vermähle dich Mir, deinem Schöpfer und Erlöser, im Glauben. Du wirst diesen Glauben stets unversehrt bewahren, bis du im Himmel mit Mir ewige Hochzeit feiern wirst.» Diesen Ring sieht Caterina ihr Leben lang an ihrem Finger, auch wenn er für andere un-sichtbar bleibt.

 

Nach dieser Vision verlässt Caterina ihre Zelle und widmet sich hingebungsvoll den Armen und Kranken. Sie tut dies mit so viel Freude, dass sich immer mehr Menschen von ihr angezogen fühlen. Um sie bildet sich bald eine geistliche Familie. Unermüdlich ist ihr apostolischer Einsatz, immer wieder erlebt sie Visi-onen und Ekstasen.

 

Caterina sieht, wie sehr sich die Kirche von Christus entfernt hat und wie wichtig eine Kirchenreform ist. Mit insgesamt 14 Briefen fordert sie die Päpste zu dieser Reform auf. Sie prangert die herrschende Korruption an, der Klerus müsse sich wieder vermehrt um die Seelsorge kümmern. Ihre zum Teil drastisch formulierten Briefe, in denen sie selbst Kardinälen den Spiegel vorhält, entstehen aus ihrer tie-fen Liebe zu Christus. Eine Liebe, die am 1. April 1375 zum Empfang der Stig-mata führt. Ihre Schriften sind von einer einzigartigen Blutmystik geprägt. Der blutige Opfertod Jesu versinnbildlicht umso deutlicher seine erlösende Liebe. «Blut, Blut» sind dann auch die letzten Worte, als Caterina am 29. April 1380 im Alter von 33 Jahren in Rom stirbt.

 

Kirchenpolitisches Engagement aus Liebe zur Kirche

Wenn heute von Caterina von Siena gesprochen wird, vergisst man ihr dia-konisches und apostolisches Wirken allzu oft, denkt man fast nur an ihr kirchen-politisches Engagement. Caterina war stets um Frieden und Versöhnung bemüht. So konnte sie in ihrer Heimstadt Siena mehrfach Frieden stiften; ihr Ruf verbreit-ete sich und gelangte auch nach Avignon, wo Gregor XI. bereits als siebter Papst residierte. Er schrieb ihr 1374 einen Brief, in dem er sie um ihr Gebet bat.

 

Zwischen mehreren italienischen Städten und dem Papst bestand ein Konflikt, da sie sich durch den Einfluss des Papsttums in ihrem Vormachtstreben bedroht fühlten. Es entstand eine «Freiheitsbewegung», angeführt von der Republik Flo-renz. Als Papst Gregor XI. im März 1376 ein Interdikt androhte, sandte Florenz Caterina nach Avignon. Sie traf im Juni in Avignon ein und trug dem Papst ihre drei Anliegen vor: Frieden mit Florenz, Rückkehr des Papstes nach Rom und eine Kirchenreform.

 

Am 13. September 1376 verliess der Papst Avignon für immer und traf am 17. Januar 1377 in Rom ein, wo er mit grossem Jubel empfangen wurde. Der Friede mit Florenz sollte aber erst 1378 erfolgen. Doch schon kurz darauf ereignete sich etwas, was für Caterina weit tragischer war: Nach dem Tod Gregors XI. wurde Urban VI. gewählt. Der neue Papst erklärte den französischen Kardinälen, dass er in Rom bleiben werde und forderte eine Kirchenreform. Als Reaktion wählten diese Kardinal Robert von Genf zum Gegenpapst (Clemens VII.) Es war der Beginn des vierzig Jahre dauernden Abendländischen Schismas. Caterina ging nach Rom, um beim Papst für die Einheit der Kirche einzutreten und schrieb zahlreiche Briefe an Adressaten in ganz Europa zur Unterstützung des rechtmäs-igen Papstes.

 

Das Schisma traf Caterina von Siena mitten ins Herz. «Seid gewiss, wenn ich sterbe, dann habe ich mein Leben in der Kirche und für sie hingegeben.»

 

 

Caterina von Siena wurde am 29. Juni 1461 durch Papst Pius II. heiliggespro-chen. Papst Pius IX. ernannte sie 1866 zur Schutzpatronin Roms, Pius XII. 1939 zur Patronin Italiens und Paul VI. 1970 zur Kirchenlehrerin. 1999 erklärte sie Johannes Paul II. zur Schutzheiligen Europas.

 

 

 

Beispiel einer Aufnahmeurkunde in die Rosenkranzbruderschaft.

 

In Näfels wurde diese am 17. bzw. 21 Juni 1624 errichtet. 1722 wurde auch noch eine Skapulierbruderschaft gegründet. Die beiden Bruderschaften wurden spä-ter zusammengelegt.- Die  Opfer dieser Bruderschaften gingen 1781 an den Bau der heutigen Hilariuskirche . (Chronik Jakob Fäh, Kaplan, Näfels 1989)


Donnerstag, 25. April 2024

 

Ein Stück Jugenderinnerung verschwindet...

 

Die Rorschacher "Jugendkirche" soll zu einem Wohnhaus umgebaut werden

 

"Jugendkirche" oder Herz-Jesu-Kirche Rorschach - ihre Tage sind gezählt.

Als Seminaristen "mussten" wir jeweils zur Schülermesse bei Dr. Max Schenk, Religons-lehrer am Seminar Mariaberg in Rorschach. Die "Jugendkirche", wie sie damals in aller Mund genannt wurde, befindet sich rund 100 Meter unterhalb des Seminars, das durch die steile Mariabergstrasse erreicht wird. Rechterhand, westlich befindet sich die "Jugend-Kir-che", ein neogotisches Gotteshaus, dessen Umnutzung vor der Tür steht.

 

Perrine Woodtli berichtet heute im (St. Galler)  "Tagblatt"

 

Am Montag, 29. April 2024 wird die Herz-Jesu-Kirche in Rorschach endgültig geschlossen: Die Zukunft des imposanten Baus ist unge-wiss.

Bereits seit Jahren wird die Herz-Jesu-Kirche nicht mehr liturgisch genutzt. Am Freitag (26. April 2024) findet die letzte Eucharistiefeier statt, danach wird die Kirche geschlossen. Wie es weitergeht, ist unklar. Die Pläne, das Gotteshaus für Wohnraum umzunutzen, wurden nicht mehr weiterverfolgt. Die Katholische Kirch-gemeinde Region Rorschach  ist offen für Ideen.

 

Alte Postkarte mit der Aufschrift "Rorschach - Jugendkirche"

Schon vor neun Jahren erschien der folgende Text unter www.watson.ch

 

Erstmals soll in der Schweiz eine grosse Kirche zu einem Wohnhaus umgebaut werden

 

13.04.2015

 

Die 116 Jahre alte Herz-Jesu-Kirche in Rorschach SG, die von der katholischen Kirchgemeinde kaum mehr genutzt wird, soll zu einem Wohnhaus umgebaut wer-den. Es wäre die erste derartige Umnutzung einer grossen, denkmalgeschützten Kirche in der Schweiz.

 

Der Kirchenverwaltungsrat arbeitet derzeit an einer Konkretisierung der Idee, wie Präsident Stefan Meier der Nachrichtenagentur SDA sagte. Interessenten für ein Umbauprojekt seien vorhanden. Vorerst brauche es Gespräche mit der Stadt, der katholischen Administration, dem bischöflichen Ordinariat und der Denkmal-pflege.

 

Positive Reaktionen

An einer Kirchbürgerversammlung im März stellte Meier die unkonventionellen Pläne vor. Die Reaktionen seien mehrheitlich «sehr positiv» gewesenen, sagt der Kirchenverwaltungsratspräsident. Klar habe es auch einzelne kritische Stimmen gegeben. Dass leerstehende Kirchen in der Schweiz umgenutzt werden, finde ich eine sehr gute Idee. "geht gar nicht!" ist mir egal.

Die neugotische Herz-Jesu-Kirche an zentrumsnaher Lage in Rorschach wurde zuletzt nur noch am 24. Dezember für einen Mitternachtsgottesdienst und am 6. Januar für einen Gottesdienst der orthodoxen Kirche gebraucht. Ansonsten steht das Gotteshaus leer.

 

Nun sollen im Inneren Wohnungen eingebaut werden. In den Säulengängen wäre Platz für zwei Stockwerke, im Mittelschiff für mehr. Stefan Meier kann sich auch eine Nutzung durch ein stilles Gewerbe – zum Beispiel ein Architekturbüro – vorstellen. Ebenfalls geplant ist ein Andachtsraum.

 

Vorbild in Mönchengladbach

Vorbilder für die Umnutzung gibt es im Ausland: So wurde im deutschen Mön-chengladbach eine Kirche, die ebenfalls den Namen Herz Jesu trägt, im Jahr 2009 profaniert und anschliessend umgebaut. Das Äussere der Kirche blieb unverändert, während im Inneren 23 Wohneinheiten entstanden.

 

In St.Gallen wartet die ehemalige evangelisch-reformierte Kirche St.Leonhard seit längerem auf eine neue Bestimmung: Die 1887 erbaute Kirche wurde von der Kirchgemeinde St.Gallen Centrum im Jahr 2004 verkauft, weil sie nicht mehr benötigt wurde und hohe Kosten verursachte.

 

St.Galler Kirche steht leer

Der neue Besitzer, der Winterthurer Architekt Giovanni Cerfeda, stellte eine Re-novation und eine kulturelle Nutzung in Aussicht. Verwirklicht ist aber bisher nichts. Die Kirche steht leer. 2007 brannte der Dachstock völlig aus; Dachdecker-arbeiten hatten zu einem Mottbrand geführt.

 

2013 stellte der Eigentümer Pläne für einen Umbau der Kirche zu einem Event- und Kulturzentrum vor. Es seien Verhandlungen mit der Stadt im Gang, erklärte Cerfeda jetzt auf Anfrage. Die geplante Mischung aus kultureller und kommerzieller Nutzung sei «ein überzeugendes Konzept», sagte Cerfeda.

 

Immer weniger Kirchgänger

Die rückläufige Zahl der Kirchgänger zwingt viele Kirchgemeinden, über Kirchen-schliessungen und Umnutzungen nachzudenken. Seit bald zwei Jahren ge-schlossen ist etwa die Kirche Don Bosco in Basel. Die römisch-katholische Kirche Basel-Stadt ist dabei, für die Kirche eine neue Nutzung zu bestimmen.

 

Ein Beispiel für erfolgreiche Umnutzung ist die 1998 gegründete Kleinkunst- und Konzertbühne La Cappella in Bern. Sie befindet sich in einer ehemaligen methodistischen Kapelle aus dem Jahr 1907. In Brienz BE dient eine ehemalige Kirche seit 2012 als Loft, und auch in Teufen AR wird eine frühere Kapelle ähnlich genutzt

 

 

Zur Geschichte der Jugendkirche

 

Ende des 19. Jahrhunderts herrschte in der Seminarkapelle Mariaberg, wie auch in der Pfarrkirche St. Kolumban grosse Platznot. Rorschach zählte damals gegen 13'000 Einwohner (Stickereihochblüte) mit entsprechender Kinderzahl. Ein Kirch-bauverein beauftragte Architekt Hardegger, St. Gallen, zur Ausarbeitung eines Projekts. Sammlungen in Rorschach und Umgebung erstrebten die notwendigen Geldmittel.

 

Baubeginn war 1895, die Grundsteinlegung erfolgte durch den Bischof von St. Gallen, Augustinus Egger anno 1896. Zeichen davon sind am Fusse der äusseren östlichen Stützmauer ersichtlich. Eine Baubeschreibung von M. Knoblauch, Beichtiger zu St. Scholastika aus dem Jahre 1900, vermerkt dazu:

 

«So wurde am 21. April 1896 mit der Fundamentation begonnenn und unter reger Beteiligung des katholischen Volkes umstand die grosse Kinderschar die aus dem Erdboden aufsteigenden Mauern, als am 14. Juni die Grundsteinlegung feierlich vorgenommen wurde. Doch in diesem Jahre Schritt der Bau nur langsam voran, denn der sehr regnerische Sommer brachte viele Stockungen. Es kamen noch vor der Einwinterung Chor und Seitenschiffe unter Dach.»

 

Die Chronik beschreibt den weiteren Fortgang der Bauarbeiten wie folgt:

 

«Im Jahre 1897 aber wurde der Rohbau von Turm und Kirche glücklich vollendet. Zwar kamen zwei Unglücksfälle vor, doch endeten sie ohne dauernd nachteilige Fol-en. Die meisten Arbeiter waren Italiener oder Nordösterreicher. Der Bau-meister, Herr Bernhardsgrütter, mit seinem ausgezeichneten Polier Frommelt aus Menzig (Vorarlberg) hatten solid gebaut und durch Verwendung besten Materials es dahin gebracht, dass sich im Frühling 1897 nicht die geringste Senkung, selbst nicht einmal die kleinsten Haarrisse sich zeigten.

Die Bausteine entnahm man einem alten Steinbruche nördlich des Gartens von Mariaberg. Als Bindemittel diente Kalk und Cement. Der feste Quaderbau zeigte an allen der Witterung ausgesetzten Stellen den soliden Gotthard-Granit, wie Sockel, Gurten, Abschlussgefirme und Abdecker.»

 

Die fertig gestellte Kirche wurde am 25. Mai 1899 durch Bischof Augustinus von St. Gallen geweiht. Der Chronist vermerkt dies als «Freuden- und Gnaden-tag für die Kirchgemeinde Rorschach». Bereits damals sprach man davon, dass «in dieser so materiell gesinnten Zeit der Bau der Jugendkirche den Beweiss geliefert hat, dass sie noch fähig und bereit ist, zur Ehre Gottes und zum Heile der unsterblichen Seelen Opfer zu bringen.». Der Bau der Herz-Jesu-Kirche fiel gerade mit jenem Jahre zusammen, als der Bischof von St. Gallen «seine» Diözese dem göttlichen Herzen Jesu weihte und Papst Leo XIII. den gesamten Erdkreis dem gleichen Geheimnis der erbarmenden Liebe Jesu weihte.

 

Heutzutage ist die Jugendkirche in Rorschach eine der letzten verbliebenen «Hardegger-Kirchen», die von der architektonischen Genialität des St. Galler Architekten zeugen. Das im schlichten, fast himmelwärts strebenden Stil gebaute Gotteshaus erinnert – wenn im Innern die Lichter brennen und das Leuchten durch die schlanken Fenster nach aussen dringt – besonders in der kälteren Jahreszeit und bei Dämmerung an einen geheimnisvollen Sakralbau in England. Der dekorative Schmuck des Steinbaues entstand 1898. Die Steinbildhauer Bopp, Rorschach und Hüning, St. Gallen schufen aus den eingemauerten Steinblöcken zierliche Kapitale, Piedestale und Konsolen in Blatt- und Tier-ornamenten. Da sind Drachen, Eulen- und Bocksgestalten in die Steinträger ver-bannt.

 

Das Innere der Kirche wird geprägt durch den Hochaltar. Dessen Erbauer ist der Holzbildhauer Bihler-Traub aus Zwiefalten im Tirol. Der Hochaltar zeigt zuoberst eine Herz-Jesu Statue als Patron dieses Gotteshauses. Dann in der Mitte über dem Tabernakel eine Verkörperung des 42. Psalmes durch einen Hirsch und einer Eule. Auf der linken Seite bemerkt man die Szene in der Chri-stus die Kinder segnet und rechts die Segnung der Kranken.

 

Unter dem Altartisch ist in der ganzen Breite der Reliquienschrein eingelassen. Dabei handelt es sich um Überreste von Märtyrern aus den römischen Kata-komben, eingefasst durch die Schwestern des Rorschacher Klosters St. Schola-stika.

 

Besondere Beachtung verdient die schöne Galerie der zwölf Apostel, begleiten sie gewissermassen den Kirchenbesucher als Wächter auf seinem Gang nach vorne. Diese Figuren erstellte Bildhauer Ferdinand Stuflesser aus St. Ulrich im Tirol.

 

Zu guter Letzt verdient das Orgelwerk eine genauere Betrachtung. Dasselbe stammt noch als Original von der Firma Goll und Co. aus Luzern und darf auf über 90 Jahre gute Dienste zurückblicken. An der Orgelempore sind die Wappen des während der Bauzeit regierenden Papstes Leo XIII. sowie des St. Galler Bischofs Augustinus Egger ersichtlich.

 

Text: Stefan Meier

Quellen: 1900, M. Knoblauch, Die neue Herz-Jesu-Kirche in Rorschach

diverse handschriftliche Aufzeichnungen (ohne Autorenangaben)

Virtuelle Tour durch die Herz-Jesu-Kirche

 

Der heiutige Bericht im "Tagblatt" zeigt, dass in den vergangenen sieben Jahren

aus den Wohnungsbauplänen bisher nichts geworden ist. Doch die immer häu-figer Berichterstattung über Umnutzung von Kirchen und Kapellen sind ein Sym-tom der Gegenwart. Schwindende Kirchgängerzahlen, Kirchenaustritte, Priester-mangel und ein um sich greifende Säkularisierung.

 

Jugendkirche mit Erinnerungfetzen der Lehrerseminarzeit

Für mich verschwindet ein Stück Jugendzeit; denn ich besuchte in den späten fünfziger Jahren das Lehrerseminar Mariaberg Rorschach. Unser Religionslehrer Dr. Max Schenk hielt uns immer wieder an, die Schulmesse für Seminaristen und Seminaristinnen in der "Jugendkirche" zu besuchen. Die weniger fleissigen Kirch-gänger bekamen das bei den Patentprüfungen am Ende der Seminarzeit zu spü-ren. Prof. Dr. Max Schenk hatte nach der üblichen Abfragung des Prüfungsin-haltes, noch "Reservefragen" für weniger fleissige Kirchgänger bereit, die dann etwas knifflig waren und die Note etwas nach unter drückten.

 

Eine Episode ist unvergesslich. Ein lieber Seminarkollegen (J.A.) überstand die Prüfungsabfrage durch Prof Schenk einigermassen schlecht und recht; aber der Experte, ein Redaktor, war dabei eingenickt. Der wegen unseres Grinsens nach seinem Erwachen etwas ungehaltene Experte schien seine schlecht Laune auch auf die Benotung von J.A. übertragen zu haben. Dieser beklagte sich über die "ungerechte Saunote" und machte Rekurs beim Erziehungsrat, der kantonalen Aufsichtsbehörde... und bekam recht. Die Note soll  "etwas nach oben" korrigiert worden sein. Möglich dass auch J. A. in den oberen Schulsemestern kein oft gesehener Gast in der Jugendkirche gewesen sein könnte. Bleibende Schäden schien J. A: nicht davonzutragen; denn er machte nach einigien Jahren im Leh-rerberuf eine glänzende militärische Karriere und wurde Major und Oberst und wurde ein erfolgreichen Wirtschaftsunternehmer.


Dienstag, 23. April 2924

 

Trouvaille

 

Primiz von P. Othmar Landolt in Näfels

 

Das Bild ist von schlechter Qualität, aber von dokumentarischem Wert:
3. Januar 1971: Primiz von P. Othmar Landolt, Schönstattpriester, flankiert von Pfarrer Hermann Fischli, Tuggen, links, und Dorfpfarrer Jacques Stäger, Näfels

Archivtext glarus 24.ch,  August 2020

 

Näfelser Missionar P. Othmar Landolt verstorben

Am Montag, 3. August 2020, starb in Bujumbura (Burundi) P. Othmar Landolt nach längerem Leiden. P. Othmar wurde am 26. September 1941 in Näfels als zweitjüngstes von acht Kindern geboren. Sein älterer Bruder war Jules Landolt, Gemeindepräsident und Landammann.

  

Nach dem Besuch der Primar- und Klosterschule absolvierte er im Gymnasium St. Klemens in Ebikon die Matura. Nach dem Weiterstudium an der Universität Freiburg und im Priesterseminar in Münster (D), wurde er 1970 in Schönstatt-Vallendar (D) zum Priester geweiht. Die Primiz feierte er am 3. Januar 1971 in Näfels. Nach Seelsorgejahren als Vikar in Gerliswil LU und in der Herz-Jesu-Pfarrei in Zürich war er 46 Jahre in Burundi als Missionar tätig. Er wird in seiner Wahlheimat bestattet werden. Durch seine immer wieder gepflegten Heimat-kontakte und -urlaube war vor allem in Näfels vielen Einwohnern bekannt. P. Othmar gehörte der Schönstatt-Gemeinschaft an und starb im 50. Jahr als Prie-ster.    

 

Pfarrer Hermann Fischli.

Geboren 22. November 1925 in Näfels (Riet), gestorben.

28. Mai 2000. 1951 Priesterweihe in Chur, 1952 Vikar in Arosa, 1953 Vikar in Küssnacht a, Rigi, 1970 Pfarrer in Tuggen, 1980 Pfarrer in Merlischachen, 1995 Immensee Sunnehof, Aushilfen. 

 

Pfarrer und Dekan Jacques Stäger

Geboren 31. Januar 1923 in Niederurnen, gestorben 14. September 2009 in Näfels.

1949 Priesterweihe in Chur, 1949 Vikar in Davos-Platz, 1956 Kaplan in Näfels, 1960  Pfarrer in Rheinau, 1970-91 Pfarrer in Näfels, 1991-94 Dekan Dekanat Glarus. Pfarresignat in Mühlehorn. 2004 Eintritt ins Altersheim Näfels.


Montag, 22. April 2024

 

Fridolin und Ursus auf der Lüftlmalerei in Laufenburg

Fridolin erweckt den Ursus aus dem Grab (Sarg) im Hintergrund verschwommen Säckingen (Fotos: Alex Grendelmeier, Aarbug)

 

 

Fridolin ruft Ursus aus dem Grab (Sarg)

Nach der Fridolin-Urso-Legende focht Landolf, der Bruder des Ursus, der dem Fridolin seine Ländereien als Erbe vermachte hatte, dieses vor Gericht an. Als die Richter von Fridolin einen Beweis oder Zeugen verlangten, holte Fridolin durch intensives Gebet den verstorbenen Ursus aus dem Grab und zog mit ihm nach Rankweil (Vorarlberg). Die Richter erschraken und Landolf, von Ursus zur Rede gestellt, soll sich derart geschämt haben, dass er Fridolin auch seinen Teil vermachte.

 

Hausfassade in Laufenburg mit der Fridolin-Urso-Legenden-Darstellung.

Alex Grendelmeier hat 2003 eine bebilderte Dokumentation herausgegeben, auf deren Titelseite das obige Bild dargestellt ist.

 

                                                   Alex Grendemeier

 

"Lüftlmalerei" 

 

unter Berücksichtigung der Stadt Laufenburg

 

2003

 

Er schreibt in seiner Einleitung:

 

 

..... "Die «Lüftlmaler» arbeiten in der Freskotechnik, d.h. die mineralischen Was-serfarben werden auf den frischen Putz aufgetragen und verbinden sich beim Trocknen zu einer wasserunlösilchen Farbschicht. Die Notwendigkeit zur raschen Arbeit an der frischen Luft hat auch zu Mutmassungen geführt, dass der Begriff «Lüftlmaleri» auf die Maltechnik zurück ginge.

 

Eher zutreffen dürfe jedoch die Erklärung, dass der Name in einem Zusammen-hang mit Franz Seraph Zwinck (1748-1793) steht, dem wohl berühmtesten seiner Zunft. Er lebte nämlich zeitweise in einem Haus «Zum Lüftl» in Oberammergau und wurde deshalb der «Lüftlmaler» genannt. Und aus diesem Namen für Zwinck entwickelte sich vermutlich im Laufe des 19. Jahrhunderts die Bezeichnung für den ganzen Berufszweig..."


Samstag, 20. April 2024

 

Trouvaille

 

Ein düsteres und ein heiteres Kapitel

Familiengeschichte mütterlicherseits

Ich bin ein Mischling. Mein Vater war eine waschechter und reinrassiger Glarner. Meine Mutter ist in den dreissiger Jahren mit anderen jungen Frauen in die Schweiz eingewandert (siehe unteres Bild). Sie war als Magd in unserer Familie tätig und fand trotz hohen Altersunterschiedes in meinem späteren Vater ihren Bräutigam.

Das obige Bild zeigt nur einen Teil der grosselterlichen Familie. Auf einem Urlaub in Zweiten Weltkrieg entstand dieses Erinnerungbild (nicht auf dem Bild sind die Töchter).

Sechs dieser jungen Männern mussten unter Hitler in den Krieg ziehen und vier sind nicht mehr zurückgekehrt. Von zweien ist die Todesmeldung und der Ort ihrer Bestattung bekannt, zwei sind verschollen.

Vordere Reihe: vlnr Jakob, Grossmutter Ottilie, Enkelkind Rudi, Grossvater Jo-hann, Peter oder Veit (verschollen)

Hintere Reihe: Peter oder Veit (sie waren Zwillinge) (verschollen), Franz (gefal-len), Hans, Ludwig (gefallen).

Erinnerungsfoto aus den dreissiger Jahren

Österreichische junge Frauen reisten in die Schweiz ein, um Arbeit zu suchen. Zwei Mütter begleiteten sie. Sie waren als Mägde, Haushaltshilfen oder Servier-töchter tätig. Die meisten fanden im Glarnerland einen Ehemann und blieben ihrer Lebtag hier.

Vlnr Maria Golznig, spätere Ehefrau des Jakob Lütschg, Mollis, meine Grossmut-ter Ottilie Holzer, meine spätere Mutter Maria Holzer, spätere Ehefrau des Fridolin Hauser, Gerbi, Mutter Daria Unterweger, unbekannt, Theresa, genannt Resi Unterweger, spätere Ehefrau des Ludwig Gallati, Schreinermeister Unterdorf, Augusta Holzer (meine Tante väterlichseits), spätere Ehefrau des Josef Landolt (mein Cousin), Isenberg, unbekannt. Im Hintergrund hält ein Witzbold einen Spaten auf. (Fotograf unbekannt)    

In der Folge erhielt ich diese Hochzeitsaufnahme von 1936. Hochzeit meiner Eltern Maria und Fridolin Hauser-Holzer in Altenmarkt (Weitensfeld), Kärnten,Österreich. Zwei weitere Näfelser auf dem Bild ganz rechts: August und Josef Landolt-Holzer, Isenberg, Näfels. Augusta war die Schwester meiner Mutter und meine Taufgotte.


Der Überraschungscoup der Fridli-Vorstände

 

 

Mittwoch, 10. April 2024

 

58 zogen zum 85. in die Fridolinsstadt

 

Ein Bildbericht zu meinem Geburtstag

 

(in eigener Sache)

 

Ich bin heute (9.4.2024) 31'048 Tage alt.

 

Von: Sonntag, 9. April 1939 bis und mit Dienstag, 9. April 2024

 

oder 85 Jahre, 1 Tag (inklusive Enddatum)

oder 1020 Monate, 1 Tag (inklusive Enddatum)

Mit anderen Worten...

31'048 Tage sind insgesamt

 

 

  • 2 682 547 200 Sekunden
  • 44 709 120 Minuten
  • 745 152 Stunden
  • 31 048 Tage
  • 4435 Wochen und 3 Tag

 

Basis:

 

Kaum ein Näfelser Bürger hatte einen so ungewöhnlichen Start ins Leben wie ich Fridolin Hauser alias Fridli Osterhazy.

Geboren am Jahrestag der Schlacht bei Näfels am 9. April 1939.

Wahrscheinlich auf dem Schlachtfeld oder in Schlachtfeldnähe in der Gerbi.

Mein Geburtshaus ist 58 Meter von 8. Gedenkstein (von 11 der Näfelser Fahrt)

in der Gerbi entfernt.

Vater Fridolin - waschechter Glarner, 

Mutter Maria als Österreicherin.

Symbolisch ein Versöhnungsgeschenk zwischen Glarus und Habsburg

Erst- und letztgeborener, (schwieriges) Einzelkind

Geburtszeit:

angeblich vor 8 Uhr morgens, angeblich beim Vorläuten auf den Gottesdienst

Ostersonntag (!) Familienübername "ds Hasä", Vater "Hasäfritz"

Dorfgelächter, das der Hasäfritz an Ostern sein Osterhäslein erhielt.

Daher lebenslang ein Pseudonym, das längst keines mehr ist "Fridli Osterhazy"

Als vierstündiges Knäblein auf der Strasse zur Taufe getragen, am gleichen Tag

wurde der Sohn meiner Taufgotte, Seppli Landolt (Isenberg), getauft

Taufpriester Kaplan Alois Fässler

Offenbar wurden die beiden Taufen zusammengelegt, weil wahrscheinlich das Taufmähli im Rössli etwas günstiger kam.

 

Mein Taufgötti: Franz Müller-Rast, Custos des Dorfschulhäuser (seine Mutter und

die Mutter meines Vaters waren Schwestern (Familienname Leu)

Meine Taufgotte: Augusta Landolt-Holzer, Schwester meiner Mutter

 

Infolge des offenbar kühlen Wetters soll ich am Tauftag eine Lungenentzündung bekommen haben.

Mein Leben rettete Dorfarzt Dr. Pasqual Müller (Praxis neben der Post), der wegen seines etwas harschen Arbeitsstils "Schtiäränimpfer" genannt wurde.

 

Während meines Lebens wurde mein Leben sechsmal gerettet

  1. Die Heilung der Lungenentzündung durch Dr. Pasqual Müller
  2. Der glückliche Ausgang eines vierzinkingen Schuhplättchens, das ich im Mund herumgetröhlt und versehentlich verschluckt haben soll, das gemäss Aussasagen meiner Mutter nach Anrufung meines Schutzengels aus der Speiseröhre wieder in den Mundraum zurückkehrte und von mir ausgespuckt werden konnte.
  3. Meine Rettung aus der Rauti durch Maria Leuzinger, später Hefti, die mich nach Hilferufen von meines Mit-Gerbibuben Franzli Schwitter zu Dr. Josef Gallati, Praxis im ersten Gerbihaus, trug. Die Narbe der verheilten Wunde ist auf meiner Stirn immer noch sichtbar.
  4. Die hilfreiche Begleitung und Rettung durch denselben Franz Schwitter, als vom Alpgmach ob dem Sulzboden an einem Föhntag wir meinten, der Weg zum Zindelgrat scheine so nahe und verlockend. Ich war wohl etwa ein Dritt- oder Viertklässler, Franz vermutlich bereits in der sechsten Primarklasse. Als wir eine gewisse Höhe erreicht hatten, stellten wir fest, dass der Abhang unter uns sehr steil war und die Reststrecke über uns noch steiler. Ein Ausrutscher oder Absturz wäre wahrscheinlich tödlich gewesen. Es gab nur eine Flucht nach oben hinauf auf den Grat. Ich war - ohne Morgenessen -  erschöpft. Nur dank der Instruktion von Franz, der mich veranlasste mich mit dem Bauch dicht am Gelände, an Grasbüscheln hochzuziehen. So erreichte ich mit letzter Kraft und zitternd den Grat. Dort soll ich erschöpft eingeschlafen sein. Plötzlich weckte mich ein Jauchzer. Franz hatte mittlerweile den Zindelspitz bestiegen und winkte mit einer Jacke oder Hirtenhemd und er stiess mehrere Jauchzer aus.
  5. Viele Jahre später musterte mich bei einer Begegnung eine Naturärztin und ermahnte mich, mit mir könne in den nächsten Tagen gesundheitlich etwas passieren. Sie bat mich eindringlich, falls so etwas eintreffen sollte, sie auch des Nachts telefonisch zu rufen. Ich lachte, mir passiere gewiss nichts. Zwei Tage später erwachte ich des Nachts, wollte aufstehen und fiel ohne Schmerzen zu verspüren flach hin. Die linke Körperseite war gefühllos. Ich schleppte mich so gut es ging in meine Büro und vermutete, es könne eine Streifung sein  oder "ein Schlegli" wie wir in Mundart sagen. Ich tippte einseitig danach und  mein Verdacht wurde durch googeln bestätigt. Dann wollte ich meine Kinder per Email informieren, ich hätte ein Problem müsse wohl am andern Morgen zum Arzt. Als ich mich kurz erheben wollte, ehe ich auf "senden" drückte, sackte wiederum zu Boden, schmerzlos. Dann entsann ich mich der naturärztlichen Mahnung und telefonierte - nach kurzen Zögern - wie mir eindringlich geraten worden war. Die Naturärztin war innert weniger Minuten da ,packte die nötigsten Sachen ein und fuhr mich ins Spital. Dort meinte am andern Morgen der Chefmediziner: "Sie haben Schwein gehabt!"- "Ein Glück, dass Sie sofort ins Spital gekommen sind."
  6. Die gleiche Naturärztin stellte fest, dass in fortgeschrittenen Masse an Corona erkrankt sei und kaum mehr ansprechbar gewesen sein soll. Sie veranlasste meine Kinder, sofort zu handeln. Ich wurde per Spitalauto abgeholt. In der Notaufnahme flüsterten die vorzüglich handelnden Personen besorgt: "Tja, daa isch glaubi ä nümmä viil z machä," Offensichtlich habe ich dies wahrgenommen und schien halbbeduselt zu protestieren "Das säi-p-mä doch nüüd!" Die beiden flüsterten sich weiter zu: "Alli, wo bis etz chuu sind und äsoo uus-gseh händ, sind gschtoorbä." Auch dies schien ich mitbekommen zu haben und wetterte: "Chunntr gaar nüd i Fraag, ich ha nuch aagfangäni Aarbet dähäimä": Die Leute von der Notaufnahme machten dann einen Super-Job, ebenso die Ärzte und das Pflegepersonal auf der Station. Es dauerte aber 20 Tage, bis man mich wieder entliess, unter der Bedingung noch mindestens vierzehn Tage im Altersheim (Ferienzimmer) zu verbringen. Meine Annahme besteht, dass ich das Drängen der Naturärztin und ohne die offenbar richtige Behandlung im Spital Glarus wahrscheinlich gestorben wäre.

Vor diesem Hintergrund fand ich, zum 85. Geburtstag müsse etwas Besonderes passieren, man weiss ja in diesem Alter nie, ob es der letzte ist.

 

Halbtagstripp in die Fridolins-Partnerstadt

Die am 9. April Geborenen des gleichnamigen Vereins, den wir 1988 gegründet hatten, und gleichzeitig die 39-er-Mäitli und Buäbä von damals sowie die Vorstän-de der Fridlibundes, den wir 1986 ins Leben gerufen haben, und zwar alle wenn möglich mit ihren Schätzen oder Lebensgefährtinnen oder -gefährten.

Das schlug ein. Ich musst eine ortsansässigen Carunternehmer wieder absagen, weil die Nachfrage grösser war als sein grösster Car Plätze hat. Mit Mühe fand ich ein entsprechendes Gefährt mit mehr Platz, kein leichtes Unterfangen, den Car-Unternehmungen haben ein reiches Angebot.

 

Drei Schwerpunkte am Hochrhein und Schwarzwäldertorten

  1. Spaziergang über die grösste gedeckte Holzbrücke in Europa von Stein nach
  2. Bad Säckingen, Spaziergang durch die Altstadt zum Münster.
  3. Kurzer Gedenkakt am Fuss der Fridolinsstatue im Münster für die verstorbenen 39-er (wird sind nur noch weniger als die Hälfte am Leben) und die verstorbenen Neuntapriller.
  4. Spaziergang zum Kursaal, vor dem eine über fünf Meter hohe künstlerisch gestaltete Stele die Geschichte von Säckingen, Fridolins und Friedrich Scheffels Werk darstellt. Referent Karl Braun, Kulturschaffender, Bad Säckingen.
  5. Gemütliches Beisammensein bei Kaffee und Kuchen im Café Melange. 

Leicht regnerisch statt Sonne

Wenn Engel reisen lacht der Himmel... der einzige Engel war der Chauffeur mit

Namen "Angelo." Er machten enen Super-Job.

Nicht der Saharastaub färbte noch am Morgen den Himmel gelb, nein das war aus aktuellem Anlass der Goldstaub vom Heiligenschein des Sant Fridli. Und deshalb war es nötig, dass der Himmel mit etwas Regen wieder gereinigt wurde. 

Vor dem Überschreiten der Brücke: 9. Apriller, 39-er, Fridlibund-Vorstände und liebe Freundinnen und Freunde. Die "Nichtläufigen" fuhren mit dem Car über die Europabrücke in die Fridolinsstadt.

Eindrucksvoll: die uralte Holzbrücke über den Rhein, früher für Autos geöffnet, heute Fussgängerzone. Es ist die grösste gedeckte Holzbrücke Europas.

Überraschung im Münster: nach Totenehrung und Kurzgebet tauchte als Spre-cher der Fridlibund-Vorstände, Ruedi Fridolin Jenny auf und überreichte meiner Wenigkeit eine wunderbar von einem Künstler gestaltete Statue des hl. Fridolin. Martin Mätzler, ehemaliger Pfarrer von Näfels und damaliger Fridli-Pfarrer seg-nete das kostbare Geschenk und den Empfänger am Fuss der Münster-Frido-linsstatue und just vor der vom Fridlibund 2020 nach Säckingen getragen Fridli-kerze (siehe Bildmitte).

BIld von links Martin Mätzler, meine Wenigkeit und Ruedi Fridolin Jenny.

 

Karl Braun, der Kulturschaffende in Bad Säckingen schlechthin, erklärt die Ge-schichte von Säckingen, Sant Fridlis und Viktor Scheffels an der künstlerischen über fünf Meter hohen Stele.

Prof. Dr. phil. I Beat Näf, Überraschungsgast, Organisator des Fridolin-Sympo-siums im September 2023, liesst am Ende Geburtstagsballone fliegen

Zwei weitere Überraschungsgäste: Bürgermeister Alexander Guhl überbrachte Grüsse und Geschenke der Behörden und die Trompeterin von Säckingen mit ihrem Auftritt des berühmten Trompetensolos.

Ein gefakter Trompeter von Näfels

vlnr: Winfried Ays, ehem. Stadtrat, Gründerpräsident des Freundeskreises Näfels/-Glarus Nord, engagierter Förderer der Partnerschaft; die Trompeterin von Säckingen Melanie Bächle, Aushängeschild und akustische Visitenkarte für Bad Säckingen; Fridolin Hauser, Mitbegründer der Partnerschaft anno 1988; Karl Braun, Kulturschaffender, ehem. Stadtrat, Tagesreferent und wandeln-des Lexi-kon in allen kulturellen säckingischen Belangen.

Gemütliches Beisammensein bei Kaffee und Torten im Café Melange

Freunde unter sich: von links, Geburtstagstäter mit der Läpsikappe des ehemaligen Präsi-denten und Ehrenpräsisdenten des Freundeskreises Näfels und langjährigen Freundes Winfried Ays (oben ohne), im Hintergrund sein Nachfolger Knut Nesselhauff. Rechts der Säckinger Weibel Horst Podin, genannt "Poldi".

Frau Silvia Beck, die Gemahlin von Werner Beck, Besitzer und Erbauer des Ar-kaden-Einkaufs-Centers, in dem sich auch das Café Melange befindet, taucht unerwartet mit einem bunten Geburtstagsstrauss auf. Die Becks haben als Sohn einen Christopher Fridolin.

Werner Beck mit Gemahlin Silvia und Sohn Christopher Fridolin. Sie sind Er-bauer und Besitzer des "grössten innerstädtischen Einkaufszentrums Süd-badens" und empfingen uns unerwartet mit kaum zu überbietender Gastfreund-schaft und Blumen.

In diesem grossräumigen Einkaufszentrum, den Beck Arkaden, befndet sich auch das Café Melange.

Bürgermeister und Freund von Näfels/Glarus-Nord  Alexander Guhl, o jeeminee, 85?, ich kann's kaum fassen, au weih, wenn ich mal 85 sein werde?

 

Das folgende Erinnerungsvideo schenkt uns allen Fridolin Zweifel, Vorstand Fridlibund

Mit von der Partie waren auch die Ehegattinnen der Gemeinderats-Vizepräsi-denten Margrith (Hans Tschudi-Landolt+) und Ruth (Jürg Hauser-Gisler+). Beide, Margrith und Ruth waren seit der Gründung der Partnerschaft 1988 regelmässig am "Fridlini" (Grosses Fridolinsfest immer am Sonntag nach dem 6.März, Fridlis-tag).

Margrith Tschudi-Landolt, umrahmt vn Pfarrer und Fridlipfarrer Martin Mätzler und Ehepaar Käthi und Ernst Landolt-Wiss, beim Schnabern von üppigen Süssigkeiten, sogar der Geistliche hält den Daumen hoch!

 

Nicht auf dem Bild, aber überraschend mit Pralinen aufgetaucht, ist auch Michael Gottstein, der hochtalentierte freie Journalist (der auch kompetent über die Näfel-ser Fahrt berichtete) und in diesem Jahr Gast des Fridlibundes an der "Fahrt" war.

Auch ein Mann der ersten Stunde der Partnerschaft der ehem. Stadtrat Ralph Schöneich.

Angeregte Gesprächsrunde: vlnr Bruno Twerenbold, der die Beziehung zwischen den Männerchören gefördert hat, Knut Nesselhauff, Präsident des Freundes-kreises, Melitta Huber, Frau der ersten Stunde und mit ihrem Mann Jürgen Stütze im Vorstand des Freundeskreises, Frau Dr. Adelheid Lang, Archivarin des Frido-linsmünsters, Bildmitte Margrit Twerenbold.

...und als Sahnehäufchen oben drauf: die zufällige Begegnung mit dem bekannten Euler-Bernasconi-Wissenschaftler Dr. Fritz Nagel, Basel, der übrigens mit stolz auf eine "Fridolins"-Krawatte hinwies, die er einmal von Freunden von deren Glarnerlandbesuch geschenkt erhalten hatte.

 

glarus 24.ch - brachte folgenden Text

85 Leute zum 85. Geburtstag in der Fridolinsstadt – Bad Säckinger Weltmeister in Gastfreundschaft

Am 9. April 2024 (Schlacht bei Näfels Datum 1388) reiste eine 85-köp-fige Gesellschaft des Vereins der Amneuntenaprilgeborenen, Näfelser Klassenjahrgänierinnen und -jahrgänger 1939, der Vorstand des Frid-libundes des Kantons Glarus in globo und Freunde nach Bad Säckin-gen.


 

Nach dem Spaziergang von Stein über die längste gedeckte Holzbrücke in Euro-pa nach Bad Säckingen, ein Kurzbesuch im Fridolinsmünster zu einem Toten-gedenken und nach einem Geschichtsreferat von Karl Braun, Kulturschaffender, bei der grossen künstlerischen Stele beim Kursaal, gabs Riesentorten im Café Melange.

Die muntere Gesellschaft wurde völlig überrascht wegen der seit 1988 be-tehenden Städtepartnerschaft Näfels/Glarus Nord-Bad Säckingen. Plötzlich tauchten die Vorstände des «Freundeskreis Näfels» mit Blumen und Geschenken auf. Es kamen dazu: Bürgermeister Alexander Guhl, der Starjournalist Michael Gott-tein, die Trompeterin von Säckingen mit Soloauftritt, die Architekten-familie Beck, die die Arkaden erbaut hat und besitzt und gar Dr. Fritz Nagel, Euler-Forscher aus Basel. Die Fridlenen verblüfften mit einer wunderbaren, im Südtirol geschnitzten Figur des Sant Fridli.

 

Die Ausflügler erlebten unerwartet eine überwältigende Gastfreundschaft und Sympathie der Säckinger Freunde.

Nachsatz: Bin ich ein Legastheniker? Nein!

Wahrscheinlich wieder einmal als Jufli habe ich 85 und 58 verkehrt ge-chriebedn, 58 zum 85. wäre richtig gewesen. Ich bitte um Nachsicht. das s ein 85-jähriger. der mit 58 Leuten auf der Reise war mit 85 Teilnehmen etwas gar hoch angegeben hat. Mein Fehler. glarus242 trifft keine Schuld, sorry. Immerhin die Quersumme von 58 und 85 gibt 13... Unglückszahl?-

Das hat man davon wenn man - auf gut Glarnerdeutsch - "schtrüttet"*!

Wäre ich ein Legatheniker hiesse es "uaf Glarnerduetsch"...


Donnerstag, 4. April 2024

 

Die Fahrtsrede 2024

 

von

 

Landammann und Ständerat Benjamin Mühlemann

 

 

Der bitteren Realität mit Zuversicht begegnen

 

Hochgeachteter Herr Landesstatthalter

Hochvertraute, liebe Mitlandleute

 

Jedes Jahr – ausser es grassiert eine Pandemie – versammeln wir uns am Waldrand im Schneisigen und gedenken unserer Vorfahren. Jenen, die vor bald 640 Jahren genau hier den Grundstein gelegt haben für Demokratie, für Freiheit und für Wohlstand. Es ist stets ein erhabener und feierlicher Moment, wenn wir auf dem offenen Feld und direkt am Ort der Geschehnisse von 1388 gemeinsam den andächtigen Klängen der Blasmusik lauschen können. So wie heute wieder.

 

Feierlich ist es insbesondere deshalb, weil wir die Errungenschaften von damals nach wie vor geniessen dürfen. Das ist keine Selbstverständlichkeit – nein, es ist ein Privileg! Und der Rückblick oder die Besinnung auf die Hingabe und das Vermächtnis unserer Vorfahren soll uns Ansporn sein, die Herausforderungen der Gegenwart ebenso entschlossen anzupacken.

 

Wir sind zusammengekommen, um denjenigen Glarnern und Eidgenossen unse-ren Respekt zu zollen, die sich am 9. April 1388 in eklatanter Unterzahl dem feindlichen habsburgischen Heer entgegenstellten – die im garstigen Schnee-treiben für Frieden und für Unabhängigkeit kämpften.

 

Laut Chronik bestand die feindliche Übermacht aus rund 600 Mann zu Pferd und 6000 Mann zu Fuss. Demgegenüber standen auf Glarner Seite zunächst nur etwa 200 Mann bereit. Und erst als es schon Matthäi am Letzten war, wuchs die Truppe auf 600 bis 700 Freiheitskämpfer. Ein paar Hundert tapfere Krieger, denen dank Mut, Entschlossenheit und einer findigen Strategie der Sieg gegen die zehnfache Übermacht gelang.

 

Wenn auch mit herben Verlusten: 55 Menschen der Glarner Truppe verloren ihr Leben. Sie opferten es in der schieren Hoffnung auf eine freiheitliche und fried-liche Zukunft.

 

In den darauffolgenden Jahren und Jahrhunderten wurden sie erfüllt, die da-maligen Hoffnungen. Und zumindest für uns in der Schweiz ist ein Leben in Frieden und Freiheit gefühlt nach wie vor Realität. Deshalb spreche ich von einem Privileg, wenn ich hier durch die Reihen schaue und über unsere prächtige Bergkulisse blicke.

 

Ich kann das einigermassen entspannt tun, während gar nicht sehr weit entfernt von uns der blanke Schrecken regiert, und sich Ähnliches abspielt, wie vor gut 630 Jahren hier auf dem Feld: barbarische Angriffe, abscheuliche Übergriffe, erbittertes Ringen um Leben und Tod. Was für ein Kontrast!

 

Der seit Jahrzehnten schwelende Konflikt in Israel ist nach dem Terrorangriff der Hamas anfangs Oktober des letzten Jahres auf brutalste Art und Weise eskaliert. Die Sicherheitslage im Nahen Osten ist seither so instabil wie schon lange nicht mehr. Und wir wagen uns nicht auszudenken, was noch geschieht, sollten die Kämpfe eskalieren und sich weitere Parteien bemüssigt fühlen, in den Konflikt einzusteigen.

 

Auch in der Ukraine scheint das Schlimmste erst noch bevorzustehen. Nur ge-rade drei Flugstunden von hier tobt dieser grausame Krieg nun schon seit mehr als zwei Jahren. Täglich sterben Männer und Frauen – wie unsere Vorfahren verurteilt dazu, ihr Leben für Frieden und Unabhängigkeit zu opfern. Ob sich der Widerstand bis zum Ende behaupten kann, ist mehr als fraglich. Der russische Präsident und Kriegstreiber Wladimir Putin spricht offener denn je von einer Er-oberung der gesamten Ukraine. Der Aggressor sieht sich auf der Siegerstrasse.

 

Man muss es unverblümt sagen: Die Welt um uns herum ist innert kürzester Zeit eine andere geworden. Die beiden Kriege, die weltweit aktuell am meisten Auf-merksamkeit auf sich ziehen, finden unmittelbar vor unserer Haustür statt. Wir sind hier im idyllischen Bergtal, in der beschaulichen Schweiz, längst keine Insel der Glückseligkeit mehr, die sich weit entfernt von den grossen Konflikten mit sich selbst beschäftigen kann. Im Gegenteil: Das über Jahrzehnte als besonders fried-lich geltende Europa ist im Brennpunkt. Kaum jemand hätte vor zweieinhalb Jahren gedacht, dass Kriege um die Vorherrschaft in Europa wieder möglich sein würden. Dass autoritäre Regimes plötzlich auf dem Vormarsch sind. Und dass scheinbar überwundene Vorurteile wie der Antisemitismus erneut auftauchen. Die Realität ist in Tat und Wahrheit leider eine bittere, und unsere Privilegien – Demo-kratie, Freiheit und Wohlstand – sind in Gefahr.

 

Die entscheidende Frage ist, wie wir dem Unheil begegnen. Oder besser gesagt, was wir ihm entgegnen. Tatenlos hinnehmen ist jedenfalls keine Option. Und so kann die Antwort doch nur lauten, dass wir der Bedrohung als Gemeinschaft widerstehen.

 

Indem die europäischen Demokratien noch näher zusammenrücken, ihre Kräfte weit stärker bündeln und den Gegner viel entschlossener in die Schranken wei-sen. Die Schweiz ist Teil dieser Gemeinschaft, und es darf nicht sein, dass sie abseits steht und für den Fall der Fälle genügsam auf die Schützenhilfe anderer zählt. Wir müssen unseren Beitrag leisten, unsere Sicherheitspolitik neu denken und vor allem auch unsere Verteidigungsfähigkeit so schnell wie möglich verbes-sern. Das erfordert nicht nur rasch mehr Investitionen in die Stärkung der Armee, sondern auch eine engere Kooperation mit dem Nordatlantischen Verteidigungs-bündnis, der Nato. Setzen wir jetzt die richtigen Prioritäten!

 

Hochvertraute, liebe Mitlandleute.

Sicherheit und Stabilität sind genau wie Wohlstand und Freiheit ein riesiges Pri-vileg. Angesichts der Kriege und Krisen, mit denen wir unmittelbar konfrontiert sind, wird einem das erst richtig bewusst. Natürlich ist es nichts als menschlich, wenn man auf die düsteren Nachrichten mit Angst, Wut oder Zynismus reagiert. Es ist jedoch falsch, ja gar kontraproduktiv, sich auch noch der Hoffnung berau-ben zu lassen. Denn immerhin hat genau sie uns so weit gebracht, dass wir heu-te in einem der reichsten Länder der Welt leben dürfen; dass wir eine Lebens-qualität haben, um die man uns im Ausland bewundert, vielleicht sogar beneidet.

 

All dies zu erreichen erforderte harte Arbeit der Generationen vor uns und braucht die Entschlossenheit von uns selbst. Die Erfolgsfaktoren sind bekannt: Die hohe Arbeitsmoral etwa, die hierzulande herrscht. Die unternehmerische Denkart, die Innovationen vorantreibt. Der liberale Rechtsrahmen, der Freiräume, einen flexiblen Arbeitsmarkt und Wettbewerb zulässt. Oder das konsequente Pflegen und Weiterentwickeln unseres politischen Systems.

 

Wenn die Bürgerinnen und Bürger mitreden und mitgestalten können, dann stiftet dies Identität – und zusammen mit dem Föderalismus bringt es politische Stabilität.

 

Der entscheidende Treiber für unseren Erfolg dürfte unsere enge Vernetzung mit der Welt sein. Als Glarnerinnen und Glarner mit unserer Geschichte sind wir dies-bezüglich freilich sensibilisiert, dank des Wirtschaftswunders, das dieser Kanton während der Hochblüte der Textilindustrie erlebt hat. Unsere Offenheit hat uns zu Prosperität verholfen. Und ohne sie stünden wir heute mit Sicherheit nicht da, wo wir eben stehen. Selbstverständlich ist unser Land bis jetzt immer am besten ge-fahren dank Unabhängigkeit. Aber nur, weil wir die Unabhängigkeit nie mit Ab-schottung verwechselt haben.

 

Ich erachte es als unsere Bürgerpflicht, diese Tugenden mehr denn je zu leben und trotz der düsteren Aussichten zuversichtlich zu bleiben. Das heisst mit-nichten, dass ich die aktuelle Weltlage schönreden will. Vielmehr möchte ich uns alle motivieren, es den Kämpfern von 1388 ideell gleichzutun. Sie hatten extrem schwierige Umstände. Aber sie hatten eine Siegermentalität. Sie strotzten vor Zuversicht. Und sie handelten vorbildlich.

 

Sie alle, die heute an der Fahrtsfeier teilnehmen, demonstrieren mit Ihrer Anwe-senheit, dass Ihnen unsere schweizerischen Werte wichtig sind. Dass wir uns auch in einer trostlosen Situation nicht hilflos und ohnmächtig zeigen, sondern uns mit aller Kraft für unsere Freiheiten einsetzen. Unser heutiges Zusammen-kommen ist ein starkes Zeichen für das Miteinander und für den Frieden. Unsere Zuversicht reicht bestimmt nicht aus, um die Welt besser zu machen. Aber ohne Zuversicht wird sie es garantiert nicht.

 

In diesem Sinne bitte ich für Land und Volk von Glarus um den Machtschutz Gottes.


Fahrtspredigt 2024

 

«Die Schlachterei muss ein Ende haben»

 

von Ralph Kunz *

 

Geschätzte Mitglieder der Regierung,

sehr verehrte Damen und Herren,

liebe Fahrtsgemeinde.

 

Es ist eine besondere Ehre für mich, heute hier zu stehen. Und für Sie ist es ein Risiko. Ich komme aus Zürich. Kann das gut gehen?

 

Wir Zürcher haben keine Fahrt, wir haben das Sechseläuten. Ein paar historisch verkleidete Reiter galoppieren um ein Feuer – und alle warten, dass es dem Böögg den Grind verjagt. Immer im Kreis und immer mit demselben Marsch.

 

Falls Sie Angst haben, meine Predigt drehe im Kreis und ich blase Ihnen den Marsch, bis ein Grind explodiert, kann ich Sie beruhigen: Die Näfelser Fahrt schlägt das Sechseläuten um Längen. Wir haben ein heidnisches Frühlingsritual mit Cervelat, Sie haben echte Helden, eine Schlacht, einen Heiligen und eine Predigt.

 

Der Anlass zur Fahrt ist aber alles andere als friedlich. Könnten wir in einer Zeitmaschine zurückfliegen, würden wir die Angst riechen, den Schweiss und das Blut. Am 9. April 1388 war ein nebliger und kalter Kriegstag! Es schneite. Die Österreicher rückten gegen die Glarner vor – insgesamt 6500 Soldaten gegen 400 Glarner, die mit ein paar Dutzend Schwyzern und Urnern als Verstärkung die Schlacht erwarteten.

 

Die Feinde stürmten die Letzi und begannen ihr grausiges Werk. Sie plünderten, marodierten, brandschatzten und zerstörten. Vielleicht fühlten sie sich im Recht? Aber es war schlicht Gier und Gewalt, die das Söldnerheer antrieb. Für sie, die überlegene Macht, war vorauszusehen, wie die ungleiche Schlacht ausgehen würde.

 

Aber es kam anders. Nebel und Schneetreiben haben geholfen, taktisches Ge-schick gewonnen, Fridolin gebetet und Gott ein Urteil gesprochen. Die Feinde wurden erschlagen oder sind ertrunken. 55 Glarner und Eidgenossen sind ge-fallen – ihre Namen haben wir gehört.

 

Darum sind wir heute hier – um ihrer zu gedenken. So will es die Tradition. Aber – einem Unterländer werden Sie die Frage verzeihen – warum um Gottes Willen braucht ein beinahe 700-jähriges Provinzscharmützel eine Gedächtnisfeier? Weshalb ausgerechnet diese Schlacht? Welchen tieferen Sinn hat die Fahrt?

 

Ich musste mir diese Frage stellen und habe eine Antwort gefunden. Es haben die Richtigen gewonnen. Gott sei Dank! Sonst wären wir Österreicher. Was für eine Tragödie – nicht nur für den Skisport. Aber jetzt im Ernst. Wer weiss, wie es weitergegangen wäre, wenn damals die Stärkeren gewonnen hätten?

 

Das unerwartete Kriegsglück in Näfels und Sempach waren historisch betrachtet Kleinstkriege – aber es waren wichtige Etappen auf dem Weg zur Eidgenossen-schaft.

Es hat etwas von David gegen Goliath. Darin liegt die Würde der Fahrt. Mehr noch: ihre Schönheit. Dass die Namen der Helden, derer wir gedenken, die Namen einfacher Menschen waren, die sich ihrer Haut gewehrt haben. Kein Fürst und kein Vogt, kein König oder General bekommt die Ehre, die diese Bauern und Bürger bekommen. Leute wie wir, deren Existenz wir schon längst vergessen hätten, wenn es die Fahrt nicht gäbe.

 

Das hat etwas Tröstliches und wäre ganz sicher damals ein grosser Trost für die trauernden Geschwister, Ehefrauen und Eltern der Gefallenen gewesen, hätten sie in einer Zeitmaschine zu uns reisen und uns zu hören können:

 

Ihr Opfer war nicht umsonst. Aber – Sie werden es dem Prediger verzeihen, er kann nicht anders – da ist auch etwas Bitteres. Wie viele Abertausende Schlachten wurden geschlagen und am Ende haben doch die Österreicher ge-wonnen? Das war im 14. Jahrhundert nicht anders als heute. Ein paar Flugstun-den von hier toben blutige Schlachten. Wir brauchen keine Zeitmaschinen, um im Geist dort zu sein. Wir können es online mitverfolgen. Und wollen hoffen, dass das Ganze nicht vollends aus dem Ruder läuft. Darum bekommt der Prediger eine Viertelstunde der kostbaren Festzeit – nicht nur für das dankbare Gedenken, sondern auch für den verwegenen Gedanken, dass es einmal ein Ende haben muss mit der Schlachterei.

 

Diese Hoffnung haben wir bitter nötig. Darum steigen wir noch einmal in die Zeitmaschine und reisen zurück zum Gedächtnis, das die Kirche hütet. Denn von der Fahrt des Glaubens ist die Rede, von einem Namen, der für diesen Neu-anfang steht. Jesus Christus. Von Ihm heisst es im Glaubensbekenntnis, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgefahren in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; sitzt er zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten. Warum sollen wir diesen Na-men ehren? Den Namen eines galiläischen Wanderpredigers aus dem antiken Palästina? Einem Schreinersohn aus dem Hinterland? Warum sollen wir an seinen Höllenritt und an seine Himmelfahrt denken?

 

Weil er ein Fantast war. Weil er ein Gerücht verbreitet hat. Dass Gott uns zur Liebe geschaffen hat und nicht zum Hass. Dass wir nicht zur Hölle fahren. Dass wir vom Bösen erlöst werden.

 

Auf die Erlösung zu hoffen, liebe Fahrtsgemeinde, ist wahrhaftig fantastisch. Denn wir wissen nur zu gut: Wir müssen dem Bösen wehren und uns notfalls verteidigen. Und doch braucht es die Aussicht auf ein Ende, die Hoffnung, dass nach der Auffahrt eine Wiederkunft kommt. Denn nicht nur der Krieg, auch das Gebet ist eine Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Möge Gott Euch lieben Glarnern noch manche Fahrt bescheren – bis er wiederkommt. Wären wir am Sechseläuten, würde jetzt der Bööggengrind explodieren. Wir sind an der Fahrt und sagen lieber – sein Reich komme, sein Wille geschehe im Himmel wie auf Erden. Amen.

 

* Ralph Kunz ist Professor für Praktische Theologie an der Universität Zürich. Es gilt das gesprochene Wort.