Montag, 2. Oktober 2023

 

Gepflegter Volksgarten Glarus

Ein Spaziergang durch den Volksgarten lohnt sich allemal, waren es in meiner Kind die Volieren mit den vielen exotischen Vögeln, so sind es heute eine ganze Reihe von Erinnerungsstücken und Andenken.

Herbststimmung im Volksgarten Glarus. Fontäne, Glarnerhof und Wiggis und Rauti. Ein Spaziergang lohnt sich allemal, meist sind Bänkchen frei für eine kurze Rast.

Soldatendenkmal (Stelle) für die Gefallenen Glarner im Zweiten Weltkrieg

Der verdienstvolle Stadtpräsident und Arzt, der Toiletten in der Eisenbahn beantragte und das Kapuzinerkloster in Näfels wieder abschaffen wollte. Er war in den schweren Zeiten des Brandes von Glarus im Amte.

Gedenkstein an die grossen Glarner Persönlichkeiten Johann Jakob Blumer und Dr. Joachim Heer.

Eine ganze Tafelreihe ist Glarner Pionierinnen gewidmet. U. a. auch für Hildegard Feld-mann, die als Krankenschwester und Missionarin in Kolumbien erschossen wurde.

Super Idee Bücherschrank zum Büchertauschen

 

Den Büchertausch gibt es in Glarus bereits seit fünf Jahren. Bücherboxen standen jeweils ab März bis Oktober bei Wind und Wetter draussen.

Initiiert wurde dieses Projekt «Büchertausch» von einer Gruppe junger Glarnern, die auch für den Unterhalt und das Sortiment zuständig waren.

Dieses Angebot ist von Anfang an gut in der Bevölkerung aufgenommen worden und wurde Jahr für Jahr rege genutzt. Ein offener Bücherschrank in einem wetterfesten Metallgewand im Volksgarten wurde nun von der Gemeinde Glarus zur Verfügung gestellt.

 

Das Sortiment in der Bücherbox ist nie gleich. Der Büchertausch funktioniert nach dem Prinzip «Nimm eins, bring eins». Willkommen sind saubere, unbeschädigte Bücher: Romane, Krimis, Kinder- und Bilderbücher.

Nicht erwünscht sind Zeitschriften, Kochbücher sowie in die Jahre gekommene Unterhaltungsliteratur oder Bücher, die nicht mehr in gutem Zustand sind.

 

Bis auf die notwendige Pflege der Bestände durch ehrenamtliche Personen erfolgt der Büchertausch selbstregulierend.

Er ist sozial, nachhaltig und zukunftsweisend, solange es gedruckte Bücher gibt. Das Sortiment in der Bücherbox ist nie gleich, zum mindesten

Blick lohnt sich immer.

 

Ich habe heute darin "geschneuggt" und bin begeistert von dieser Idee. Allerdings braucht man Musse und Zeit, um im Bücherangebot zu stöbern. Gewiss werde ich neuwertige Bücher, die einmal gelesen nur auf meinem Regal stehen, dorthin bringen. Herzliche Gratulationen den ideenreichen Glarnerinnen und Glarnern.

 

Idylle und Ruhezone in der kleinsten Hauptstadt der Schweiz. Es ist ein Kraftort, den man ungefragt aufsuchen darf. Musse, Erholung und Relaxing und Anregung sind kostenlos.

Glarus hat eine kostbare Zelle der Ruh unweit des Bahnhofs, des Kunsthauses und doch mitten im Verkehr. Wissen die Glarnerinnen und Glarner, was sie für ein Juwel haben?


 

Bericht vom Fridolins-Symposium

von Michael Gottstein, Bad Säckingen

Badische Zeitung

Der heilige Fridolin hat viele Facetten: Er war Missionar und Migrant, Kloster-gründer in Säckingen, Fremder und zugleich Stifter einer neuen Identität. Ein ganztägiges Symposion am Freitag beleuchtete den Heiligen aus Sicht der Wissenschaft und der Kultur. Die Leitung hatte Geschichtsprofessor Beat Näf von der Universität Zürich.

 

"Ob Fridolin wirklich aus Irland kam oder aus Poitiers, ist nicht gänzlich geklärt", sagte der gastgebende Dekan Peter Berg bei der Begrüßung. Jedenfalls habe er auf seinem Weg über die Schweiz an den Hochrhein den christlichen Glauben in das Gebiet der Alemannen gebracht. Die meisten Kenntnisse über den Heiligen verdankt die Nachwelt der Vita Sancti Fridolini, die der Mönch Balther von Säckingen (der 970 Bischof von Speyer wurde) auf Geheiss der Äbtissin verfasst hatte. Darin vermischen sich Fakten und Legenden, so dass eine sorgfältige Quellenkritik unerlässlich ist; 2008 hatte in Bad Säckingen bereits ein Symposion zu der von Mechthild Pörnbacher übersetzten Fridolins-Biographie stattgefunden.

 

Beat Näf stellte neuere Blickwinkel der Forschung vor: Etwa, dass Balthers Darstellung der Wanderschaft Fridolins durch die theologische Vorstellung von der heiligen Peregrinatio (Wanderschaft, Pilgern) in Anlehnung an das Schicksal des Volkes Israel in Ägypten beeinflusst worden war.

Die neue Lesart berücksichtigt stärker die historischen und zeitgenössischen Konflikte, auf die in der Biographie hingewiesen wird. Fridolin begann seine Missionsreise nach der Völkerwanderung, die zum Zusammenbruch der antiken Welt beigetragen hatte, so dass die Aussage erlaubt ist, die iroschottischen Wandermönche hätten die europäische Zivilisation gerettet.

 

Balther verweist aber auch auf die zu seinen Lebzeiten aktuellen Konflikte, be-sonders die Einfälle der heidnischen Ungarn, und sieht in Fridolin einen Garanten für den Fortbestand des christlichen Glaubens. Da die sich neu formierenden Herrschaftsgebiete fragil waren, gründete Fridolin sein Kloster auf einer Insel, um sich den Konfliktzonen zu entziehen. Die Klostergründung durch den "Migranten" Fridolin erwies sich als Erfolgsmodell in religiöser wie in wirtschaftlicher Hinsicht.

 

Neben einer nicht mehr existierenden älteren Fridolins-Biographie standen Bal-ther vor allem die Gebeine des Heiligen als historische Quelle zur Verfügung. Über deren wechselvolle Geschichte referierte die Münsterarchivarin Adelheid Lang. Der Sarkophag war einst in die Wände der Krypta eingelassen. Diese stammt nicht, wie einst erhofft, aus karolingischer Zeit, sondern erst aus dem 11. Jahrhundert. Doch die Ornamente auf dem Sarkophag deuten auf die Zeit der Merowinger, also einen Zeitraum vom fünften bis zum achten Jahrhundert – dies passt zur Fridolinslegende. In den folgenden Jahrhunderten wurden die Gebeine mehrfach umgebettet, und eine Reliquie wurde nach Glarus abgegeben.

 

Um 1360 versetzte man die Gebeine in einen hölzernen Sarg, und 1661 wurde ein neuer Holzschrein mit gläsernen Wänden in Auftrag gegeben, der sich heute in St. Johann in Laufenburg (Schweiz) befindet. Ursprünglich präsentierte man die Reliquien auf einer barocken Samtpyramide, doch nach einer Restaurierung im Jahre 1941 legte man sie in eine luftdichte Kassette.

 

"Die rechteckige Kassette und die lächerliche Blechkrone passen nicht zum Rokoko-Schrein", so Adelheid Lang. Schöner wäre es, die Pyramide wieder im Schrein aufzustellen. Sie enthält einen Hohlraum, in dem man die Gebeine sicher verwahren könnte.

 

Die weiteren Referenten beim Symposion

Fridolin Stähli hielt einen Vortrag über Namensgebung und Migrationsschicksale, Sandhya Hasswani und Gabrielle Alioth stellten ihre Romane vor, Sebastian Grüninger referierte über Fridolin und die Ostschweiz, Christian Maise und Eveline Klein über die Erkenntnisse der Archäologie und die Darstellung der Insel in Bildzeugnissen. Mechthild Pörnbacher stellte das Thema "Wanderschaft und Gottverlangen" in der Fridolinsvita vor, und Annalena Müller sprach über Frauen-klöster im Mittelalter.

 

Dieser Text ist der Badener Zeitung von heute 23.9.2023 entnommen.


Freitag, 22. September 2023

 

Bis 1995 war das Glarnerland im Besitz des

Klosters Säckingen

 

von

 

Michael Goldstein

 

 

Vom 22. bis 24. September werden in Bad Säckingen die fünf Städtepartner-schaften gefeiert. In einer Serie stellt die Badische Zeitung die fünf Partnerstädte vor: Näfels ist seit 2011 Teilort der Gemeinde Glarus Nord in der Schweiz.

 

BAD SÄCKINGEN/GLARUS NORD

Der heilige Fridolin verbindet Bad Säckingen mit dem Glarnerland. Die Part-nerschaft mit Näfels, jetzt Glarus Nord, besteht seit 35 Jahren.

 

Wer von Zürich aus Richtung Südosten reist, kann erleben, wie sich die idyllische Seenlandschaft in ein immer enger werdendes Tal verwandelt. Umgeben von majestätischen Bergen liegt die ehemalige Gemeinde Näfels, die 2011 zusam-men mit sieben anderen Dörfern zu Glarus Nord fusionierte. Die 1988 begrün-dete Partnerschaft zwischen Bad Säckingen und Näfels ging dann auf die Ge-samtgemeinde über. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass es sich beim Glarnerland um eine entlegene und ärmliche Region gehandelt haben muss, in die die Errungenschaften moderner Zivilisation verspätet Einzug gehalten hätten.

 

Aber das stimmt so nicht: Im Mittelalter war der Ort begehrt, denn die deutschen Könige waren an dem Alpenpass interessiert, da sie zur Kaiserkrönung nach Rom wollten. Das Glarnerland war einst im Besitz des Klosters Säckingen, doch Ende des 14. Jahrhunderts lösten sich die Eidgenossen vom Einfluss der Habsburger. Am 9. April 1388 erran-gen die Glarner den Sieg über das Habsburger Heer, und seither feiern sie die „Näfelser Fahrt“, bei der freilich weniger der militärische Erfolg, sondern eher das ehrende Andenken an die Toten im Mittel-punkt steht.

 

1395 kauften sich die Glarner vom Säckinger Damenstift los, aber sie entrichteten bis zur Auflösung des Klosters im Zuge der Säkularisierung auf freiwilliger Basis eine jährliche Abgabe. „Dass man auf diese Weise die Verbundenheit im Glauben, jenseits der politischen Differenzen, de-monstriert, ist eine einmalige Angelegenheit“, so Bad Säckingens ehemaliger Bürgermeister Günther Nufer. Und der heilige Fridolin blieb auch nach der Reformation im Wappen des Kantons Glarus. Angesichts dieser historisch-religiösen Verbindun-gen war sich Fridolin Hauser, der von 1986 bis 1994 Gemeindepräsident von Näfels war, sofort darüber im Klaren, dass nur Bad Säckingen als deutsche Partnerstadt in Frage käme – und natürlich stiess er dort auf offene Ohren.

 

Es begann ein reger Austausch: Regelmäßig nimmt der Freundeskreis Näfels an der Näfelser Fahrt teil, und zum Fridolinsfest erscheint zuver-lässig eine Delegation aus dem Kanton Glarus. Auch jenseits dieser Feierlichkeiten lohnt ein Besuch in Näfels und Umgebung. Zu den be-deutendsten Sehenswürdigkeiten zählen etwa die dem heiligen Hilarius (Fridolins Vorbild) geweihte katholische Kirche mit einer schönen Roko-ko-Ausstattung und der von 1642 bis 1647 errichtete Freulerpalast, der als das bedeutendste profane Bauwerk des Früh-barocks in der Schweiz gilt. Besonders bemerkenswert sind die Sala terrena und der Festsaal mit seiner Kassettendecke, und auch in sozialgeschichtlicher Hin-sicht ist der Palast interessant.

 

Der Soziologe Gunnar Heinssohn hatte als Ursache für den Militarismus einer Gesellschaft den Überschuss an unterbeschäftigten und somit „funktionslosen“ jungen Männern ausgemacht. Die Eidgenossen entle-igten sich des Problems, indem sich die Söhne des einst armen Landes als Söldner in fremden Diensten verdingten. So Kaspar Freuler, der Karriere im französischen Militär machte und nach der Rückkehr in seine Heimatgemeinde den Palast errichtete. Der Palast befindet sich mittlerweile im Eigentum einer Stiftung und beherbergt das Museum des Kantons Glarus, in dem unter anderem die Geschichte der bedeutenden Textilindustrie dargestellt wird. Das klare Gebirgswasser und die Wasserkraft lies-sen eine blühende Industrie entstehen, und das scheinbar entlegene Glarnerland galt im 19. Jahrhundert gar als der am stärksten industrialisierte Kanton der Schweiz.

 

Die Fusionsgemeinde Glarus Nord hat rund 19.000 Einwohner.

Der Freundeskreis Näfels wurde 1997 gegründet und pflegt die Partnerschaft.

 

Der Vorsitzende ist Knut Nesselhauf. Weitere Infos unter www.freundeskreis-näfels.de


Freitag, 15. September 2023

Ausführliche Geschichte der Engelweihe

 

Für Wallfahrer aus vielen Teilen Europas ist heute noch die Bedeutung des Klo-sters Einsiedeln mit der Tradition der Engelweihe verbunden, dem Weihefest der Gnadenkapelle am 14. September.

Zum Weihefest strömten während Jahrhunderten unzählige Pilger nach Einsie-deln, um unermessliche Gnade zu erlangen, wie eine spätmittelalterliche Quelle propagierte. Die Bezeichnung Engelweihe will besagen, dass die am Ort der Zelle des Eremiten und Märtyrers Meinrad errichtete Kapelle auf wunderbare Weise vom Himmel (Engel/Christus) geweiht worden sei.

 

Der Aufstieg Einsiedelns zu einem grossen europäischen Wallfahrtsort mit aus-serordentlicher päpstlicher Privilegierung erfolgte in einem komplexen, oft schwer durchschaubaren Prozess während mehreren Jahrhunderten, bis die Reforma-tionszeit eine deutliche Zäsur setzte.

Ich unterteile meine Darstellung in vier Abschnitte:

 

1.    Eine gefälschte neue Klostertradition

2.    Die Fälschung einer Fälschung

3.    Der Streit um die gefälschte Gnade

4.    Feier und Krise der unermesslichen Gnade

 

1. Eine gefälschte neue Klostertradition

 

Das Kloster Einsiedeln entstand an dem Ort, wo 861 der Eremit Meinrad, Mönch der Abtei Reichenau, getötet wurde. Gegründet wurde es 934 vom ehemaligen Strassburger Dompropst Eberhard mit massgebender Unterstützung des schwäbischen Herzogspaares. Schon im ersten Jahrhundert seiner Existenz trat es dank hervorragender Äbte mit einer bemerkenswerten Ausstrahlung hervor. Kaiser Otto I. verlieh dem neuen Kloster die Immunität und das Recht der freien Abtswahl. Einsiedeln betonte von seiner Gründung an eine akzentuierte monasti-sche Weltentsagung, wie schon die geographische Lage deutlich macht. Dem neuen Kloster war das gleiche klösterliche Reformbewusstsein wie berühmten Reformzentren (z.B. Gorze) eigen. Es profitierte von den Beziehungen zu den weltlichen und kirchlichen Mächtigen in Schwaben und wurde zeitweilig begün-stigt vom grossen Interesse der Ottonen am Süden des Reiches. Solange diese Bezüge bestanden, blühte Einsiedeln. Als aber im 11. Jahrhundert das Herzog-tum, die Kloster-reform im Reich und auch das Königtum an Kraft einbüssten, ging Einsiedelns Bedeutung zurück und es sank zu einem nur noch lokal veran-kerten Kloster ab. Offensichtlich hinderte die Anhänglichkeit an ältere Bezie-hungsweisen von Kirche und Welt den Konvent von Ein-siedeln, sich der neuen militanten Kirchenpolitik der gregorianischen Reformklöster anzuschliessen. Der Verlust an mächtigen Schutzbezie-hungen brachte allerdings die Gefahr mit sich, in Interessenkonflikten zu einem macht- und schutzlosen Akteur zu werden. Auffällig ist jegliches Fehlen von päpstlicher Privilegierung und Besitzbestätigung bis zum Ende des 13. Jahrhunderts.

 

Für diese Frühzeit der Klostergeschichte lässt sich keine Spur der Engelweihtradition nachweisen. In den aus ottonischer Zeit stammen-den Annales Heremi II ist für 948 nur ganz knapp die Kirchweihe verzeichnet. Dies änderte sich um die Mitte des 12. Jahrhunderts. Im ehemaligen Einsiedler Exemplar der Chronik (nicht in Einsiedeln herge-stellt; jetzt in Karlsruhe) des Reichenauer Mönches Hermannus Con-tractus (von da in die schon erwähnten Annales Heremi II übertragen) finden sich von der gleichen Hand um die Mitte des 12. Jahrhunderts (1143?) mehrere Notizen, die einerseits eine Ultrakurzfassung der Meinradsvita und der Frühgeschichte des Klosters (zum Jahr 861; 863 in den Annalen), und andererseits die völlig neue Tradition einer himm-lischen Weihe einer Marienkapelle (zu den Jahren 948 und 964) ent-halten.

 

Ich möchte nur kurz auf zwei wichtige Details in den Quellen hinweisen: a. dass die Meinradsvita aus der Perspektive der Reichenau gesehen ist und nicht aus derjenigen Einsiedelns;

b. dass zwar eine Marienkapelle genannt wird, aber die Salvatorkapelle gemeint ist. Die Klosterkirche war von Anfang an eine Marienkirche.

 

Der Eintrag für das Jahr 964 verweist auf eine päpstliche Bestätigungs-urkunde der Engelweihe. Es ist in der Tat eine Bulle Leo VIII. kopial überrliefert, die jedoch eindeutig als eine Fälschung des 12. Jahrhun-derts entlarvt wurde. Der Text ist in zwei Transsumpten von 1382, aus-gestellt vom Bischof von Konstanz, erhalten. Die gefälschte Papstur-kunde gehört zu einer Serie von Fälschungen, die auf der Reichenau entstanden sind. Mit dieser Urkunde für Einsiedeln bestätigt der Papst einen angeblichen Bericht des Bischofs Konrad von Konstanz. Dieser wollte am Fest der Kreuzerhöhung die Kapelle weihen und erfuhr in der Nacht davor in einer Vision, dass die Kapelle schon von Engeln geweiht worden war. Die in der Fälschung erwähnten Zeugennamen stammen aus der Chronik Hermanns (und sind in die Annales Heremi II übertra-gen worden).

 

Aus der Gesamtsicht der vorhandenen Quellen ergibt sich somit, dass um die Mitte des 12. Jahrhunderts in einer konzertierten Aktion die Früh-geschichte des Klosters mit neuen Akzenten versehen wurde (Integrie-rung Meinrads; Engelweihe der Kapelle).

 

Die Provenienz des Motivs der himmlischen Weihe ist ungeklärt. Eben-so schwierig ist es, die Gründe für diese substantielle Veränderung und Ausarbeitung der Klostergeschichte zu eruieren. Viel hängt vom Urbe-stand der gefälschten Bulle ab. Verdächtig ist die Bestimmung, die sich eindeutig gegen die bischöflichen Weihebefugnisse richtet. Doch weiss man über allfällige Konflikte des Klosters mit dem Bischof nichts. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass die Einschränkung der bischöf-lichen Weihebefugnis erst später in die Fälschung eingetragen wurde. Dagegen stand das Kloster in einem heftigen Streit mit dem Klostervogt, der sich in die Abtswahl von 1142 einmischte, so dass König Konrad III. eingreifen musste. Der neugewählte Abt flüchtete nach Konstanz zum König und wurde am Palmsonntag im Kloster Reichenau geweiht. Zu-gleich stand das Kloster in Auseinandersetzung mit den Talbewohnern von Schwyz um den Besitz und die Nutzung von Alpungen in der Um-gebung des Klosters. 1143 stellte König Konrad zugunsten des Klosters eine Bestätigungsurkunde für den umstrittenen Besitz aus. Es ist denk-bar, dass das Kloster mit der Neudeutung seiner Geschichte versuchte, sich als von Gott besonders geheiligt darzustellen und dank dieser Aura die Gegner zum Respekt zu zwingen.

 

Es gibt für die nächsten eineinhalb Jahrhunderte keine Hinweise für die Verwendung der falschen Urkunde. Erst zu Beginn des 14. Jahrhun-derts wurde die Ausarbeitung der geistlichen Legende in einer für das Kloster schwierigen Phase intensiviert.

 

2. Die Fälschung einer Fälschung

 

Die als Transsumpt tradierte Papsturkunde enthält einen leicht erkenn-baren Zusatz hinsichtlich einer Ablassgewährung, der sicher nicht aus dem 12. Jahrhundert stammt. Der Fälscher dieser Fälschung war so un-geschickt, dass er die Erlangung des vollkommenen Ablasses von a culpa et a poena nicht nach Brauch der römischen Kurie auf den Be-such des Kirchweihfestes beschränkte, sondern sie ganz allgemein formulierte. Dies hat bei der Propagierung des Ablasses im 15. Jahrhun-dert zu Zweifel und zu Fälschungsvorwurf geführt, wie wir sehen wer-den. Wir können vermuten, dass die Interpolation mit der Ablassbestim-mung um 1300 erfolgte. In einem Lobgedicht auf die von Engeln ge-weihte Kapelle, entstanden wahrscheinlich kurz vor 1320, wird die nun doppelt gefälschte Papsturkunde mit Einschluss des Vollablasses so deutlich paraphrasiert, dass ihre Existenz und Kenntnis vorauszusetzen sind. Das Auftauchen der alten Fälschung mit erweitertem Inhalt führt uns in grössere, schwer durchschaubare Zusammenhänge hinein, die wiederum auf Bemühungen der Selbstvergewisserung des Klosters hin-sichtlich seiner Geschichte und seines Besitzes hinweisen.

 

Es war die schlimmste Phase des Marchenstreites mit dem Überfall und der Plünderung des Klosters durch die Schwyzer im Jahr 1314. Im Zeit-raum zwischen 1300/30 wurde im Kloster eine umfangreiche Sammlung von Überlieferungen zu seiner Geschichte (Annalen, Äbtekatalog, Tradi-tionsnotizen, Anniversarienbuch) zusammengestellt, welche 1577 ver-brannte. Dieser „Liber de incrementis loci Heremitarum“ hat mit Sicher-heit zusätzlich zur Papsturkunde eine neu geschaffene Legende ent-halten: die Engelweihlegende. Darin wird die von der Engelweihbulle geschilderte Geschichte phantasievoll weiterentwickelt, indem nun Chri-stus in Gegenwart seiner Mutter deren Kapelle mithilfe seines Hofstaa-tes weihte. Die Kronzeugenstellung des hl. Bischofs Konrad von Kon-stanz ist in der Engelweihlegende mit dem Verweis auf die fingierte Quelle noch stärker als in der Engelweihbulle akzentuiert.

 

Es ist denkbar, dass mit dieser Legende auch der Patroziniumswechsel der Kapelle vom Salvator zu Maria ratifiziert wurde. Die liturgischen Codices weisen auf jeden Fall den Patroziniumswechsel der heiligen Kapelle für das 14. Jahrhundert nach. Die in der Mitte des 12. Jahr-hunderts entstandene Fiktion eines aussergewöhnlichen Heiligtums wurde jetzt verstärkt und die Attraktivität des gefälschten Ablasses dürf-te das Aufblühen der Wallfahrt ermöglicht haben. Es ist zu beachten, dass zwar die heilige Kapelle der Grund für die Ablassverleihung und der Wallfahrt war, dass aber die in der Kapelle aufgestellte Madonnen-statue die Kapelle zu einer Marienkapelle und so die Wallfahrt zu einer Marienwallfahrt machte. Ausgeprägt ist dies seit dem 15. Jahrhundert der Fall. In der Verehrung der Pilger nahm die Statue den Charakter eines Gnadenbildes an und wurde zum Zentrum der Wallfahrt.

 

3. Der Streit um die gefälschte Gnade

 

Es kann vermutet werden, dass das Aufblühen der Wallfahrt durch Propaganda gefördert wurde. Als früher Beweis für die schon weite At-traktivität des Wallfahrtsortes Einsiedeln gelten die Abschriften der En-gelweihbulle und der Engelweihlegende im Anniversarienbuch der Pfarr-kirche in Bern. Die Dokumente werden traditionellerweise in die Mitte des 14. Jahrhunderts datiert. Diese Datierung ist allerdings nicht gesi-chert und darf (zumindest vorläufig noch) nicht als Beweis herange-zogen werden. Dagegen besitzen wir von 1378 die vollständige Einsied-ler Propaganda in der lateinischen Chronik Georgs von Gengenbach, bestehend aus (populär überarbeiteter) Meinradslegende, Engelweih-bulle und Engelweihlegende. Diese Chronik verbindet die Meinradszelle mit der Marienkapelle. Über die Verbreitung der Schrift wissen wir nichts. Erst aus dem 15. Jahrhundert ist davon eine deutsche Fassung bekannt.

 

Der entscheidende Schritt an die Öffentlichkeit erfolgte am Weihnachts-tag 1382. Abt Peter II. liess vom Bischof von Konstanz, einem seiner Vorgänger, die gefälschte Papsturkunde vidimieren. Ganz auffällig wird dabei der Ablass betont, während die Einschränkung der Weihebefugnis der Konstanzer Bischöfe offenbar kein Problem war. Der Verdacht liegt auf der Hand, dass in günstiger Konstellation ein frommes Komplott zu-gunsten der Wallfahrt nach Einsiedeln geschmiedet wurde.

 

In der Öffentlichkeit scheinen Zweifel an der Echtheit des Ablasses zir-kuliert zu haben, ohne dass wir jedoch Genaueres darüber wissen. Die entscheidende Auseinandersetzung begann erst im Jahr 1432.

 

Der Grund dafür war die mangelnde Rechtsgrundlage der in Einsiedeln praktizierten Beichtpraxis, die sich nur auf Gewohnheit stützte. Warum der Streit gerade zu diesem Zeitpunkt ausbrach, ist unklar. Beteiligte Instanzen waren der Abt von Einsiedeln, der Bischof von Konstanz, das Konzil von Basel, die Eidgenossen und der Papst.

 

In einem komplexen Kräftespiel konnte sich der Abt von Einsiedeln, unterstützt von den Eidgenossen, mit Hilfe des Papstes gegen den Bi-schof von Konstanz und das Konzil von Basel durchsetzen. Der Bischof kritisierte die weitgehenden Beichtvollmachten auch bei bischöflichen Reservatsfällen, welche seine Jurisdiktionsvollmacht und den Pfarr-zwang durchlöcherten. Das aufstrebende religiöse Zentrum Einsiedeln bedrohte das alte Bistumszentrum Konstanz. Das bedeutete auch Ein-kommensverluste.

 

Das Konzil von Basel scheint bei der Kritik noch weiter gegangen zu sein und befasste sich mit den Grundlagen der Einsiedler Privilegien. Vergeblich forderte es die Vorlage der Papsturkunde. Aufgrund sorg-fältiger Quellenkritik hat das Konzil nach einer späteren Mitteilung des Kardinals Nicolaus Cusanus die Papsturkunde für gefälscht und die Ein-siedler Privilegierung für ungültig erklärt. Der Konzilsentscheid hatte aber wegen der fehlenden Autorität des Konzils keine Konsequenzen. Papst Eugen IV. hingegen bestätigte 1433 die Einsiedler Privilegien.

 

Doch nur drei Monate nach dieser Bestätigung ordnete er eine einge-hende Untersuchung vor Ort über die Rechtmässigkeit der Privilegie-rung an. Es war nämlich Verdacht aufgekommen, weil das Kloster nur das Transsumpt der Bulle Leo VIII. vorlegte und behauptete, das Origi-nal sei verbrannt. Ausgerechnet die wichtigste Urkunde der Klosterge-schichte soll somit verloren gegangen sein! Der Verdacht ist nahe lie-gend, dass die Fälschung bewusst vernichtet wurde, weil sie zu einfach zu entlarven war. Durch die Amtsniederlegung des Konstanzer Bischofs (1434) scheint die Untersuchung versandet zu sein, jedenfalls gibt es darüber keine Akten mehr. Das Basler Konzil verlängerte trotzdem zweimal die Vollmachten der Beichtväter zugunsten der Pilger.

 

Eine für die Zukunft folgenreiche Entscheidung erfolgte 1452. Papst Nikolaus IV. bestätigte nicht nur die Privilegienverleihung von 1433, son-dern exemtierte das Kloster für fünfzehn Jahre aus dem Konstanzer Bistumsverband. Damit wurde die religiöse Sonderstellung des Wall-fahrtsortes auch noch jurisdiktionell abgesichert.

 

Die definitive Sicherung der errungenen Stellung erreichte das Kloster mit erheblichen Anstrengungen zwischen 1463 und 1466. Papst Pius II. bestätigte mit Bezugnahme auf die Engelweihe die Privilegien Einsie-delns auf ewige Zeiten und verlängerte auch die Exemtion aus dem Bi-stumsverband für weitere fünfzehn Jahre (1463 und 1464). Dabei haben die gemeinsamen politischen Interessen des Papstes und der Eidge-nossen, welche sich schon auf dem Konzil von Basel für Einsiedeln eingesetzt hatten, eine günstige Wirkung gehabt. Schwieriger waren die nachfolgenden Verhandlungen mit dem Bischof von Konstanz. Dieser anerkannte alle die Wallfahrt fördernden Absolutionsvollmachten für die Beichtväter und verlangte als Ausgleich für seine Einbussen bei den Reservatsfällen den Verzicht auf die Exemtion aus dem Bistum. Der Abt akzeptierte diesen Kompromiss, obwohl das Kloster nun damit wieder nach Konstanz abgabepflichtig wurde. Damit war der Weg frei zu einer intensiven Propagandainitiative.

 

Die Erlangung des vollkommenen Ablasses für die Engelweihe von 1466 wurde stark hervorgehoben. Sie war somit die erste echte und gleichzeitig die glanzvollste Engelweihfeier in der vorreformatorischen Epoche. Die Anstrengungen wären allerdings beinahe überflüssig ge-worden, weil am 21. April 1465 die heilige Kapelle und die Klosterkirche durch einen Brand schwer beschädigt wurden. Der bischöfliche Experte glaubte aber noch so viel Mauersubstanz gefunden zu haben, dass sie immer noch als die himmlisch geweihte Kapelle gelten konnte, deren Existenz die Wallfahrt mit ihren Privilegien garantierte.

 

4. Feier und Krise der unermesslichen Gnade

 

Die Bestätigung der mit einer Fälschung erworbenen römischen Gnade sanktionierte somit die seit Mitte des 14. Jahrhunderts immer stärker ge-wordene Stellung Einsiedelns als grossen Wallfahrtsort und ermöglichte damit während eines halbes Jahrhunderts eine ausserordentliche Blütezeit bis zu Beginn der Reformationswirren in der Eidgenossen-schaft. Das Kloster profitierte seit dem 15. Jahrhundert von der politi-schen Unterstützung der Eidgenossen. Diese hatten am Wallfahrtsort, der immer stärker ihr Landesheiligtum wurde, grösstes Interesse.

 

Höchst interessant ist die Tatsache, dass das Kloster selbst ein hoch-adeliges Stift war, aber von den Eidgenossen – den berüchtigten Adels-vertreibern par exellence – trotzdem als Prestigeobjekt innerhalb ihres Landes betrachtet wurde.

 

Im 15. Jahrhundert wurde die Engelweihe nicht mehr alljährlich gefeiert, sondern nur dann, wenn der 14. September auf einen Sonntag fiel. Die Feier dauerte zwei Wochen. Die politischen Umstände erlaubten 1466 für die Zeit der Engelweihfeiern erstmals Sicherheitsgarantien der eid-genössischen Orte für die Pilger. Diese Garantien wurden regelmässig erneuert. Dank der jetzt gesicherten Rechtslage, den Sicherheitsga-rantien für die Pilger und der intensiven Propaganda war es nicht erstaunlich, dass die Engelweihe von 1466 zum Höhepunkt der vor-reformatorischen Zeit wurde. Eine Konstanzer Chronik berichtet von der Anwesenheit von 130’000 Pilgern; für den Kirchweihetag allein ist von 80’000 Pilgern die Rede. Vierhundert Priester hörten die Beichte der Pilger, welche die Bedingung für die Gewinnung des Ablasses war, der noch während eines ganzen Jahres gewonnen werden konnte. Es brauchte beträchtliche Anstrengungen für eine reibungslose Organisa-tion. So musste etwa die Schifffahrt auf Seen und Flüssen für die Pilger nach Einsiedeln reglementiert werden und in Einsiedeln selbst wurde die Ordnung mit grossem Personalaufwand sichergestellt.

 

Die Bedeutung der Engelweihe von 1466 wird durch die Herstellung von Pilgerandenken unterstrichen. Es sind der Kupferstich in dreifacher Aus-führung und das eher volkstümliche, reich illustrierte Blockbuch (Xylo-graph). Das Blockbuch enthält das ganze „Engelweihdossier“ (Mein-radsleben, Engelweihbulle, Engelweihlegende).

 

Der Wallfahrtsbetrieb kann mangels Quellen kaum rekonstruiert werden. Die Pilger begehrten die heilige Kapelle zu besuchen, die Beichte abzu-legen und die Sakramente zu empfangen. Eine eigentümliche Vereh-rung genoss das Handzeichen des Heilandes, fünf Eindrücke im Tür-sturz. Die Pilger konnten sich in eine Bruderschaft einschreiben.

 

Geographisch rekrutierten sich die Pilgerscharen im Wesentlichen aus der Eidgenossenschaft, den deutschsprachigen Gebieten des Reiches, aus Südskandinavien. Schon seit dem 14. Jahrhundert kamen auch Ein-zelpilger aus dem preussischen Ordensland und den Niederlanden nach Einsiedeln. Im Spätmittelalter war Einsiedeln eine wichtige Station auf dem Weg nach Santiago de Compostela. Ein wichtiges Spezificum der Marienfrömmigkeit stellten die ordentlichen und ausserordentlichen Standeswallfahrten dar, das sind die von der Obrigkeit angeordneten und organisierten Pilgergänge von Kantonen und Städten.

 

Die Mönche hatten an der Wallfahrt keinen Anteil, da das Kloster seit dem 15. Jahrhundert maximal noch fünf Mönche zählte. Am Schluss (1526) war es keiner mehr. Alle Aufgaben waren an den Leutpriester und an Kapläne delegiert. Bei speziellen Gelegenheiten halfen viele Weltpriester aus. 1512 gelang es erneut, vom Papst die Exemtion aus dem Bistumsverband zu erhalten, nachdem es immer wieder Auseinan-dersetzungen mit dem Bischof gegeben hatte.

 

Die Engelweihe von 1522 markierte das Ende der vorreformatorischen Wallfahrtsepoche. Es kamen viel weniger Pilger als zuvor nach Einsie-deln. Huldrych Zwingli und seine Freunde prägten das Geschehen durch ihre reformatorischen Predigten, die scharfe Kritik am bisherigen Wallfahrtsbetrieb enthielten. Die Pilger beklagten dagegen die schlechte Sakramentenverwaltung der Priester und reagierten mit grosser Verun-sicherung.

 

Der Neuaufschwung des Klosters nach 1600, die Formierung des nach-tridentinischen Katholizismus in der katholisch gebliebenen Zentral-schweiz und der barocke Neubau (erste Hälfte des 18. Jahrhunderts) ermöglichten eine neue glanzvolle Wallfahrtsepoche mit pompösen En-gelweihfeiern. Doch das ist eine andere Geschichte.

 

Pater Dr. Gregor Jäggi OSB

 

 

Entnommen der Homepage des Klosters Einsiedeln


Dienstag, 12. September 2023

 

175 Jahre Bundesstaat und Bundesverfassung

 

Glarus im Spiegel der Geschichte

 

Ein vorzüglicher Anlass des Regierungsrates im Landratssaal Glarus

 

Vollbesetzt. Informativ. Spitzenreferate!

Apéro im Foyer

 

Es sprachen

 

Landammann Benjamin Mühlemann

Dr. Rolf Kamm, Präsident des Historischen Vereins des Kantons Glarus

Dr. Alfonso Hophan

 

Die Referate wären es wert inkl. Bildinfo als Broschüre

zu erscheinen.


Montag, 14. August 2023

 

Vor siebzig Jahren

 

Als die Rauti über die Ufer trat

 

Links das Dorfschulhaus, rechts der Kindergarten, in der Mitte das Haus Bäckerei Märchy, links Teil der Kartonagefabrik von Fritz Müller-Felber,  alles war überschwemmt. Der Schaden gross. (Foto: Georges Müller)

 

Als die Rauti in Näfels über die Ufer trat

 

von

 

Georges Müller

 

Vor gut 70 Jahren, am 26. Juni 1953, überschwemmte die Rauti das Unter-dorf in Näfels. Georg Müller, dessen Vater damals im Wydenhof einen Kar-tonagenbetrieb führte, erinnert sich an die Katastrophe.

 

 

Während Tagen hingen die Wolken grau und schwarz über dem Glar-nerland, die Bäche schwollen an, das Wasser floss durch die Linth zum Walensee. Es war ein Ereignis für uns zwölfjährige Buben an diesem freien Nachmittag, die Linth zu erkunden, wie die schäumenden Wellen knapp bei der Dammkrone vorbeiflossen und Baumstämme in die Eisen-brücke donnerten.

 

Noch spannender sei die Rüfi in Mollis, hiess es, die fülle das Aus-gleichsbecken mit Steinen und bald überschwemme sie die Strasse bei Iten-Transport. Nun, so spektakulär war es doch nicht und wir machten uns auf den Heimweg.

 

Der Mühlebach floss grau und mächtig durch Näfels. Da sahen wir be-reits von Weitem, dass beim Freulerpalast die Dorfstrasse zu einem Bach geworden war, der Dorfbach floss wieder so wie vor 1936.

 

Ein Feuerwehrmann hielt uns auf und verbot uns, die Strasse beim Schulhaus zu queren. Doch wir Knaben kannten ja jede Gasse und wir gelangten zum Schulhaus. Dort auf dem Platz stand der Lieferwagen meines Vaters, etwas erhöht neben der Treppe, gerettet aus dem See, der sich von dort aus ausbreitete.

 

Ein meterhoher Geröllhaufen

Was nun? Flugs nach Hause, aber auch da wieder ein Feuerwehrmann, der direkte Weg war gesperrt, überall Wasser. Nun also die Schmied-strasse hinauf und die Gerbi hinunter bis zu den letzten Häusern. Vom Hirzenplatz her kam ein tosender Bach herunter, die Rauti floss unge-hindert vom Bühl zum Wydenhof, bereits hatte sich ein meterhoher Ge-röllhaufen gebildet, sodass vom Brunnen nur noch der Brunnenstock ein wenig aus dem Schutt ragte.

 

Aber nach Hause musste ich. Durch die Gerbigärten zum Zaun im Wy-denhof war kein Problem, das Übersteigen des Zaunes auch nicht, aber an die Baugrube für ein neues Lagerhaus hatte ich nicht gedacht, die vor wenigen Tagen ausgehoben worden war. Mit dem Schirm konnte ich mich halten und wieder aus dem Wasser hinaufziehen. So blieb noch der Weg über die Dächer, den kannten wir, wussten genau, welcher Kännel hält und welche Dachrinne unser Gewicht erträgt. Doch heute war alles nass und schlüpfrig, vorsichtig erstiegen wir das Ziegeldach, um auf der anderen Seite in die Wohnung zu gelangen.

 

Welch ein Bild! Um den Esszimmertisch waren die Arbeiterinnen beim Kerzenlicht versammelt und wollten nur nach Hause. Wir waren auf einer Insel. Urs und ich erkundeten nun den Wasserstand, dazu holten wir die Autoschläuche hervor und gondelten durch die Werkstatt. Ein Vergnügen für uns Knaben.

 

Per Wagen und per Floss

Die Emma wollte nach Hause, wagte aber nicht, die Treppen hinunterzu-steigen, das Wasser stand 70 Zentimeter hoch. Also warten und über-legen. Vater war im Einsatz und auch wir zeigten Einsatz und holten den alten Brückenwagen, schoben ihn in den Hauseingang bis zur Treppe, setzten einen Stuhl darauf und die Emma. So zogen wir sie durch den Hof über die Hauptstrasse bis in die Kirchstrasse, die nicht über-schwemmt war.

 

Zurück im Wydenhof sahen wir das alte Lagertor schwimmen. Das gibt doch ein richtiges Floss. Wir zogen es zum fliessenden Bach vor den Schuhladen Fischli und setzten uns drauf. Eine kleine abenteuerliche Fahrt begann die Hauptstrasse hinunter bis ins Unterdorf.

 

Für die Erwachsenen war es sicher eine lange trübe Nacht. Am Morgen stand das Wasser nur noch 20 Zentimeter im Hausgang und die Feuer-wehrmänner hantierten mit der Wasserpumpe, bis nur noch zäher Schlamm übrig blieb.

 

Jetzt begann das Aufräumen. Da mein Zimmer ebenerdig war, wurde meine Märklineisenbahn so verdreckt, dass sie nicht mehr zu gebrau-chen war. Auch die Schulhefte erlitten das gleiche Schicksal, das mich aber weniger betrübte, denn die Schule gab frei.

 

Die Werkstatt zeigte ein Bild der Verwüstung, lehmige, rostige Ma-schinen, aufgequollener Karton, rissige Böden und der Schutt war wie-der in der Baugrube. Beim Grossvater in der Papeterie und Kolonial-warenhandlung ein ähnliches Bild, das Fass mit Petrol hat sich selb-stständig gemacht und all die feinen Kastanien, Rosinen, Schokoladen und Bonbons ungeniessbar. Probiert haben wir trotzdem.

 

Verursacher werden nicht belangt

Die Katastrophen-Neugierigen besuchten nun den Hof ganz unver-schämt, bis mein Vater durchgriff und die Leute verjagte. Geholfen ha-ben diese nicht, geholfen hat dann die Harmoniemusik, die mit Schaufel und Karetten den Aushub wegführte, und geholfen haben Vaters Be-rufskollegen, denn während zwei Monaten stand die Werkstatt still. Zu-erst wurde der nasse oder feuchte Karton entsorgt, dann kamen die Handwerker und die Monteure, um die Produktionsmaschinen wieder zum Laufen zu bringen.

 

Versichert war man nicht gross, sodass alles knapp wurde. Doch so kurz nach der entbehrungsreichen Zeit des Zweiten Weltkriegs stellte man kaum grosse Fragen. Man kam über die Runden und die Nachbar-schaftshilfe funktionierte.

 

Der eigentliche Verursacher der Überschwemmung war der Ausbruch der Festung Niederberg, der nur mit einer ungenügenden Betonmauer geschützt war. Sie brach an diesem Tag weg, sie widerstand den zor-nigen Wassern der Rauti nicht und das Rutliwasser donnerte mit grosser Kraft aus den Felsen auf die Steine, die mit grossem Getöse den Rauti-bach hinuntergeschwemmt wurden und an der engsten Stelle, der Brü-cke im Bühl, den Bachlauf verstopften.

 

Das Unterdorf wurde überschwemmt, bis die Feuerwehr den Damm bei den Rautiwiesen sprengte und das Wasser nun den direkten Weg über die Felder nehmen konnte.

 

Schicksalsergeben nahmen die Betroffenen das Unglück als Naturereig-nis wahr. Die Verantwortlichen des Festungsbaus wurden nicht belangt, das Reduit war noch ein Heiligtum und an dem durfte nicht gerüttelt werden.

 

aus: Glarner Nachrichten / Südostschweiz Glarus Nr. 186, 11. August 2023, Seite 7


Mittwoch, 9. August 2023

 

Elm eröffnet den Chilbi-Reigen im Glarnerland

 

Nächsten Sonntag, 13. August 2023, ist die Elm Chilbi angesagt. Trotz früherer Versuche eine Glarner Einheitskilbi für den ganzen Kanton anzustreben und trotz Gemeindefusionen, überlebten bisher die Chilbenen. Ein Grund, eine alte, kleine Abhandlung über "Chilbenen" hervorzukramen.

"Chilibi" - Farbstiftzeichnung ca. 1953 bei P. Gerardin Bernet in der Klosterschule.

 

Gemeindefusionen – sterben die Chilbenen?

oder

Brauch zwischen Kirchenfest und Volkskultur

 

Anno 1713 wollte Pfarrer Johann Jacob Schmoll in der deutschen Land-gemeinde Berstadt  „seinen Schäfchen das Saufen austreiben“, indem er nicht zum ersten Mal die Kirchweih verbot. Er müsse „das fürstliche Edict wegen gäntzlicher A-schaffung der Kirchweih nochmals publizieren“. 

 

Die Chilbi war bei uns neben den „Näfelser Fahrt“ gefeierte Volkskultur,  in mei-nen Kindertagen am „Chilbisunntig“, am „Chilbimäändig“ und sogar am „Chilbi-ziischtig“, ein Modus, der heute noch in Einsiedeln mit Warenmarkt und grosser Budenstadt gilt. Freilich gehörte noch alles zusammen: die Kirchweihe mit Fest-gottesdienst und Orchestermesse, die Vesper um halb zwei Uhr mit Gräberbe-such, an dem auch auswärtige Glarnerinnen und Glarner teilnahmen und der Chilbirummel auf dem Chilbiplätzen mit „Riitschuäl“ („Glarner Helleri“), Schiessbuden, Schifflischaukel, Riesenrad und vielen Ständen der Marktfahrer.

 

Das Gastgewerbe erwirtschafte an der  „Fahrt“ und „Chilbi“ den Jahreszins. Inserate warben für „Tanz“ und „reelle Weine“. Gerne wollte Jung und Alt das Tanz-bein schwingen. Die Regel waren „Räuschige“, die man  in der Dunkelheit nach Hause torkeln sah.

 

Ausgelassenheit, Trinken, Schlägereien und Geldverschwendung waren wohl die Ursachen für Regierungsmandate, die zur Mässigung aufriefen oder gar Verbote aussprachen. In der Reformationszeit sah man beispielsweise in Bern in den „Chilbenen“ „ein reformations widrig Ding“. Im katholischen Kanton Solothurn  hatte man nichts gegen das Volksfest in den Dörfern. Dennoch beschloss der Regierungsrat 1876 als „Chilbitag“ im ganzen Kanton einheitlich den  zweiten Augustsonntag. Damit wollte sie das „Chilbilaufen“, das heisst, den Besuch an vielen Chilbenen, in der Umgebung verhindern. (Im Glarnerland verspottete man, wer an fast allen Chilbenen auftauchte, als „Chilbisämi“.) 

 

Lustig machten es die Bucheggberger, die zwar ab 1530 reformiert und in kirchlichen Aspekten berntreu waren, aber trotzdem ihre „Dorfchilbi“ beibehielten. 

 

Im 17. Jahrhundert berichtete der dortige Pfarrer nach Bern, „dass gar vil sünden an diesem ort in schwank gehen, die wider Gottes Wort und die wahre selig-machende religion laufen, welche doch zu Solothurn entweder nit für sünden gehalten oder doch nit als Sünden gestrafft werden, als da sind fluchen, schweren, fressen, saufen, spilen, tanzen und namentlich die kilbinen...“ Dennoch waren „Chilbenen“ kaum auszurotten.

 

Sie waren Volksgut, im Glarnerland keine Konfessionsfrage, unterhaltsam, erlebnisreich und verwandelten mit dem Tingeltangel der „Chilbiorgeln“ der „Riitschuäl“ oder „Schifflischaukel“ und dem Gedränge bei den „Ständen“ mit „Magenbrot- und Türkisch Honig-Düften“ das Dorf für drei Tage in eine Welt der Lust und Freude. Für die „Gofen“ winkte ein „Chilbirappen“ mit der Mahnung „aber nüd nu blööd vrtedlä!“.

 

Am Chilbisonntag durfte das Türlidüü der „Chilbiorgeln“ erst beginnen, wenn die Vesper beendet und die Kirchenglocken verstummt waren. Später nach dem Zwei-Uhr-Schlag der hellen Schulhausglocke.

Der „Chilbimäändig“ war Gemeindefeiertag, auch die Schulkinder hatten frei und kauften sich einen „Chilbichraam“, tummelten auf der „Füüfert-ritschgä“ wie man die „Riitschuäl“ nannte und die im Volksmund "Helleri" hiess,  junge Burschen schaukelten um die Wette, wer zuerst mit dem Schiffli das Segeltuchdach erreiche.

 

Am „Chilbiziischtig“-Nachmittag waren nur noch letzte Belustigungen für Kinder, die man mit zwischendurch angesetztem „Friilauf“ motivierte, weil ihnen allmählich die „Rappen“ ausgingen. Das alles war gestern oder vorgestern. Der „Chilbirummel“ hat sich gewandelt, die Budenstadt ist modern geworden und lockt mit haarsträubenden Bahnen, die wildes Kreischen auslösen, stampfenden und dröhnenden Klangkulissen und mit  einer Orgie von Lichteffekten ein heterogenes, junges Publikum herbei. In den meisten Dörfern ist der schulfreie Kilbimontag abgeschafft, der Beginn der Kilbi auf den Samstag vorverlegt, sie und endet am Kilbisonntagabend.

 

Dabei ist die „Chilbi“ ursprünglich das Erinnerungsfest an die Kircheneinweihung nach dem Bau der eigenen Dorfkirche. Der Tag der einstigen Einweihung oder viel häufiger der Gedenktag des Kirchenpatrons ist zum „Chilbifäller“ erklärt wor-den, auf dessen Datum am jeweils folgen-den Sonntag die „Chilbi“ stattfand. Damit war die „Chilbi“ individualisiert. Jedes Dorf hat seine „Chilbi“ und den eigenen „Chilbitermin“.

 

Für den Hauptort Glarus ist der 15. August, der „Augschthäiligtaag“ oder „Maria Himmelfahrt“, der „Fäller“ vermeintlicher Chilbiauftakt im Kanton. Aber die Elmer haben mit dem einstigen „Petrustag“ (12. August) die Chance, den Stadtglarnern einen Sonntag vorauszusein, wenn der Sonntag vor dem 15. August liegt. Es gibt allerdings keine gesetzlich vorgeschriebenen Termin, aber Brauch ist manchmal noch stärker als Gesetz. 

 

Der „Baartlimeh“ (Bartholomäustag) 24. August ist „Fäller“ für Oberurnen, die „Sant Vriinä“ (Verenatag am 1. September) für die Niederurner, die parallel mit den Ennendanern feiern. „Maria Geburt“ (8. September) „fällt“ die Näfelser Chilbi.

 

Nach dem Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag, im Volksbund ein-fach „Bätttag“, seit 1832 jeweils am dritten Septembersonntag, folgen die „Chilbenen“ von Schwanden, Luchsingen, Netstal und Linthal. Die „Chilbizeit“ schliesst mit Bilten und Mitlödi am Wochenende vom 21. Ok-tober. So entnehme ich dem Titelbeitrag von „kämü“ vom 23. August 2007 im "Fridolin".. 

 

„Chilbifäller“ fand ich an „Micheeli“ (Michaelstag 29. September) für Mollis, angeblich gilt dieser „Fäller“ auch für Linthal und Betschwanden. Ihre eigene „Chilbifäller“-Geschichte haben die Netstaler. Ab 1421 war es der Magdalenatag (22. Juli), nach der Kapelleneinweihung von 1708 der „Dioniisi“ (Dionysiustag 9. Oktober). Doch hat die Gemeinde Netstal im Jahre 1905 als „Chilbitermin“ künftig den zweiten Oktobersonntag fest-gelegt, weil die „Netschteler Chilibi“ sonst auf zwei andere „Chilbenen“ und erst noch auf die Sankt Galler Landeskilbi fiel und die Wirtsleute und Schützen, die sich zu den traditionellen „Chilbischüüssä“ trafen, rek-lamiert hatten. Diese Hintergründe sind heute kaum mehr bekannt. Gibt man bei „Google“ „Kilbifäller“ ein, fragt die kluge Maschine zurück „Mein-ten Sie „Kolbenfüller“ !!!  „Kilbifäller“ existiert offenbar nicht mehr im elektronischen Vokabular des 21. Jahrhundert.

 

Der Dörfligeist der „Chilbenen“ wurde immer wieder in Frage gestellt. Bereits 1692 fand das Ansinnen, die „Chilbenen“ zu einer „Glarner Chilbi“ zu vereinigen, keine Gnade. Die Landsgemeinden 1831 und 1887 machten mit ähnlichen Vorstössen kurzen Prozess. Verboten waren „Chilbenen“ im Glarnerland im Kriegsjahr 1914.

 

Und nun? Falls wir ab 2011 unseren Kanton auf drei grosse Gemeinden fusioniert haben werden, wird es dann nur noch drei „Chilbenen“ geben? Wenn ja, wo?

 

Chaasch-ja tännggä!

Die „Chilbenen“ werden nach wie vor stattfinden. Ihre Existenz ist nicht von der Gemeindefusion gefährdet, sondern von anderen Faktoren der Zeit.

 

So wie aus der „Kirchweih“ die „Chlibi“ wurde, wird irgendwann aus der „Chilbi“ etwas anderes werden ... so dreht sich die Zeit weiter wie die „Glarner Helleri“, aus der „Rössliriiti“ wurden „Autoscooterbahnen“... Ein deutsches Sprichwort sagt: „Es ist nicht aller Tage Kirmes!“... und für die „Chilbenen“ noch nicht aller Tag Abend!                                                                                                                                        Bis bald! Ihr Pankraz.

 

Erschienen im "Fridolin", Schwanden... noch vor der Gemeindefusion.

  


Dienstag, 8. August 2023

 

Kapuzinerkloster Olten wird schliessen

 

...auch zwei Näfelser Kapuziner betroffen

 

Das mächtige Kapuzinerkloster Olten wird aufgelöst werden... das ist schon längere Zeit bekannt. Betroffen werden auch zwei Näfelser Kapuziner, Br. Werner und Raimund Gallati OFMCap. Noch ist ungewiss, wohin die beiden ehemaligen Näfelser Klosterschüler versetzt werden.

Die Tage der beiden Näfelser Kapuziner Br. Werner Gallati und Br. Raimund (Paul) Gallati sind gezählt. Beide sind in Näfels aufgewachsen und waren Klosterschüler in der Knaben-sekundarschule des Näfelser Klosters. (Foto: Kapuziner Olten)

 

Br. Josef Bründler, OFMCap,

Guardian des Kapuzinerklosters Olten

 

Was aber aktuell und historisch interessant ist, bringt der Oltener Guardian in seiner Stellungnahme zum Ausdruck.

 

Die Kapuziner von Olten proben das Loslassen

und das Aufbrechen

und hoffen auf ein gutes Ankommen

von

Br. Josef Bründler, OFMCap (Guardian)

 

«Olten erhielt sein Kloster 1646 auf Betreiben der Solothurner Regierung. Die po-pulären Brüder sollten, wie bereits in der Innerschweiz und in Solothurn selbst, eine religiöse und moralische Erneuerung der Bevölkerung bewirken. … Die Kapuziner wirkten in ihrer 377-jährigen Geschichte vielfältig in der Seelsorge: Neben dem Empfang Ratsuchender im Kloster mit Predigtaushilfen in den Pfar-reien des Umfeldes, in den letzten Jahrzehnten auch in der Spitalseelsorge und der städtischen Pfarreiarbeit.

 

Seit 1934 weitet die Missionsprokura die Horizonte bis Indonesien, Sri Lanka, Madagaskar, Tansania und Südamerika aus. Das Kompetenzzentrum für Mission und Entwicklungsarbeit der Kapuziner hat insgesamt 343 Schweizer Brüder im Einsatz auf drei Kontinenten und unterstützt und informiert weiter mit Printmedien über die jungen Kirchen. « (Bruder Niklaus Kuster in ITE 2023/3)

 

Der Entscheid, das Kapuzinerkloster Olten zu verlassen, kam für uns Brüder nicht überraschend. Schon seit längerer Zeit wussten wir, dass der Standort Olten gefährdet ist. Zwar sind ausser dem Senior alle Brü-der noch in der aktiven Seelsorge engagiert. Das darf aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass wir älter geworden sind und dass das Alter auch uns in naher Zukunft zwingen wird, unsere vertrauten Aufga-ben loszulassen. 

 

Gewiss haben wir für den Standort Olten, der uns lieb und ein Stück Hei-mat geworden ist, gekämpft. Es fällt uns nicht leicht liebgewordene Auf-gaben und wertvolle Beziehungen aufzugeben. Wir haben auch nach Ideen gesucht, wie die Zukunft des Oltner Klosters gestaltet werden könnte.

 

Optionen waren zum Beispiel ein «ökumenisches Stadtkloster» und ein «Weltkloster». Die Option Weltkloster, in dem Brüder aus verschiedenen Erdteilen gemeinsam das Evangelium und brüderliche Gemeinschaft le-ben, haben wir dem Provinzkapitel im Sommer 2022 als Traktandum vor-gelegt. Die Idee wurde vom Provinzkapitel wohlwollend aufgenommen, aber nicht für den Standort Olten. Damit war die Zukunft des Standortes Olten besiegelt.

 

Im Verlauf des Jahres 2022 wurden wir mit der Tatsache konfrontiert, dass die Generalleitung des Kapuzinerordens die österreichische Kapu-zinerprovinz aufhebt und die bestehenden Klöster einverleibt in die Pro-vinzen Deutschland, Lombardei und Polen.

 

Spätestens mit dieser Mitteilung wurde auch uns Brüdern in Olten be-wusst, dass sich der Kapuzinerorden in Europa wegen Personalmangel und Überalterung der Brüder neu strukturieren und organisieren muss.  Als Kapuziner wissen wir uns dem grösseren Ganzen unserer Ordens-gemeinschaft verpflichtet. Wir müssen uns den Realitäten und Herausfor-derungen stellen und offen bleiben für Veränderungen, die die ganze Ordensgemeinschaft im Blick haben.

 

Bei der Visitation im Herbst hat der Provinzial das Verlassen des Stand-ortes Olten thematisiert und mit uns besprochen. 

 

In einer guten Gesprächs-Atmosphäre konnten wir uns offen über das Thema austauschen. Selbstverständlich haben wir unser Bedauern über die Aufgabe des letzten Kapuzinerklosters in der Nordwestschweiz for-muliert. Die deutschschweizer Kapuziner werden in Zukunft noch mit zwei Klöstern in der Innerschweiz (Luzern und Schwyz) und mit drei Klöstern im Kanton St. Gallen (Rapperswil, Mels und Wil) präsent sein.

 

Wo wir als Kapuziner in Zukunft in der Schweiz und in Europa präsent sein werden, ist wohl eine Frage, die unsere Ordensgemeinschaft noch lange beschäftigen und herausfordern wird. Sie kann nur im Gespräch mit der Ordensleitung in Rom und mit den Nachbarprovinzen diskutiert und angegangen werden.

 

Auch das Loslassen wird uns in der Zukunft gewiss weiter zugemutet werden. Vielleicht kommen wir damit aber wieder näher an die Grund-absicht unseres Ordensgründers Bruder Franziskus von Assisi, der keine starren Klostergebäude, sondern lebendige Brüdergemeinschaften wollte, die mitten unter den Menschen und mitten in der Welt das Evangelium des Jesus von Nazareth leben.

 

Inzwischen haben wir den Presse-Trubel (Radio, Fernsehen, Zeitung) einigermassen gut überstanden. Es tut uns gut zu erfahren, wie schön und attraktiv der Standort des Oltner Klosters ist und wie sehr unser Ab-schied bedauert wird.

 

Weniger schön war für uns, dass 24 Stunden nach Bekanntgabe der Schliessung bereits spekuliert wurde über die Weiterverwendung des Klosters. Bei uns wurde das Bild der Geier, die sich über das Aas her-machen, wach. Die Hilari-Zunft Olten hat dies treffend gezeigt auf ihrer Laterne am Fasnachtsumzug in Olten. Das Bild zeigt Dämonen, die sich über das Klostergebäude hermachen. 

 

Zur Zeit sind wir nach wie vor da und bleiben bis Ende 2023 in Olten prä-sent als Klosterfamilie, auch mit unseren seelsorgerlichen Aufgaben im Pastoralraum Olten und in den Pfarreien des Klosterkreises.

 

Ab Neujahr 2024 werden wir keine Aufgaben nach Aussen mehr anneh-men. Wir haben dann Zeit, das Räumen und unseren Abschied und un-ser Weggehen zu organisieren und in die Wege zu leiten.  

 

Wir haben viele  Erinnerungen an Anlässe, die wir mit freiwilligen Helfern und Helferinnen bei uns organisiert haben. Mit Freude erinnern wir uns an die acht Adventsmärkte und an die zwei Klostergartenfeste, an die Konzerte der Big Band Olten, an die Serenaden des Stadtorchesters Olten, an die Konzerte des Veteranenspiels des Kantons Solothurn. All diese Anlässe haben uns mit lieben Menschen bekannt gemacht. Wir stellen uns vor, dass wir unseren Abschied von Olten mit frohen Feiern in der Kirche und im Klostergarten gestalten werden.

 

Wie es mit uns Brüdern weitergehen wird, wird sich im Herbst zeigen. Si-cher werden wir nicht als Familie beieinander bleiben.

 

Der Provinzial und der Provinzrat werden mit jedem Bruder eine Lösung suchen. Gewiss werden wir in eine der bestehenden Kapuzinernieder-lassung ziehen: Luzern, Schwyz, Rapperswil, Wil, Mels. Gerne hoffen wir, dass es für jeden Bruder ein gutes Ankommen geben wird. Die Chancen dazu sind gross. Die Orte an denen wir weiterleben werden sind uns nicht fremd und die Brüder, mit denen wir zusammenleben werden, kennen wir.

 

Bevor wir Olten verlassen, haben wir noch einiges an Arbeit zu leisten. Es müssen Gespräche mit dem Kanton als Hausbesitzer geführt und abgeklärt werden, was hier bleiben kann und was nicht; es muss abge-klärt werden wie und wann die Schlüsselübergabe sein soll. Mit der Denkmalpflege muss über den Verbleib der Kunstgegenstände ge-redet werden.

 

Wir werden  Zeitungen und Zeitschriften künden müssen und schliesslich das Räumen des Klosters und den Umzug der Brüder organisieren.

 

In der Zeit, in der wir in Olten bleiben, werden wir gewiss nicht arbeitslos. Wir möchten dies anfangen mit dem Auftrag unseres Ordensgründers: «Brüder, lasst uns anfangen, denn bis jetzt haben wir nur wenig getan». Franziskus blieb Zeit seines Lebens Neu-Anfänger. So wird es für uns Brüder in Olten gewiss ein gutes Ankommen an unseren neuen Orten, wenn wir in der Art des heiligen Franziskus den Standort Olten loslassen und aufbrechen zu neuen Ufern.

 

        

Br. Josef Haselbach

Provinzial der Schweizer Kapuziner

 

Mitteilungen

von

Br.  Josef Haselbach, OFMCap,

Provinzial der Schweizer Kapuziner


An Ostern 2024 wollen die Kapuziner das Kloster Olten verlassen. Bis Ende 2023 läuft alles noch wie bisher.

 

Die Schweizer Kapuzinerprovinz hat noch 80 Brüder und sechs Klöster in der Deutschschweiz und vier Klöster in der Westschweiz. 

Der Rückgang der Anzahl Brüder zwingt die Provinz ein weiteres Kloster aufzugeben.

 

Olten ist ein beliebtes Seelsorgekloster und auch Sitz der Missionspro-kura der Schweizer Kapuzinerprovinz, die in einem eigenen Gebäude un-tergebracht ist und von der Schliessung des Klosters nicht direkt mitbe-troffen ist. Viele Missionare waren in den letzten Jahren in Olten auf Hei-maturlaub. Den engagierten Brüdern sowie der treuen Bevölkerung von Olten ein herzliches Dankeschön. Das gilt auch dem Kanton Solothurn, dem Eigentümer des Klostergebäudes, für die lange Gastfreundschaft.


Pressemitteilung vom 27. Januar 2023


Die fast 400 jährige Präsenz der Kapuziner in Olten wird an Ostern 2024 beendet.

 

Die Schweizer Kapuziner Provinz hat beschlossen, das Kapuzinerkloster Olten an Ostern 2024 zu verlassen. In einer wechselvollen Geschichte wirkten die Kapuziner fast 400 Jahre im Kloster Olten, das nahe dem Stadtkern und verkehrstechnisch günstig am Übergang der Aare gelegen ist.

 

In den 1920er Jahren wurde es zur «Drehscheibe» der Mission und bil-dete die «Heimat-Basis» für Kapuzinermissionare, die in Afrika, Indone-sien und Südamerika wirkten. In Tanzania allein waren jahrzehntelang über hundert Kapuziner gleichzeitig im Einsatz.


Heute hat sich die Situation radikal verändert. Im Kloster Olten leben noch acht ältere Brüder. Ebenso wenige Schweizer Brüder wirken noch in Tansania und Indonesien. Aber dort sind inzwischen, einheimische, junge und blühende Kapuziner-Gemeinschaften herangewachsen. Damit geht die Aufgabe von Olten als Basisort für die Schweizer Missions-Ka-puziner zu Ende.

 

Ähnlich in Fluss ist die Situation der Kapuziner in ganz Europa. Sie ver-suchen, sich im europäischen Raum neu zu vernetzen und im deutschen Sprachgebiet einige neue Schwerpunkte zu setzen.

 

Der religiöse und gesellschaftliche Wandel, der auch das Ordensleben trifft, veranlasst nun die Kapuziner, diesen Standort zu verlassen, obwohl das Kloster in den letzten Jahrzehnten immer sehr grosszügig vom Kan-ton als Besitzer unterhalten und von vielen Seiten wohlwollend unter-stützt wurde. Das gab uns Kapuziner die Möglichkeit, die Kräfte umso intensiver im Dienst an der Bevölkerung einzusetzen.

 

Mit der gepflegten Kirche in angenehmer Grösse sowie dem offenen Garten wirkte das Kloster als Magnet und Treffpunkt für verschiedenste Bevölkerungsgruppen und Anlässe. Diese Kontaktmöglichkeit haben die Oltener wie auch die Brüder sehr geschätzt.

 

Die Kapuziner von Olten übernehmen noch bis Ende 2023 wie gewohnt Einsätze und Aushilfen in der Umgebung. Ab Neujahr bis Ostern werden die Gottesdienste und seelsorgerischen Angebote im Kloster selbst noch aufrecht erhalten. Ab Ostern 2024 wird dann unsere Präsenz beendet, das Kloster geräumt und dem Kanton übergeben.

 

Die sogenannte «Missionsprokura», die sich unterdessen zu einer Ser-vice-Dienst-Stelle der Provinz entwickelt hat und im Haus nebenan –  am Amtshausquai 7 – untergebracht ist, ist von diesem Entscheid nicht unmittelbar betroffen.

 

Die Schweizer Kapuziner danken jetzt schon. Im Namen aller Brüder, die je in Olten stationiert oder aus der Mission über dieses Kloster in die Schweiz vernetzt waren, dem Kanton und der Stadt für den grosszügigen Unterhalt und die wohlwollende Unterstützung. Sie danken der Bevölke-rung für das Wohlwollen und die guten und vielfältigen Beziehungen, die sie weit vernetzten.

 

Die guten Erinnerungen und Beziehungen werden die Brüder an ihre neuen Orte mitnehmen und so weiter mit Ihnen verbunden bleiben.

 

Nachbemerkung:

Die Näfelser Klosterschule, seit 1831 geführt von Kapuzinern, wurde 1984 aufgehoben. Das Kapuzinerkloster war von 1675 bis 1986 von Kapuzinern belebt; durch einen Glücks-fall übernahmen es ab 1986 die Franziskaner, die mittlerweile bereits 37 Jahr hier wirken.


Sonntag, 6. August 2023

 

Am 6. August 1945 starben weit über 100'000 Menschen

 

Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki

 

Die Hiroshima-Bombe

Die Bombe mit dem Spitznamen „Little Boy“ (nach Präsident Franklin Roosevelt) war 3 Meter lang und hatte einen Durchmesser von 0,7 Metern. Als entscheidendes Material wurde Uran 235 verwendet. In einem verkürzten 76,2-mm-Marinegeschütz mit glattem Lauf wurde ein unterkritisches Projektil aus U-235 auf ein unterkritisches Ziel aus U-235 abgefeuert. Im Moment des Aufpralls bildete sich eine überkritische Masse, die eine nukleare Kettenreaktion oder Atomexplosion auslöste. Das Geschützrohr und das schwere Gehäuse führten zu einem Gewicht von über vier Tonnen (8.900 Pfund). Das unterkritische Material war eine Legierung namens Oralloy, ein Codename, der von dem Geheimlabor in Oak Ridge, Tennessee, abgeleitet war, wo es hergestellt wurde.

Die Nagasaki-Bombe

Diese Bombe mit dem Spitznamen „Fat Man“ (nach Englands Premierminister Winston Churchill) hatte einen Kern aus Plutonium 239, war 3,5 Meter lang, 1,5 Meter im Durchmesser und wog 4,5 Tonnen. Sein Plutoniumkern war von 64 Sprengladungen umgeben, die in einer Innen- und Außenhülle angeordnet waren. Die Sprengladungen wurden in geometrischen Formen in einer fussballähnlichen Konfiguration hergestellt – ein äusserst schwieriges und anspruchsvolles Verfahren. Als die beiden Granaten explodierten, prallte die Stosswelle gegen einen Stössel, der den Plutoniumkern umgab, und verursachte einen schnellen Anstieg der Dichte, der den leicht unterkritischen Plutoniumkern kompri-mierte, seine Dichte schnell erhöhte, ihn überkritisch machte und so in einer nuklearen Kettenreaktion explodierte .

Bilder: 

https://www.atomwaffena-z.info/geschichte/einsatz-von-atomwaffen/hiroshima

 

Erstamals in der Geschichte der Menschheit: Atombomben

 

Am 6. August 1945 um 08:15 Uhr wurde die erste Bombe über dem Zentrum von Hiroshima abgeworfen. „Little Boy“ war eine Spaltbombe vom Pistolentyp, bei der eine konventionelle Sprengladung verwendet wurde, um eine unterkritische Uranmasse in eine andere zu feuern. Ein solches Gerät war noch nie zuvor getestet worden, aber die Wissenschaftler waren zuversichtlich, dass es funktionieren würde.

 

Und das tat es. Die Bombe hatte eine Sprengkraft von rund 13 Kilotonnen. Im Moment der Detonation entstand ein Feuerball, der die Temperaturen auf 4.000 Grad Celsius ansteigen liess und Hiroshima – wo viele Gebäude aus Holz und Papier bestanden – in ein Inferno verwandelte. 

 

Die Explosion erzeugte Stosswellen, die schneller als der Schall waren. Dies und die Strahlung töteten sofort alles im Umkreis von einem Kilometer um das Hypozentrum.

 

Nach der Explosion waren diejenigen, die sich auf der Suche nach den Vermissten dem Ground Zero näherten, Strahlung ausgesetzt.

 

Schwarzer Regen, der grosse Mengen radioaktiven Niederschlags enthielt, verursachte eine weitreichende Kontamination. 

 

Die Schätzungen zu den Opferzahlen schwanken stark. Eine konservativere Schätzung des Atomarchivs geht von 66.000 sofort getöteten Menschen und einer Gesamtzahl von 135.000 Todesopfern aus, während die US-japanische Radiation Effects Research Foundation eine Spanne von 90.000 bis 166.000 Todesfällen innerhalb der ersten vier Monate angibt.

 

Drei Tage später, am Morgen des 9. August, stieg ein zweites US-Flugzeug vom Luftwaffenstützpunkt auf der Insel Tinian im Pazifischen Ozean auf. Die darin enthaltene Atombombe trug den Codenamen „Fat Man“. Es handelte sich um eine komplexere Implosionsbombe auf Plutoniumbasis, die im Trinity-Test getestet worden war. Das Hauptziel war die Stadt Kokura gewesen. Aufgrund einer dicken Wolkenschicht kehrte die Flugzeugbesatzung jedoch zum sekundären Ziel zurück – Nagasaki.

 

Die US-amerikanischen Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki am 6. August und 9. August 1945 waren die bislang einzigen Einsätze von Atomwaffen in einem Krieg.

 

Die Atombombenexplosionen töteten insgesamt ca. 100.000 Menschen sofort – fast ausschließlich Zivilisten und von der japanischen Armee verschleppte Zwangsarbeiter. An Folgeschäden starben bis Ende 1945 weitere 130.000 Menschen. In den nächsten Jahren kamen etliche hinzu.

 

Sechs Tage nach dem zweiten Bombenabwurf gab Kaiser Hirohito mit der Rede vom 15. August die Beendigung des „Grossostasiatischen Krieges“ bekannt.

 

Mit der Kapitulation Japans endete am 2. September der Zweite Weltkrieg auch in Asien, nachdem er in Europa mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht bereits seit dem 8. Mai 1945 vorüber war.

 

Den Befehl zum Einsatz der neuen Waffe gab US-Präsident Harry S. Truman, Nachfolger des im April 1945 verstorbenen Franklin D. Roose-velt, während der Potsdamer Konferenz im Haus Erlenkamp in Potsdam, in dem die amerikanische Delegation Quartier bezogen hatte.

 

Truman hatte als Roosevelts Vizepräsident bis zur Amtsübernahme keine Kenntnis vom „Manhattan-Projekt“, der Entwicklung der Atombombe. Das Hauptmotiv für den Einsatz der Bomben war, Japan möglichst schnell zur Kapitulation gegenüber den USA zu bewegen und so den Krieg zu beenden, bevor Stalin eingreift. Einerseits befürchtete Truman, dass die Sowjetunion, die sich in Jalta verpflichtet hatte, drei Monate nach dem Sieg in Europa (9. Mai für Moskau) eine Front gegen Japan zu eröffnen, angesichts der Kriegslage nicht nur auf dem Festland siegen, sondern relativ einfach auch japanische Inseln einnehmen würde (Kurilen). Andererseits wurde befürchtet, dass amerikanische Landungen auf den japanischen Hauptinseln viele Opfer unter US-Soldaten fordern würde – im gesamten Pazifikkrieg fielen etwa 130.000 amerikanische Soldaten.

 

Trumans Entscheidung wird noch immer unterschiedlich bewertet und kontrovers diskutiert.

 

Das Gedenken an die Opfer spielt in Japan eine grosse Rolle in der nationalen Kultur und im nationalen Selbstverständnis. Weltweit wurden Hiroshima und Nagasaki zu Symbolen für die Schrecken des Krieges und vor allem eines möglichen Atomkrieges zu Zeiten des  Kalten Krieges.

 

Quelle:

www.ctbto.org/news-and-events/news/6-and-9-august-1945-hiroshima-and-nagasaki

 

Hiroshima in Schutt und Asche und Radioaktivität

Nagasaki in Schutt und Asche und Radioaktivität

Bilder: Wikipedia


Mittwoch, 2. August 2023

 

Frauen-Fussball-WM 2023

 

Seit wann? Wer waren bislang die Weltmeisterinnen?

Die Fussball-Weltmeisterschaft der Frauen, offiziell FIFA Women’s World Cup oder FIFA Frauen-Weltmeisterschaft, ist ein Frauenfussballturnier für Nationalmannschaften (wieso nicht -frauschaften?), das seit 1991 im vierjährigen Turnus immer ein Jahr nach dem Turnier der Männer stattfindet und vom Weltfussball-Verband FIFA organisiert wird.

 

Geschichte

 

Bevor 1991 die erste offizielle Fussball-Weltmeisterschaft der Frauen in der Volksrepublik China ausgetragen wurde, fanden bereits einige internationale, meist inoffizielle Turniere für Frauen-Nationalmannschaften statt. 

 

Die ersten zwei Turniere hatte die Fédération Internationale et Européenne de Football Féminin (FIEFF) organisiert: Vom 7. bis 16. Juli 1970 in Italien die Coppa del Mondo mit sieben Teilnehmern (in Bari, Genua, Bologna und Salerno mit 2:0-Finalsieg von Dänemark gegen Italien; andere Teilnehmer waren Mexico, England, Schweiz und Österreich sowie die Bundesrepublik Deutschland, für die allerdings der SC 07 Bad Neuenahr spielte) und 1971 in Mexiko die Mundial mit sechs Mannschaften.

 

Zwischen 1978 und 1987 fanden in Taiwan vier Turniere als Women’s World Invitational Tournament mit bis zu 14 Mannschaften statt, an dem neben Teams aus Asien, Ozeanien und Nordamerika auch der mehrfache deutsche Frauen-meister SSG 09 Bergisch Gladbach teilnahm und 1981 und 1984 gewann. Über die Teilnahme der deutschen Mannschaft 1981 erschien 2020 der Dokumen-tarfilm Das Wunder von Taipeh.

 

Zwischen 1982 und 1988 wurden in Italien fünf als Women’s Mundiali-tos bezeichnete Turniere mit vier beziehungsweise sechs Mannschaften ausge-tragen. Bei diesen Turnieren nahm 1984 erstmals die BR Deutschland teil und musste sich nach zwei Siegen in der Gruppenphase erst im Finale den Italie-nerinnen geschlagen geben.

 

1988, drei Jahre vor der ersten WM, fand in der Volksrepublik China, nun schon unter Obhut der FIFA, das sogenannte FIFA-Frauen-Einladungsturnier 1988  (Women’s  FIFA Invitational Tournament) mit zwölf Nationalmannschaften aus allen sechs Fussballkontinenten statt, welches vom späteren Weltmeister Norwe-gen gewonnen wurde. Mannschaften aus dem deutschsprachigen Raum waren hier nicht am Start.

 

Wie werden die Teilnehmermannschaften ermittelt?

Qualifikation

Um an der Fussball-Weltmeisterschaft der Frauen teilnehmen zu dürfen, müssen sich die Nationalmannschaften qualifizieren.

 

Während bei den meisten Konföderationen die jeweilige Kontinentalmeisterschaft gleich-zeitig die Qualifikation ist, führt die UEFA seit 1999 eine separate Qualifikation durch.

 

Bei den Weltmeisterschaften 1991 und 1995 dienten noch die jeweiligen Europameister-chaften als Qualifikation. Das Gastgeberland ist automatisch für die Weltmeisterschaft qualifiziert. Den einzelnen Kontinentalverbänden stehen abhängig von der Spielstärke unterschiedlich viele Startplätze zu.

 

Endrunde

Die qualifizierten Mannschaften spielen mit dem vorher bestimmten Gastgeber-land in einem ca. drei Wochen dauernden Turnier um den Titel des Welt-meisters.

In der ersten Turnierphase, der Gruppenphase, sind die Mannschaften nach dem Zufallsprinzip in sechs Gruppen mit jeweils vier Mannschaften unterteilt, wobei einige Mannschaften nach gewissen Kriterien (Gastgeber, Weltmei-ster, FIFA-Rangliste) gesetzt und die anderen Mannschaften aus vorwiegend re-gional orientierten Lostöpfen (Europa, Südamerika, Afrika, Asien) gezogen werden. Damit soll verhindert werden, dass zwei Mannschaften aus einem Kon-tinent in der Vorrunde aufeinandertreffen.

Eine Ausnahme bildet Europa, da es sich bei mehr europäischen Teilnehmern als Gruppen nicht verhindern lässt, dass zwei europäische Nationalmannschaften in der Vorrunde aufeinandertreffen.

 

Jede Mannschaft spielt in der Vorrunde je einmal gegen jede andere Mann-schaft. Ein Sieg wird mit drei Punkten, ein Unentschieden mit einem Punkt bewertet.

Die Gruppenersten und -zweiten erreichen das Viertelfinale, während die Gruppendritten und -vierten ausscheiden.

Sollten zwei oder mehrere Mannschaften punktgleich sein, gibt es mehrere Kriterien, die eine Entscheidung herbeiführen.

Zunächst zählt das bessere Torverhältnis. Sollte dieses ebenfalls gleich sein, zählt die Anzahl der geschossenen Tore.

 

Ab 2015 wurde die Anzahl der Teilnehmer von 16 auf 24 erhöht. Dies hat zur Folge, dass nun wie bei den Männern zwischen 1986 und 1994 die vier besten dritten ihrer jeweiligen Gruppe ebenfalls in die nächste Runde einziehen. Es wird nun zusätzlich ein Achtelfinale ausgetragen.

 

Ab dem Viertelfinale bzw. ab 2015 dem Achtelfinale geht es im K.-o.-Sy-stem weiter. Das bedeutet, dass nur der Sieger in die nächste Runde einzieht, während der Verlierer ausscheidet.

Steht es nach den regulären 90 Minuten unentschieden, geht das Spiel in die Verlängerung. Bei den Weltmeisterschaften 1999 und 2003 wurde die Verlängerung nach der Golden-Goal-Regel gespielt, d. h. die Mannschaft, die in der Verlängerung das erste Tor erzielt, gewinnt das Spiel. Durch ein solches Golden Goal von Nia Künzer wurde die deutsche Mannschaft 2003 Weltmeister. Diese Regel wurde jedoch wieder abgeschafft, so dass seit 2007 wieder eine komplette Verlängerung gespielt wird.

Sollte nach der Verlängerung immer noch kein Sieger feststehen, wird das Spiel im Elfmeterschiessen entschieden.

 

Im Viertelfinale trafen bis 2011 die Gruppenersten auf einen Gruppenzweiten einer anderen Vorrundengruppe. Frühestens im Finale oder im Spiel um Platz 3 könnten zwei Mannschaften aus der gleichen Vorrundengruppe erneut aufeinan-dertreffen. Die Verlierer des Halbfinales spielen im sogenannten „kleinen Finale“ um den dritten Platz. Die Gewinner des Halbfinales spielen im Finale um den Weltmeistertitel. Der Weltmeister erhält einen Pokal und darf den Titel bis zur nächsten Weltmeisterschaft tragen.

 

2007 erhielten die Teilnehmer erstmals Preisgelder. 2011 wurde der Betrag erhöht, der Weltmeister erhielt ein Preisgeld von 1.000.000 $, der Vizeweltmeister 800.000 $.

 

Die von der FIFA 2007 erwogene Erweiterung des Teilnehmerfeldes von 16 auf 24 Mannschaften bei der Weltmeisterschaft 2011 wurde zunächst wieder verwor-fen. Erst seit der Weltmeisterschaft 2015 wird mit 24 Mannschaften ausgespielt, dabei findet zudem erstmals eine Achtelfinalrunde statt.

 

Das Bewerbungsverfahren für die WM 2023 startete 2019, dabei wurde be-schlossen, dass das Turnier mit 32 Teams stattfinden soll.

 

1991 bestanden die Kader aus 18 Spielerinnen,

von 1995 bis 2003 waren es 20,

von 2007 bis 2011 waren es 21 und

seit 2015 sind es 23.

 

1991, 1999 und 2003 standen zwei Torhüterinnen im Kader,

1995 und wieder ab 2007 drei.

 

Die Schweiz ist erst seit 2015 dabei.

 

Die bisherigen Weltmeisterinnen

 

wann ?   wo ?                                Weltmeisterinnen / Vizeweltmeisterinnen

 

1991       China                               USA                        Norwegen

1995       Schweden                       Norwegen               Deutschland

1999       USA                                  USA                        China

2003       USA                                  Deutschland          Schweden

2007       China                                Deutschland         Brasilien

2011       Deutschland                    Japan                     USA

2015       Kanada                              USA                       Japan

2019       Frankreich                       USA                        Niederlande

2023       Australien /Neuseeland     ?                            ?

                     

Logos der bisherigen Frauen-Fussball-Weltmeisterschaften  von links nach rechts und von oben nach unten: 1991 China, 1995 Schweden, 1999  USA, 2003 USA, 2007 China, 2011 Deutschland, 2015 Kanada, 2019 Frankreich

Quelle: google, wikipedia

 

Teilnehmende Nationen Frauen WM 2023

 

Argentinien

Australien

Brasilien

China

 

Costa Rica

Dänemark

Deutschland

England

 

Frankreich

Haiti

Irland

Italien

 

Jamaika

Japan

Kanada

Kolumbien

 

Marokko

Neuseeland

Niederlande

Nigeria

 

Norwegen

Panama

Philippinen

Portugal

 

Sambia

Schweden

Schweiz

Spanien

 

Südafrika

Südkorea

USA

 

Vietnam


Mittwoch, 26. Juli 2023

 

 

Ein kleines Dankeschön dem Ratsschreiber

 

lic. iur. Hansjörg Dürst

 

Heute gewährte uns Ratsschreiber Hansjörg Dürst, der kürzlich vom Regie-rungsrat offiziell verabschiedet und gewürdigt worden war, aber noch einige Wo-chen im Vizeratsschreiber-Büro aus dem Hintergrund wirkt, eine Spezialaudienz. Alex Rüegg, früher Kadermann der MIGROS und heute Verwaltungsratspräsi-dent und Förderer des Dorfladens Schwändi, seit Jahren mit dem Glarnerland verbunden, und meine Wenigkeit suchten den scheidenden "Kanzler" auf, um ihm für seine guten Dienste und vor allem für seine konstruktive Zusammenarbeit bei der Glarnerischen und Schweizerischen staatsbürgerlichen Gesellschaft, deren Präsident er einmal war, herzlich zu danken. Gleichzeitig erhielt er einen aus dem Schwarzwald stammenden speziellen Wanderstock für künftige Spazier-gänge und Touren. Dazu wurde der folgende Dankesruf zitiert:

 

Rund vierzig Jahre diente Hansjörg Dürst als Ratsschreiber und früher "achter" und danach "sechster Regierungsrat" der Regierung, dem Land und Volk von Glarus.. Wir haben ihn als dienstfertigen, konstruktiven und kompetenten Ratsschreiber erlebt. Er prägte während vier Jahrzehnten als oberster Beamter des Kantons die Geschicke des Glarnerlandes und tat dies weit über seinen Arbeitsbereich hinaus. Er war Gründermmitglied, Vorstandsmitglied und Förderer der Glarnerischen Staatsbürgerlichen Gesellschaft und präsidierte auch die Schweizerische Staatsbürgerliche Gesellschaft. Er war auch aktiver Volleyballer und Fan und Förderer des Volleyballclubs Näfels. Nun wurde er kürzlich als Präsident der Gemein-nützigen Gesellschaft des Kantons Glarus gewählt. Wer Hansjörg Dürst kennt, weiss, dass sein Ruhestand eher ein Unruhestand werden wird und dass seine Dienste weiterhin sehr geschätzt werden. Hansjörg Dürst, ausgerüstet mit dem erwähnten Bergstock aus dem Schwarzwald. 

 

40 Jahre Hansjörg Dürst

 

Viär Jahrzächet Hansjörg Tüürscht

und zwar wenä chliinä Füürscht

hätt’r sinä Ladä gfüärt

und gad mängä Fadä gschnüärt.

 

Eerschta Maa i dr Kanzlii.

gliich zu allnä Gross und Chlii.

Immer p Fädä-n-i dr Hand

zmitzt im liäbä Glaarnerland.

 

Chef vum Glaarner Parlämänt

Ja, mä hätt-nä äifach gkännt;

besser kännt de Dossiee

sicher sust ä-käinä meh.

 

Ghört zur Glaarner Prominänz,

isch au graui Eminänz,

wo hätt chännä daa und hiä

öppädiä au p Fädä ziäh.

 

Eer, dr sächst Regiärigraat,

uhni inä gaar nüüt gaat,

uufmerggsaam, mit siner Kruu,

uff dr Büni uffem Zuu.

 

Ussetemm nuch Diplomaat,

wo dä-n-alles z Fadä schlaat,

Und mä hatt-nä bis uff Bäärä

Au as Mändsch halt eeländ gäärä.

 

Hätt-dä-n-äinä wellä-n-änzä,

zäiget’r ä jedem g Gränzä.

Aaschtand und im Amt koräggt,

redli sehr und nüd suschbäggt.

 

A dä Prässe-Kumferänzä

hatt’r albig chännä glänzä,

und äm Telifoon au früntli,

Uuskumpft g’gii, dä-mäischtens grüntli.

 

Fit isch-eer, hätt kä Gebräschtä,

niämer chaa we-n-eer au fäschtä,

Wiit id Nacht gseesch dä dr Schimmer

ussem Raathuus Süüdoscht-Zimmer.

 

Alles klappt bi dä-n-Empfäng

i dä gschmüggtä Raatshuusgäng.

Was-em nuch au bsunder liit:

Eer hätt immer für äim Ziit.

 

Ja etz häsch dä Ziit zum Wanderä

vu äim Bärg ja dä zum anderä.

Dorum gib dr etz deer Ganä,

nim-n-ä-n-aab und chumm daa hanä.

 

Wänn-d etz gaasch und was nuch chunnt:

Bliib äsoo, vor allem gsunt.

Flottä Maa für Volch und Land

Gnüüss etz dinä Rueschtand!

 

Und dä nuch ä Grüäz ap-Bäsi

Häärzli, Fridli Oschterhäsi.

 

  Glarus, 26. Juli 2023

 

Im Beisein von Alex Rüegg, Unternehmensberater, Glattbrugg

 

 

 

Alex Rüegg, Glattbrugg, und Hansjörg Dürst, mit dem Wanderstock aus dem Schwarzwald,

stellen sich für die Nachwelt in Pose: Alex in kirchenpräsidaler Geste, Hansjörg, startbereit für weitere Taten im (Un)Ruhestand. 

Nach der Aufwartung im Rathaus ("Südwestzimmer") und nach einem Kurzbesuch beim neuen Ratsschreiber Arpad Baranyi lud Hansjörg Dürst zum leckeren Mittagsmahl in Glarus ein.

Fürs Familienalbum: Versuchtes Selfie mit Alex Rüegg, Hansjörg Dürst und Fridolin Hauser.


Donnerstag, 20. Juli 2023

 

Trouvaille

 

Das waren noch Zeiten...

 

Weltfirma Bosshard & Cie Näfels

 

Es gibt zwei Beziehungen zwischen der Gemeinde Näfels und der Eidgenossenschaft: Die  Bundeshauskuppel wurde von der Fima Bosshard & Cie, Näfels, erbaut und am Bau des Eiffelturms war die gleiche Firma (mit Ingenieur Schröder) beteiligt.

 

(Foto: https://www.google.com/search?q=Bau+der+Bundeshauskuppel&tbm=isch&sa=X&ved=2ahUKEwiZ9c6Y9ZyAAxWFhv0HHSFZDEYQ0pQJegQIDBAB&biw=1920&bih=924&dpr=1#imgrc=V-yS7e0C-vTT9M)

Der Eiffelturm wurde zwischen 1887 und 1898 im Hinblick auf den 100.Jahresstag der Französischen Revolution für die Weltausstellung erbaut.

(Bild: https://eiffelturm.frankreich-trip.com/eiffelturm/geschichte/)

In der  Schweizerischen Bauzeitung, Band 74, Heft 35, 1956, Seite 525 ist folgender Text erschienen:

 

Die "Villa Bosshard" ist in Näfels ein vergessener Begriff. Denn heute existierten weder die ursprüngliche Firma (wie oben beschrieben), noch die die Nachfolge-Firma Zschokke AG, wohl noch bekannt ist der Begriff  "Zschokke-Areal" östlich des Bahnhofs. Das obige Bild zeigt die "Villa Bosshard", die der Unternehmerdynastie gehörte, aber nach deren Ableben nur noch von weiblichen Nachkommen bewohnt worden war. Später kaufte der legendäre "Toggter Vitaal", Dorfarzt Vital Hauser die Liegenschaft und richtete dort seine Arztpraxis ein. Auch sein Sohn Arthur, Gynäkologe, führte dort sein Arztpraxis. Vor rund zehn Jahre wurden die Villa modernisiert und komfortabler ausgebaut und wurde zu einer prächtigen Wohnanlage. Der Mammutbaum im Garten ist geschützt.

(Foto: https://www.4dstudio.ch/villa-bosshard/)


Dienstag, 18. Juli 2023

 

Im Fall der Fälle….

 

Auf jeden Fall kommt Hochmut kommt vor dem Fall

 

Falls Sie sich zwar nicht wie ein Kriminalinspektor mit „schwierigen Fällen“ her-umschlagen wollen, aber mitstaunen möchten, wie häufig „Fall“ oder verwandte Wörter in der deutschen Sprache verwendet werden, kann ich Ihnen auf „alle Fäl-le“ versprechen, dass uns „Fälle“ nicht einfach „beifällig“ und auch nicht „zufällig“ begleiten.

 

Jeden Dienstag und Freitag stellen Sie ja ihren „Abfall“ vor die Türe, aber völlig andere Bedeutung hat es, wenn so viele Menschen in heutiger Zeit von ihre ur-sprünglichen Religion „abfallen“. Manche sprechen über andere „abfällig“.

Damit wären Sie kein „Einzelfall“, „auffällig“ wäre wahrscheinlich, wenn Sie dies nicht täten.

 

„Ds fallet Weh“ oder „Anfälle“ können Epileptikern das Leben schwer ma-chen. Anders ist es, wenn Sie von einem Hund „angefallen“ werden. Das könnte dann zu einem „Versicherungsfall“ werden.

 

Täglich heulen Polizeiautos durchs Dorf, bei „Unfällen“, bei denen es gar zu "Todesfällen“ kommen kann. Berichte davon liest man nachher unter „Todesfälle und Verbrechen“. Im „schlimmsten Fall“ kann es dabei noch zum „Gerichtfall“ werden.

 

Jubelnd kehren die Schulkinder nach Hause, wenn es „Schulausfall“ wegen „Krankheitsfall der Lehrpersonen“ gibt. Allerdings weniger lustig, ist „Haarausfall“ oder wenn einem im Alter die Zähne „ausfallen“.

 

Für die Unannehmlichkeiten eines „Durchfalls“, gibt es keinen „Beifall“. Sehr unangenehm ist es bei Prüfungen „durchzufallen“. Man liest dann von der "Durchfallquote".

 

Meistens sind viele betroffen, bei „Stromausfall“; männiglich hofft, dies bleibe im „Glücksfall“ ein „Einzelfall“ oder „Ausnahmefall“. Immerhin könnten im „Bedarfsfall“ und für den „Notfall“ wieder Kerzenlicht, Ta-schenlampe oder gar eine alte Stalllaterne zum Einsatz kommen.

 

Fantasievolle Leute habe meist auch viel „Einfälle“

 

Menschen, die von Krankheiten „befallen“ werden, möchten gerne nach der Heilung nicht „rückfällig“ werden. Dasselbe gilt für Alkoho-liker oder Drögeler, die nach erfolgreichem Entzug keinen „Rückfall“ bekommen möchten. Kranke möchten nicht „Pflegefälle“ werden.

 

In der Schulen sind „auffällige Kinder“ längst kein „Einzelfall“ mehr und oft ein „Fall“ für den Schulpsychologen.

 

Wer erinnert sich nicht an die Schulzeit an den „Sonderfall“ in er Alge-bra?

 

Der Zivilschutz übt im Hinblick auf „Katastrophenfälle“ und ist wie die Armee für den „Kriegsfall“ gerüstet.

 

Polizei und Justiz sind im Einsatz bei „Verdachtsfällen“, „Kriminalfäl-len“, „Mordfällen“.

 

Bei „Trauerfällen“ und „Sterbefällen“ kommen Care Teams, Seelsor-ger, „Notfall“-Ärzte, zum Einsatz.

 

Bei „Borkenkäferbefall“ werden kranke Bäume „gefällt“. „Gefallen“ möchte aber die Braut dem Bräutigam, wenn übertrieben sogar von „Gefallsucht“ begleitet.

 

Wer keine Ausnahmen gestatten möchte, will keinen „Präzedenzfall“ schaffen, weil daraus „Streitfälle“ entstehen könnten.

 

Im Herbst „fallen“ die Blätter, Menschen mit Blutleere im Kopf oder anderer Gebresten können „in Ohnmacht fallen“.

 

Klimabegriffe sind der „Regenfall“, der „Schneefall“.

 

Der „Rheinfall“ in Neuhausen ist ein „Wasserfall“ und wird bewundert, der „Reinfall“ auf Betrüger hingegen bringt Ärger und wird beklagt.

 

Für „Härtefälle“ und „Sozialfälle“ springt der Sozialstaat ein.

 

Die neue Parkordnung ist in „Einzelfällern“ ein „Testfall“. Bei Verkehrs-vergehen können die Strafen im „Wiederholungsfall“ erhöht werden.

 

Der neue Staubsauger kann im „Störungsfall“ zum „Garantiefall“ wer-den.

 

Gesetze sollten eigentlich „Konfliktfällen“ vorbeugen.

 

Wer vor Autoritäten eine „Kniefall“ macht, ändert meistens auch den „Tonfall“. 

 

In Parlamenten kann es zu Tumulten und „Zwischenfällen“ kommen.

 

„Spezialfälle“ erheischen besondere Aufmerksamkeit und sind in der Regel Ausnahmen.

 

Öfters wird heute über den „Zerfall der Werte“ geklagt. Dies bekräf-tigen entsprechende „Fallstudien“.

 

„Fallobst“ gibt es auf Bäumen oder anderswo.

 

Philosophen behaupten, es gebe keine „Zufälle“, sondern Manches „falle einem zu“.

 

Wer des Wer-, Wes-, Wem- und Wen-Falles nicht mächtig ist, mag den Duden konsultieren oder im „Zweifelsfall“ gescheite Leute fragen.

 

Wenn Geschirr „herunterfällt“, gibt es meistens Scherben. Termine können „verfallen“, das heisst nicht mehr gültig sein. Doch gibt es auch alte Häuser, die „verfallen“.

 

Bei länger kranken Menschen heisst es, das „Gesicht oder die Wan-gen seien eingefallen“.

 

„Umfallen“ kann nicht nur eine Ständerlampe oder Blumenvase, sondern auch ein wankelmütiger Mensch, der nicht mehr zur Sache steht.

 

Täglich kann man in den Medien von „Überfällen“ auf Menschen, Ban-ken, Geschäfte lesen. Gefürchtet waren einst die „Überfälle“ der Schweizer Söldner.

 

„Auffällig“ zugenommen hat in den letzten Zeiten der Autoverkehr ins Oberseetal.

 

Heutige Menschen sind „anfälliger“ für Allergien.

 

Radprofis können sich aus Taktik „zurück fallen lassen.“

 

Nicht unwichtig sind manchmal „beifällig“ angefügte Bemerkungen. Man werde „ausfällig“, wenn man ausrastet.

 

„Gefälligkeiten“ sind nette Dienst am Kunden und an den Mitmen-schen.

 

Mahnungen werden verschickt, wenn der Zahlungstermin „verfallen“ und die Zahlung längst „überfällig“ ist.

 

Und wenn einem, was „auffallen“ kann, nichts mehr „einfällt“, ist es Zeit aufzuhören.

 

Bis bald! Ihr Pankraz

 


Montag, 10. Juli 2023

 

Trouvaille

 

Die Näfelser Gebrüder Gallati als Kapuziner

 

Werner blieb Br. Werner

Paul wurde Br. Raymund

 

Auf der Suche nach dem Porträt von P. Hesso Hösli (siehe nächster Beitrag vom 07.07.2023) stiess ich in der gleichen TAO Nr. 5/Dezember 2020 auf einen Beitrag über zwei bekannte Näfelser. Beide waren im Kreise ihrer Familie Gallati-Fisch im Rautidorf aufgewachsen und waren Absolventen der Klosterschule Mariaburg. Beide wurden Kapuzinerbrüder. Dr. Beat Müller hat den Beitrag geschaffen. Leider hatte ich etwas Mühe beim Kopieren und Übertragen, weshalb ich die geneigten Leserinnen und Leser für den folgenden Betrag um Nachsicht bitte.

 

 

Wenn aus leiblichen Brüdern Kapuzinerbrüder werden...

 

von

Dr. Beat Baumgarter,  Ebikon


Freitag, 7. Juli 2023

 

Trouvaille

 

P. Hesso Hösli OFMCap- einst Klosterschulprofessor

 

heute im Ruhestand im Kloster Schwyz

 

Mit freundlicher Bewilligung des Autors P. Adrian Müller OFMCap darf ich hier das Interview, publiziert in TAO Nr. 5/ Dezember 2020 Seite 6ff. einrücken. P. Hesso war ein sehr beliebter und talentierter Lehrer an der Klosterschule Mariaburg in Näfels. Viele ehemalige Schüler erinnern sich gerne an ihn.

 

Allrounder, aber nahe bei den Menschen

 

Bruder Hesso Hösli wurde 1931 im Kanton Glarus geboren und legte 1956 die ewige Profess ab. Der bald 90-jährige war Lehrer und arbeitete für die Missionspropaganda Ostschweiz, er war Spiritual der Jungwacht und zweier Schwesternkonvente sowie Pfarrer und Künster. Heute lebt Br. Hesso im Kloster zum Mitleben in Rapperswil.* Doch wichtig war und bleibt ihm die Nähe zu den Menschen. Selber religiös sensibel, möchte er den Glauben weitergeben.

 

Adrian Müller

 

Lieber Bruder Hesso, du hast das Gymnasium bei den Benediktinern in Disentis gemacht.

Warum bist du dann Kapuziner geworden?

 

Ja, die Benediktiner in Disentis gefielen mir. Ich war bei ihnen zu Hause. Doch die feierliche und ausgedehnte Liturgie sprach mich wenig an. Und gleichzeitig war mein Bruder Othmar schon bei den Kapuzinern.

 

Aber der Wunsch, ein Ordensleben zu führen, unbestritten?

 

Nein, ich hatte auch über ein Leben als Weltgeistlicher nachgedacht. Von klein auf wollte ich jedoch Priester werden. Und in der Rekrutenschule spürte ich, dass ich meinen Kameraden den Glauben weitergeben wollte.

 

Die Kapuziner sind ein franziskanischer Orden.

Hatte der Heilige Franz von Assisi damals eine Bedeutung für dich?

 

Doch. Die Gestalt Franz von Assisi hat mir früher schon gefallen. Da gibt es schöne franziskanische Erlebnisse, bevor ich Kapuziner wurde. So durften wir auf dem Heimweg von einer Bergtour als Jugendliche im Klo-ster Altdorf übernachten. Auf dem Zimmer lagen Trauben. Und morgens hörten wir ein Requiem der Brüder. Diese Stimmung hat mir gutgetan.

 

Wenn ich aus Distanz auf die Schweizer Kapuzinerprovinz im 20. Jahrhundert schaue, dann sehe ich Lehrer, Missionare und Seelsorger unter den Priesterbrüdern, früher Patres. Wolltest du Lehrer werden, als du zu den Kapuzinern gingst?

 

Noch nicht, nein. Am ehesten wollte ich Seelsorger werden. Die Schule stand bei mir nicht im Vordergrund. Darum wurde ich nach dem Theolo-giestudium für drei Jahre nach Zug versetzt. Mein leiblicher Bruder hatte damals noch einen Hilfsredaktor gesucht. Und angedacht war ein Jour-nalistikstudium in Zürich.

 

Was hast du dir nach der Priesterweihe 1956 unter einem Seelsorger vorgestellt?

 

Ich wollte einfach nahe an die Leute herankommen. Das war für mich Seelsorge. Und Priestersein hiess für mich ganz klar: den Menschen dienen. Und wie schon gesagt, in der Rekrutenschule wurde mir klar, dass meine Kollegen spirituelle Nahrung brauchten.

 

Du wurdest schlussendlich nicht Journalist.

 

Das Provinzdefinitorium versetzte mich ohne Rücksprache von Zug nach Freiburg. Am neuen Ort fragten mich die Brüder, was ich denn studieren solle. Ich wusste es noch nicht und so wartete ich auf das Telefon vom Provinzial. «Sekundarlehrer, Naturwissenschaft» war die Antwort. Ich bin fast vom Stuhl gefallen. Selber hätte ich Germanistik gewählt.

 

Nach dem Studium begann deine Zeit als Sekundarlehrer im Pro-gymnasium Näfels. Sonntags gingst du stets auf Aushilfe?

 

Das war ein volles Sekundarlehrerprogramm samt Ökonomie und Buch-haltung der Schule. Fast jeden Sonntag ging ich auf Aushilfe in die umliegenden Pfarreien. Nach sechs Jahren in Näfels kam dann die Anfrage, ob ich nicht zusätzlich noch die Missionspropaganda der Ostschweiz übernehmen könnte.

 

Wolltest du denn Missionar werden?

 

Nein, ich hatte nicht im Sinn in die Missionen zu gehen. Auch verstand ich davon nichts. Das Provinzdefinitorium versetzte mich ans Gymnasium Appenzell und übergab mir die Missionsanimation Ostschweiz. Ich übernahm nun neben der Schule Missionssonntage und ging nach einem Jahr für drei Monate nach Tansania.

Als ich in Dar es Salaam war, kam ein Bruder auf mich zu und sagte: «Wenn du wieder in der Schweiz bist, dann wirst du Bundespräses der Jungwacht.» Er hatte in Tansania die neuesten Mutationen schon mitbe-kommen; ich noch nicht.

 

Lieber Hesso, du warst für Jahre Bundespräses, später wieder Leh-rer, Allrounder, Künstler sowie 21 Jahre Internatspräfekt in Appen-zell. Und nach der Pensionierung 21 Jahre Spiritual von Schwe-sternklöstern und Pfarrer in Walzenhausen.

Heute lebst du im Kloster zum Mitleben in Rapperswil. Allrounder und nahe bei den Menschen, beschreibt wohl dein Leben sehr gut. Wo bist du heute als bald Neunzigjähriger nahe bei den Menschen?

 

Ich werde gerne zum Beichthören gerufen, selbst von Winterthur kommen Menschen. Ich melde mich im Kloster ziemlich oft und gerne für die Betreuung der Pforte und komme dabei mit den Leuten gerne ins Gespräch.

 

*P. Hesso Hösli ist mitlerweile im Kapuzinerkloster in Schwyz

P. Hesso Hösli bei der Verabschiedung 2016. Er war 21 Jahre Spiritual der beiden Klöster Grimmenstein in Walzenhausen und Maria Hilf in Altstätten. Vorher war er auch Gymnasiallehrer und Externen-Präfekt im Kollegium Appenzell.. Nach seinem Aufenthalt im Kloster Rapperswil, war er einige Jahre im Kloster Wil, nunmehr ist er im Kloster Schwyz. (Bild: St. Galler Tagblatt)


Donnerstag, 6. Juli 2023

 

Hinweis

 

Annalena Müller bringt eine Serie mit Papstgeschichten

Soeben entdeckt: Auf www.kath.ch erscheint ab heute eine spannende Serie von Beitragen über Päpste.

 

 

Annalena Müller, PhD

 

Université de Fribourg

Sciences historiques

Av. de l’Europe 20

1700 Fribourg, Suisse

annalena.mueller@unifr.ch

 

CURRICULUM VITAE

 

 

Education

 

PhD, Yale University (2014)

 

Dissertation: ‘Forming and Re-Forming Fontevraud. Monasticism, Geopolitics, and the Querelle des Frères (c. 1100-1642)’

 

MPhil, Yale University (2011)                                                                    

 

MA, Yale University (2010)                                                            

 

MA de Recherche, Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne (2009)

 

BA, Johannes Gutenberg-Universität Mainz (2007)

 

 

Die Papst-Geschichten erscheinen an folgenden Daten:

 

06.07. Gregor der Grosse – Reformer und Rhetoriker

 

11.07. Leo III. – Der Kaisermacher

 

16.07. Benedikt IX. – Der Mehrmals-Papst

 

23.07. Urban II. – Erfinder der Kreuzzüge

 

30.07. Coelestin V. – Der Zurückgetretene

 

03.08. Sixtus IV. – Reformer und Kunstmäzen

 

08.08. Alexander VI. – «Familienmensch» und Renaissance-Papst

 

13.08. Pius VI. – Der grosse Verlierer

 


Samstag, 1. Juli 2023

 

Frauen in der Glarner Politik

 

(Hinweis nach der Wahl der fünften Landratspräsidentin)

 

siehe "Bild der Woche" vom 29. Juni 2023

Am 7. Februar 2021 erschien unter dem Titel "50 Jahren Frauen in der Glarner Politik" in der "Südostschweiz-Glarus" ein Beitrag. Als Autorin wird Olivia Äbli-item genannt.

 

" Vor 100 Jahren wurde das Frauenstimmrecht erstmals an einer Landsgemeinde beantragt und abgelehnt, wie der Blick in die Geschichte zeigt."

 

 

Ein paar Stationen des Frauenstimmrechts im Glarnerland

 

1921

Abstimmung über die Einführung des Frauenstimmrechts in Genf, Neuenburg, Basel-Stadt, Zürich und St. Gallen. Die Glarner Landsgemeinde lehnt  Antrag mit grossem Mehr ab.

 

1936

Der gegenüber 1921 moderate Antrag für ein partielles Frauenstimm- und -wahl-recht in Schul-, Kirche- und Armengemeinden wird von der Landsgemeinde haus-hoch abgelehnt.

 

1959

Erste eidgenössische Abstimmung zum Frauenstimmrecht: Die Männer lehnen gesamtschweizerisch mitt Zweidrittelsmehrheit ab, die Glarner Männer mit über 80 %.

  

1961

Die Landsgemeinde lehnt erneut die Einführung des Frauenstimm- und Wahl-rechts in den Schul-, Armen- und Kirchgemeinden ab.

 

1967

Der Memorialsantrag zur Einführung des Frauenstimm- und Wahlrechts in den Schul-, Fürsorge- und Kirchgemeinden sowie des passiven Wahlrechts in die Waisenämter wird knapp angenommen.

 

7. Februar 1971

Eidgenössische Abstimmung: Das Stimm- und Wahlrecht für Frauen in der Schweiz wird angenommen.

Die Kantone Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden, Obwalden, Schwyz, St. Gallen, Uri Thurgau und Glarus stimmen weiterhin dagegen; nur 41,3 Prozent der Glarner Männer stimmten mit einem Ja.

 

Mai 1971

Drei Monate später sagt die Landsgemeinde Ja zum sofortigen uneingeschränk-ten Frauenstimmrecht, obwohl der Landrat die Teilnahme der Frauen an der Landsgemeinde weiterhin ausklammern will.

 

1972

Der Landsgemeindering wird baulich vergrössert. Erste Landsgemeinde mit Frauen.

 

Glarner Pionierinnen

 

1972

Christine Schmidlin, SP, rutscht als erste Landrätin in den Landrat nach.

 

1973

Sie ist die Rednerin im Landsgemeinde-Ring.

 

1974

Christine Schmidlin wird  erste Zivilrichterin.

 

1973 und 1974:

Edith Zimmermann-Bütikofer, FDP, ist von 1961 bis 1973 Präsidentin der Frau-enzentrale Glarus und kandidiert als erste Frau erfolglos für den Regierungsrat.

 

1974

Ursula Herren, FDP, wird erste Landrätin.

 

1987

Ursula Herren wird erste Landratspräsidentin.

 

1978

Johanna Schneiter-Britt, SP, wird 1978 erste Oberrichterin.

 

1995

Sie wird erste Obergerichtspräsidentin.

 

1997

Annemai Kamm, SVP, wird Landrätin.

 

1998

Sie wird zweite Glarner Landratspräsidentin.

 

1998

Marianne Dürst, FDP, wird als erste Regierungsrätin-

 

2003

Christine Bickel, SP, wird dritte Landratspräsidentin.

 

2008

Marianne Dürst Benedetti, FDP, wird erste Frau Landammann.

  

2010: Christine Bickel, SP, wird neben Marianne Dürst zweite Glarner Regier-ungsrätin.

 

2014

Marianne Lienhard, SVP, wird (wieder einzige) Regierungsrätin.

 

2016

Susanne Elmer Feuz wird vierte Landratspräsidentin.

 

2021: Marianne Lienhard, SVP, seit 2014 (wieder einzige) Regierungsrätin, ist

die zweite Frau Landammann.

 

2023

Regula N. Keller, Grüne, wird fünfte Landratspräsidentin.

 

 

(Eine vollständige Liste der bisherigen Frauen im Landrat steht mir nicht zur Ver-fügung, ebenso der in die Gerichte gewählten Frauen.)

 

 

Mitglieder des Landrates 2022–2026

 

 

Stand: Juni  2023

 

Landratspräsidentin: Regula N. Keller, Ennenda

 

Gemeinde Glarus Nord

 
Name Strasse Ort Partei

 

Schmid Heinrich

 

Wiesenstrasse 11

 

8865 Bilten

 

SVP

Schnyder-Schmid Elisabeth Wiesenstrasse 15 8865 Bilten SVP
Staub-Tremp Fridolin Holdernstrasse 8 8865 Bilten SVP
Küng Emil Oberdorf 39 8758 Obstalden SVP
Schrepfer-Landolt Liliane Voglingen 12 8758 Obstalden Die Mitte
Bösch-Widmer Daniela Poststrasse 8 8867 Niederurnen Die Mitte
Grünenfelder Priska Farbwiesstrasse 23 8867 Niederurnen SP
Hager Adrian Rautiweg 5 8867 Niederurnen SVP
Kistler Benjamin Rosenbordstrasse 18 8867 Niederurnen SP
Krieg Kaspar Allmeindstrasse 3 8867 Niederurnen SVP
Meier Jud Gabriela Sagengüetli 1 8867 Niederurnen FDP
Müller Wahl Priska Schützengartenstrasse 8 8867 Niederurnen GLP
Stüssi Dominique Hädilochstrasse 33 8867 Niederurnen Die Mitte
Wolf Edgar Feldstrasse 8 8867 Niederurnen FDP
Heer Albert Landstrasse 56 8868 Oberurnen FDP
Noser Beat Landstrasse 28a 8868 Oberurnen Die Mitte
Rothlin Peter Landstrasse 12 8868 Oberurnen SVP
Steinmann Sabine Weidstrasse 11 8868 Oberurnen SP
Landolt Franz Im Dorf 30 8752 Näfels GLP
Landolt Rüegg Nadine Sonnenweg 13 8752 Näfels GLP
Rimini Luca Obererlen 26 8752 Näfels Die Mitte
Schwitter Cyrill Bachdörfli 5 8752 Näfels Die Mitte
Schwitter Ruedi Feld 1 8752 Näfels GLP
Tschudi Thomas Beuge 7 8752 Näfels SVP
Carrara Yvonne Itenhoschet 12 8753 Mollis SVP
Schneider Roger Tulla-Weg 7 8753 Mollis FDP
Weibel Kaj Anna-Göldi-Weg 4 8753 Mollis Junge Grüne
Zingg Samuel Feldhoschet 6 8753 Mollis SP
     
 

Gemeinde Glarus

 

Name Strasse Ort Partei

 

Büttiker Christian

 

Goldigen 18

 

8754 Netstal

 

SP

Schnyder Markus Bachhoschet 3 8754 Netstal SVP
Schnyder Matthias Landstrasse 12 8754 Netstal SVP
Schubiger Hans Kreuzbühlstrasse 52 8754 Netstal Die Mitte
Luchsinger Andreas Schulhaushoschet 5 8750 Riedern Die Mitte
Bernhard Andrea Oberdorfstrasse 16 8750 Glarus GLP
Blumer Rolf Im Büel 18 8750 Glarus SVP
Freuler Franz Sackbergstrasse 15 8750 Glarus SVP
Goethe Roland Zollhausstrasse 55 8750 Glarus FDP
Küng Sarah Feldstrasse 11 8750 Glarus SP
Marti Christian Untere Pressistrasse 9 8750 Glarus FDP
Trummer Andrea Dr. Joachim-Heer-Strasse 20 8750 Glarus Die Mitte
Elmer Feuz Susanne Küngenhoschet 4 8755 Ennenda FDP
Grossenbacher Marius Rosengasse 6 8755 Ennenda Grüne
Hefti Frederick Obere Allmeind 10 8755 Ennenda Junge Grüne
Jenny Hans Bergstrasse 4 8755 Ennenda FDP
Keller Regula N. Ennetbühlerstrasse 3 8755 Ennenda Grüne
Waldvogel Fritz Gerbistrasse 6 8755 Ennenda Die Mitte

 

Gemeinde Glarus Süd

Name

 

Strasse

 

 

Ort

 

Partei
Schriber Cinia Hoschet 23 8756 Mitlödi Grüne
Sigrist Urs Lassigen 294 8762 Schwändi Die Mitte
Isenegger Rahel Nassim Hauptstrasse 65 8762 Schwanden SP
Zopfi Martin Rufistrasse 21 8762 Schwanden FDP
Marti Hans-Jörg Bahnhofstrasse 1 8772 Nidfurn FDP
Forrer Hans Rudolf Adlenbach 46 8775 Luchsingen SP
Glarner Reto Adlenbach 44 8775 Luchsingen SVP
Muggli Stephan Untere Allmeind 6 8777 Betschwanden FDP
Vögeli Mathias Huob 16 8782 Rüti Die Mitte
Wichser Hans-Heinrich Oberer Höhenweg 22 8784 Braunwald SVP
Gisler Toni Auenstrasse 19 8783 Linthal SVP
Baumgartner Martin Holderbergli 1 8765 Engi SVP
Zopfi Mathias Bergen 9 8765 Engi Grüne
Rhyner Barbara Untertal 31 8767 Elm SVP

 

Auf obigen Beitrag hat eine Leserin aus meinem Bekanntenkreis reagiert und mir den folgenden Text nachgereicht. Selbstverständlich soll er hier eingerückt werden:

   

Adieu, liebe Schweiz: Der Abschiedsbrief

 von

Alexandra Dufresne

 26. Dezember 2022

 

Adieu, liebe Schweiz: Der Abschiedsbrief einer Feministin

Nach sechs Jahren verlässt die Menschenrechtsanwältin, Feministin und berufs-tätige Mutter Alexandra Dufresne die Schweiz. Nach sechs Jahren in Zürich ist es an der Zeit, in die USA zurückzukehren. Es gibt so viele Dinge, die ich ver-missen werde.

  

Ich werde vermissen, wie mir der Atem stockt, wenn ich an einem klaren Tag die Alpen sehe. Ich werde das Schwimmen in der Limmat vermissen. Ich werde es vermissen, Schweizer:innen zu beobachten, die sich aufregen, wenn das Tram fünf Minuten Verspätung hat. Ich werde es vermissen, dass meine Kinder die Stadt eigenständig erkunden können. Ich werde die Proteste auf dem Ni-Una-Menos-Platz, das Zurich Pride Festival und die Freiwilligen vermissen, die vor dem Lebensmittelgeschäft Unterschriften für Petitionen sammeln. Ich werde die älteren Menschen vermissen, die mit ihren Hunden im Wald spazieren gehen. 

 

Ich werde die «Vereins»-Kultur vermissen – wie ernst die Menschen hier ihre Hobbys nehmen. Ich werde die Liebe der Schweizer:innen zu Weiterbildungen und zu beruflichen Zertifikaten vermissen. Ich werde vermissen, wie formell und höflich die Menschen sind.

 

Ich werde es vermissen, «Tiptop!» und «En Guete!» zu hören, und dass die Leu-te sagen, sie seien «enttäuscht» statt «wütend». Ich werde öffentliche Schwimm-bäder vermissen, in denen sowohl Bier als auch Cappuccino ausgeschenkt wer-den. Ich werde die Schweizer Bescheidenheit vermissen – wie die Leute vorge-ben, dass sie nicht Ski fahren, Tennis spielen oder gut Englisch sprechen kön-nen, aber in Wirklichkeit in all diesen Dingen tatsächlich gut sind. Ich werde so-gar das Läuten der Kirchenglocken am Sonntagmorgen vermissen.

 

Ich werde nicht vermissen, wie selbstgefällig, selbstbeweihräuchernd und allge-genwärtig das männliche Privileg ist und wie es als normal akzeptiert wird. Vor allem aber werde ich die Hunderten von jungen Student:innen vermissen, die ich unterrichten durfte – wie klug, neugierig, lustig und freundlich sie sind, wie sie meine Sicht auf die Welt verändert haben.

 

Aber es gibt eine Sache, die werde ich nicht vermissen: die Diskriminierung auf-grund des Geschlechts am Arbeitsplatz. Ich werde nicht vermissen, wie selbst-gefällig, selbstbeweihräuchernd und allgegenwärtig das männliche Privileg ist und wie es als normal akzeptiert wird. Als berufstätige Frau mit Kindern in mei-nen späten 40ern werde ich nicht vermissen, dass ich mich gleichzeitig gefangen und unsichtbar fühle.

 

Das Schweizer Patriarchat: selbstgefällig und herablassend

Ich werde es nicht vermissen, wenn Frauen, die an der Spitze ihrer Karriere ste-hen, sinnvolle Arbeitsmöglichkeiten verwehrt werden, weil sie Mütter sind. Ich werde die Doppelmoral nicht vermissen, die es Männern erlaubt, mittelmässig zu sein und trotzdem ihren Platz am Tisch zu behalten. Während gleichzeitig von Frauen, die hervorragende Leistungen erbringen, erwartet wird, dass sie im Hin-tergrund bleiben. Ich werde die Doppelmoral nicht vermissen, die bei Männern Selbstvertrauen als Zeichen von Führungsstärke und bei Frauen als Arroganz definiert. Ich werde es nicht vermissen, wenn fähige Schweizerinnen ihr Talent verstecken oder sich weigern, offen über Sexismus zu sprechen, weil sie Angst haben, das System sonst ins Wanken zu bringen. Ich werde nicht vermissen, dass Frauen ohne Kinder Frauen mit Kindern untergraben. Einfach nur deshalb, weil das Patriarchat uns alle erfolgreich davon überzeugt hat, dass wir Frauen untereinander um wenige Plätze konkurrieren. Ich werde die andauernde Abwer-tung von Frauen, sowohl von ausländischen als auch schweizerischen, nicht ver-missen, insbesondere von Frauen, die Geflüchtete, muslimisch oder People of Color sind. 

 

Das soll natürlich nicht heissen, dass das Patriarchat in den USA tot ist. Aber die geschlechtsspezifische Diskriminierung, die andere Frauen und ich im berufli-chen Kontext in der Schweiz erlebt haben, hat einen ganz eigenen Charakter, ähnlich wie in den 1970er-Jahren in den USA – eine ungewöhnliche Selbstge-fälligkeit. Sie ist anmassend und herablassend. Das Patriarchat weiss, dass es immer noch die Oberhand hat, und zweifelt nicht daran, dass es im Recht ist. Das Patriarchat in der Schweiz ist noch nicht einmal an dem Punkt angelangt, an dem es merkt, dass es vielleicht nicht ganz so selbstgefällig sein sollte.

 

Die Dankbarkeitsstrategie des Patriarchats

Die wichtigste Verteidigungsstrategie des Patriarchats, wenn es um die Ungleich-heit zwischen den Geschlechtern geht, ist das Narrativ, dass Frauen so viel Glück haben, in einem so friedlichen, wohlhabenden und geordneten Land wie der Schweiz zu leben. Dass es unhöflich ist, beunruhigende Aspekte (wie Frem-denfeindlichkeit oder Sexismus) zu kritisieren. Die Norm «Ausländer müssen dankbar sein, Schweizer auch!» – kombiniert mit der Tendenz, Probleme unter den Teppich zu kehren, um Disharmonie zu vermeiden – funktioniert sehr gut für diejenigen, die davon profitieren. Es macht Sinn, den Status quo zu verteidigen, wenn er einem gut gedient hat.

 

Das Patriarchat in der Schweiz ist noch nicht einmal an dem Punkt angelangt, an dem es merkt, dass es vielleicht nicht ganz so selbstgefällig sein sollte. Für an-dere ist dieses Element des Gesellschaftsvertrags jedoch erdrückend. Es ist eine Sache, wenn die eigenen Rechte auf Gleichheit und Würde verletzt werden. Es ist eine andere Sache, wenn Menschen sich weigern, diese Verletzung anzu-erkennen – oder schlimmer noch, wenn sie behaupten, dass sie zum Wohle der Allgemeinheit gerechtfertigt ist. Es zeugt von der Macht des Patriarchats in der Schweiz, dass es ihm gelungen ist, das «grössere soziale Wohl» als das Wohl-ergehen der einen Hälfte der Bevölkerung zu definieren, während der «kleine Preis, den man zahlen muss», «nur» das Wohlergehen der anderen Hälfte ist.

 

Schaffen wir dieses «selbst schuld» ab

Der Schlüssel zur Aufrechterhaltung des Patriarchats in der Schweiz ist die Ten-denz, die Schuld auf seine Kritiker:innen zu schieben. Du bist unglücklich? Du bist selbst schuld! Wenn du eine grosse Karriere willst, warum hast du dann Kinder bekommen? Wenn du die traditionellen Werte nicht magst, warum bist du dann in die Schweiz gezogen? Wenn du nicht als arrogant gelten willst, warum hast du dann um eine Beförderung gebeten? Wenn du nicht von deinem Ehe-mann verletzt werden willst, warum hast du ihn dann immer wieder provoziert? Selbst schuld!

 

Frauen, die gegen die Geschlechternormen verstossen, werden als unhöflich, aufdringlich, kompliziert, gierig und arrogant abgestempelt. Es gilt die Regel, dass Frauen in der Schweiz ihre Leiden bescheiden und still ertragen müssen. Wir sollten mit dem Wohlwollen des Patriarchats zufrieden sein. Schliesslich ist die Schweiz ein demokratisches Land mit einer starken «humanitären Tradition» und «Achtung der Menschenrechte» – eine Oase der Stabilität in einer chao-tischen und gefährlichen Welt. Und wie können wir es wagen, die Schweiz zu kritisieren, wenn die Menschenrechtslage in so vielen Ländern weitaus schlech-ter ist? Wie kann man es wagen, der Schweiz zu unterstellen, sie trage zu den Menschenrechtsverletzungen an Frauen im Ausland bei?

 

Die Doppelmoral, die von Müttern und Frauen verlangt, perfekt zu sein, und von Männern und Vätern, dass sie nur eine minimale Kompetenzschwelle überwin-den, sollte hinterfragt werden.

Ich stimme zu, dass Höflichkeit wichtig ist. Ich bewundere die Schweizer Normen der Bescheidenheit und der sozialen Harmonie. Ich respektiere zutiefst den Wert, den die Schweizer Kultur der Konsensbildung beimisst. Ich stimme zu, dass es wichtig ist, für das, was man hat, dankbar zu sein und den Fortschritt zu würdi-gen, der dank Generationen von Schweizer Feministinnen erreicht wurde.

 

Aber ich denke auch, dass es an der Zeit ist, «selbst schuld!» aus dem Wort-schatz zu streichen. Die Abwehrhaltung, die den «Whataboutism» schürt, wenn in der Schweiz Fragen der Geschlechtergleichstellung aufgeworfen werden, muss überprüft werden. Die Standardnorm der Selbstgefälligkeit sollte in Frage gestellt werden. Die Doppelmoral, die von Müttern und Frauen verlangt, perfekt zu sein, und von Männern und Vätern, dass sie nur eine minimale Kompetenz-schwelle überwinden, sollte hinterfragt werden. Wir sollten Frauen, auch auslän-dischen Frauen, zuhören, wenn sie sich «überempfindlich» oder «wütend» (nicht nur «enttäuscht») über Geschlechternormen äussern, statt ihnen einfach zu sa-gen (wie es mir unzählige Male gesagt wurde): «Wenn es dir nicht gefällt, warum gehst du nicht einfach nach Hause?»

 

Welche Schweizer Werte sind am wichtigsten?

Ich denke auch, dass es wichtig ist, explizit zu fragen: Wer gewinnt und wer ver-liert, wenn nur bestimmte «Schweizer Werte» geltend gemacht werden? Welche Schweizer Werte werden im Falle eines Wertekonflikts als die wichtigsten ange-sehen? Soziale Harmonie auf Kosten der einen Hälfte der Bevölkerung – ist das wirklich ein angemessener Preis? 

 

Dies ist mein Appell an die Schweizerinnen und Schweizer, insbesondere an die-jenigen, die sich noch nicht der feministischen und LGBTQI+-Bewegung ange-schlossen haben: Ja, es gibt Probleme in anderen Teilen der Welt, von denen ihr weitgehend verschont geblieben seid. Ja, die Schweiz ist ein ganz besonderer Ort. Ja, wir sollten dankbar sein, dass wir in einem wohlhabenden und friedlichen Land leben dürfen.

 

Aber schaut euch die Daten an. In einem wichtigen Punkt ist die Schweiz ein ne-gativer Ausreisser: die Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsplatz. Im Glass Ceiling Index 2022 von The Economist, der die «Rolle und den Einfluss der Frau-en am Arbeitsplatz» misst, rangiert die Schweiz auf Platz 26 von 29 unter den OECD-Ländern, direkt vor der Türkei, Japan und Südkorea. In einem Index zur Gleichstellung der Geschlechter in europäischen Unternehmen und Verwaltungs-räten aus dem Jahr 2021 belegt die Schweiz den viertletzten Platz, direkt vor Polen, Luxemburg und Griechenland. Im Vergleich zu Institutionen in anderen Ländern sind Schweizer Banken und Anwaltskanzleien besonders ungleich, ebenso Schweizer Universitäten. Frauen erhalten in der Schweiz immer noch 11 Prozent weniger Lohn als Männer für dieselbe Arbeit.

 

In anderen Ländern werden Frauen nicht regelmässig vor die Wahl gestellt, ent-weder Mutter zu werden oder eine vielversprechende Karriere zu machen. Män-ner in Führungspositionen verstossen in anderen Ländern nicht andauernd ge-gen das Gesetz, indem sie Bewerberinnen nach ihren Kinderplänen fragen. Unternehmen veranstalten nicht regelmässig «Expertenrunden», die nur aus Männern bestehen, und gehen nicht davon aus, dass das Führungsteam ent-weder nur aus Männern oder nur aus Männern und vielleicht einer oder zwei Frauen (idealerweise ohne Kinder) besteht. In anderen Ländern wird von Frauen nicht erwartet, dass sie ihre Kinder in ihrem Lebenslauf angeben. In vielen beruf-lichen Kontexten ausserhalb der Schweiz ist es üblich, geschlechtsneutrale Pro-nomen zu verwenden, wenn dies gewünscht wird.

 

Bescheidenheit, Höflichkeit und soziale Harmonie sind wichtige Schweizer Wer-te. Aber auch Gleichheit, Freiheit und Würde. Ich habe Hunderte von jungen Schweizer:innen aller Geschlechter unterrichtet, die alle diese Werte vorleben. Diese Schüler:innen haben eine glänzende Zukunft vor sich. Lassen wir nicht zu, dass unsere Selbstgefälligkeit mit dem Schweizer Patriarchat ihnen im Weg steht. 

 

Alexandra Dufresne ist Menschenrechtsanwältin und lehrt an Schweizer Hoch-schulen.

  

Quelle: © elleXX 2023

 


*26. April 1871 +12. Dezember 1967

Josef Alois Müller

 

Kurzporträt

von Veronika Feller-Vest

Historisches Lexikon der Schweiz

 

 

Näfels, katholisch, von Näfels. Sohn des Franz Josef, Druckermeisters, und der Regina geborene Landolt. 

Heirat 1898 Anna Louise Landolt, Tochter des Anton, Gemeindeverwalters. Lehrerseminar Schwyz.

Studium in Genf und Zürich.

Sekundarlehrer und Kaufmann (Eisenhandel).

1907-1942 Gemeinderat von Näfels, ab 1910 Präsident.

1918-1923 Glarner Landrat als Vertreter der Katholischen Volkspartei.

1920-1923 Oberrichter.

1923-1945 Regierungsrat (Erziehungsdirektion).

1938 Landesstatthalter.

1942-1945 Landammann.

 

Josef Alois Müller förderte das Schulwesen, unter anderem die Kantonsschule in Glarus.

Als Gemeindepräsident initiierte er Gewässerkorrekturen, Elektrizitätswerksan-bauten und ein Altersheim.

Gründerpräsident des Stiftungsrats für den Freulerpalast.

Präsident der Archiv- und Bibliothekskommission.

Er verfasste historische Schriften und Erzählungen.

 

 

Fritz Widerborst

 

Eine Charakterskizze von J. Müller-Landolt

 

Fritz Widerborst war soeben aus dem Geschäfte, einer grossen mechanischen Werkstätte heimgekommen. Krachend war die Türe zugeflogen. Er ging rasch zum Tische und schenkte sich eine Tasse Milchkaffeebrühe aus der weissble-chernen Kanne, die auf der rissigen Schieferplatte stand und trank in hastigen Zügen. Dann stellte er die fast leere geblümte Tasse in eine Ecke des Fenster-gesimses, wobei ein paar Tropfen auf das schmale Fensterbrett fielen. Sofort sammelte sich ein Schwarm von Fliegen um die labende Lösung. Fritz kreuzte die starken, gebräunten Arme und starrte brütend auf die hohe gegenüberliegen-de Gartenmauer, die von zwei Strassenglühlampen, eine an der oberen Weg-kreuzung der Hintergasse, wo das Haus stand, die andere unten , bei der Kirche, flackernd beschienen wurde.

 

Er setzte sich auf einen wackeligen Stuhl, der unter der Last des starken Mannes ächzte. Etwas Unheimliches lag in seiner Haltung. Die Augen quollen ihm aus dem borstigen, rotgeschwollenen Kopf. «Herrgott, was jetzt?» sprach er laut zu sich «Was jetzt?» Die Faust sauste krachend auf das Fensterbrett, sodass der Fliegenschwarm um die Tasse und den braunen Kaffeetropfen summend gegen die Fensterscheiben auseinanderstob. «Was nun», noch einmal: «Was nun?» Die kleine Elsa am Tisch hörte auf, mit dem verschütteten Kaffee aus ihrer Tasse Flüsse zu ziehen und Seen zu bilden. Sie schaute verwundert und verschreckt auf den Vater. Der betrachtete sie nicht und starrte unverwandt aus dem Fenster hinaus, das rote Gesicht an die Fensterscheibe gedrückt, hinaus in die Regen-finsternis, gegen die, die zwei Glühlampen vergeblich ankämpften.

 

Hinter ihm beleuchtete eine matte Petroleumlampe eine fürchterliche Unordnung. Auf dem Tische eine russige Pfanne mit einem Rest Maisbrei. Rund herum stan-den einige zerbrochene oder beschädigte Kaffeetassen, teils ohne Henkel, teils mit Ausbrüchen am oberen Rand. Auf dem Boden lag zerstreut armseliges Kin-derspielzeug, eine Lumpenpuppe ohne Kopf, ein paar Holztötzchen, Brotreste und --- ein unnennbares Geschirr. «Ja, was jetzt?» Er hatte die Entlassung be-kommen. Der Direktor in der mechanischen Werkstätte war heute auf ihn zuge-kommen, wie er nach einem Risse auf blauem Papier gerade eine Eisenplatte fräste und stanzte. Und nun war die Arbeit missraten. Der Direktor hatte nur die Durchmesser und die Entfernung  der Löcher abgemessen. «Alles verteufelt,» hatte er zu ihm gesagt, zu ihm, der diese Arbeit schon hundert und mehr mal gemacht hatte. «Widerborst, ihr seid ein verdammter Schafskopf!» Wie war ihm da das Blut zum Kopf gestiegen, siedend, siedend! Nicht einmal die Zeichnung war ihm mehr in den Sinn gekommen. Sie wäre ja der Beweis gewesen, dass er richtig gearbeitet. Seiner nicht mächtig, voll Ingrimm über den Schimpf, hatte er den schweren Hammer vom Boden gehoben und bei einem Haar wär’s aus ge-wesen mit dem Direktor. Um Haaresbreite war der Eisenschlegel bei dessen Schläfe vorbeigeflogen. Ganz bleich war der Direktor geworden und dann hatte er zu ihm gesagt: «Widerborst, ihr geht sofort aus der Bude! Ihr seid entlassen». Da hatte er seine Sachen zusammengepackt  -- es war ohnehin schon bald Feierabend – und war gegangen.

 

Jetzt stand er wieder auf und ging im Zimmer auf und ab. Aus der Nebenkammer kam hie und da ein leiser, klagender Laut. Aber er hörte es nicht und setzte sich wieder ans Fenster, presste die Fäuste an seine Schläfen und hockte im Fen-sterwinkel wie ein angeschossenes Wild. «Was jetzt?», so fragte er sich in einem fort.

 

Das Kind war auf den Tisch gestiegen und hatte versucht, sich aus der Kanne Kaffee in seine Tasse einzuschenken. Aber sie entglitt seinen Händchen, stürzte um und ein brauner Strom ergoss sich plätschernd auf den Boden und rann in die Spalten der tannenen Bretter. Das Kind schrie auf. Da kehrte er sich um und jetzt stand auf einmal das ganze Elend vor ihm: die entsetzliche Unordnung, das schluchzende Kind, die Kaffeelache vor dem Tisch, alles würgte ihn und fasste ihn wie ein hartgriffiger Greuel.

 

Jetzt ertönte noch dazu ein trockenes Husten aus der Kammer und eine kranke Stimme rief: «Um Gotteswillen, Fritz, bring’s Kind zu Bett.» Es war die arme Frau, die fiebernd und abgezehrt im Bette lag, unfähig sich zu erheben, da sie eben ein furchtbarer Hustenanfall aufs Krankenlager geworfen hatte.

 

Fritz öffnete mit dem Schuh die halboffene Tür ganz. Ein harter Lichtstrom ergoss sich in die Kammer, in der linker Hand neben dem Bett der Kranken noch zwei Kinder, die in einem gemeinsamem Bettchen. schliefen Das Licht fiel voll auf die abzehrte Frau, deren hohle Wangen fiebrige Rosen verdächtig glühten. 

 

Der Mann packte das Kind und brachte es zu Bette, reichte ihm den Nuggel, der irgendwo am Boden in einem Kaffeebächlein gelegen hatte. Die Kleine war bald dem Elend entrückt, das sie glücklicherweise überhaupt noch nicht spürte. 

 

Da ging die Türe zur Stube auf und auf der Schwelle erschien die alte, aber robu-ste, rundliche Frau Widerborst. Ihr breites, fades Gesicht glänzte und die Äuglein schweiften forschend umher. Sie war in Begleitung eines Mannes dessen Miene unerbittliche Strenge ausdrückte. Graumeliertes, borstiges Haar, faltiges, langes Gesicht, der schwarze Schnurrbart, scharfe, eckige Bewegungen, der stechende Blick, all das vereinigte sich zu einer Erscheinung, die nichts Gutes versprach.

 

«Herr Jesses, Herr Jesses!» rief die Frau, als sie über die Schwelle trat, «ist das eine Ordnung! Herr Gemeinderat!» wandte sie sich an ihren Begleiter, «stehet da nicht in den Kaffeesee! Ich habs ja immer gesagt» fuhr sie fort und warf dabei ihrem Sohn einen giftigen Blick zu, «heirate nicht so ein auszehrendes Ding! Jetzt hat er den Dr ...  S’Hinter voller Schulden» -- da setzt Euch Herr Gemeinderat», sagte sie, indem sie mit dem Ärmel über den staubigen Stuhl fuhr, «und die Stube voller Gofen»!

 

Wieder kam ein trockener Husten und ein Stöhnen aus der Stubenkammer. «Muss doch einmal nachschauen, was die Zarte da drin macht», fuhr sie auf, schenkte einen kleinen Rest Kaffee, der noch in der umgestürzten Kanne geblie-ben war, in eine Tasse und ging in die Kammer. «Da, nimm» hörte man ihre grelle Stimme, die wie eine zerbrochene Schelle klang, «S’wird dir gut tun. Man muss jetzt doch Erbarmen haben, wenn du ihm schon so nachgelaufen bist». «Will nichts  von Euch» schrie die Kranke auf «und nachgelaufen bin ich eurem Fritz nicht. Nehmt die Tasse wieder fort. Nichts, gar nichts will ich von Euch!» «He noch stolz, da werde ich wohl meinen Hauszins glatt erhalten», kläffte die Alte weiter. «Je nun, so trage ich die Tasse wieder hinaus.»

 

Inzwischen hatte der Gemeinderat am Tisch Platz genommen und sich an Wider-borst gewendet, der mit steigendem Ingrimm die Worte seiner Mutter gehört.  Aus seinen Augen glühte ein unheimliches Feuer. Er knirschte mit den Zähnen, nahm dann aber wortlos seinen Platz am Fenster, gegen das der schwere Regen klat--schend prasselte, wieder ein «Ich habe wirklich nichts Gutes für euch, Wider-borst.» fing der Gemeinderat an. «Nichts Gutes.»  Er hatte die Gewohnheit, das letzte Wort immer zu wiederholen. «Nichts Gutes» kam es hüstelnd aus den schmalen, zusammengekniffenen Lippen aus denen zwei gelbe Zähne wider-wärtig hervortauchten. «Ihr seid betrieben, Widerborst. Und mit der Mutter da seid ihr ständig im Streit, im Streit:»

 

«Ja,» fuhr diese wie eine Furie los, «Das ganze Jahr kein gutes Wort und den Hauszins für ein halbes Jahr ist er mir auch noch schuldig. Wovon soll denn un-sereines leben? Und diese Ordnung, Herr Jesses, Herr Jesses, die ganze Woh-nung geht mir zu Grunde. Da läuft ja der Kaffee in die Decke meiner Stube. Ich muss einen Lumpen haben, um wenigstens diese Pfützen aufzutrocknen!

 

Sie surrte in die Küche, kam wieder mit einem Fetzen und tunkte den Kaffeesee auf. «Das kommt davon, wenn man so einem schönen Lärvchen nachrennt». Der Gemeinderat hüstelte und sagte dann: «Eure Mutter hat mich beauftragt, euch die Wohnung zu künden, zu künden. Heute haben wir den 31.Mai  - 31.Mai. Am 30. Juni , 30.Juni, muss die Wohnung geräumt sein, geräumt sein. Habt ihr ver-standen – verstanden?»

 

 

Widerborst starrte weiter zum Fenster hinaus, ohne sich umzukehren. Eine un-bändige Wut hatte ihn ergriffen. Er ballte die Faust im Hosensack  und sein Mund brachte nur die Worte heraus «So, so» und aus der Kammer kam ein Stöhnen.

 

Die Mutter, die immer noch auf dem Boden herumhuschelte, Brotreste und Kin-derspielzeuge zusammenlas keifte: «Ja, jetzt, will ich einmal schauen, ob ‘s nicht eine andere Ordnung gibt! Da hat er eine Frau geheiratet, die den ganzen Tag im Bett liegt und alles hocken lässt und faulenzt.»

 

Da. drang lautes Weinen in die Stube, unterbrochen von erschütterndem Husten. «Jetzt ist es genug!» Widerborst war aufgestanden. Seine  Augen, aus denen ein unsäglicher Grimm funkelte, drangen weit aus den Höhlen. Wie ein sprungbe-reites Tier stand er seiner Mutter und dem Gemeinderat gegenüber, packte die Mutter beim Arm und zerrte sie vom Boden auf.

«Halt Widerborst, vergreif dich nicht an der Mutter, denk an das vierte….» «Hin-aus sag ich euch. Hinaus, sonst gibts ein Unglück!» Immer lauter drang das Schluchzen aus der Kammer. «Fritz, ach Gott, ich sterbe.» «Hinaus!» donnerte er und stürzte in die Kammer.

 

Da auf einmal ertönte durch die Gasse der unheimliche Schall des Feuerhorns. Der Regen rauschte und schlug mit erneuter Wucht an die Scheiben. Draussen war dunkelste Finsternis. Die Strassenlampen waren erloschen, gellende Hilfe-rufe ertönten schaurig durch die Nacht und immer wieder kamen die erschüt-ternden Stösse des Feuerhorns. «Der Bergbach kommt, der Bergbach!

 

Der Gemeinderat und die Frau Widerborst hatten sich beim ersten Ton des Alarmzeichens davongemacht. Widerborst hatte die Kranke bei einem neuen Hustenanfall unterstützt und ihr Kissen zurechtgelegt. Dann als sie etwas ruhiger geworden war, nahm er die Feuerwehrausrüstung, den Rock, den Helm, der im-mer blitzblank in der Ecke der Nebenkammer hing, vom Hacken, legte die Rüs-tung an und an und stürmte in die Regennacht hinaus. Immer noch heulte das Horn. Wütend trieb der Wind die Nebelschwaden durch die Gasse. Ein schauri-ges Tosen vom nahen Berge erfüllte das Dunkel. Wie er mit andern Feuerwehr-leuten, die überall aus den Häusern kamen, auf dem Sammelplatz beim Schul-haus ankam, wusste er warum man die Feuerwehr aufgeboten hatte. Ein mäch-tiger Strom rauschenden Wassers wälzte sich durch das Dorf. Der Bergbach, der aus einem Seitental herunterbrauste, war über die Ufer getreten und bedrohte, Häuser, Wiesen und Gärten. Im Eilschritt wateten die Feuerwehrleute durch die steigenden Wasser zu den gefährdeten Stellen.

Jetzt standen sie vor der Bresche.

 

Mit titanischer Wut drängten sich die brüllenden Fluten durch das geborstene Ufer. Die Felsblöcke die der wütende Bach rollte, rieben sich aneinander und ver-ursachten einen Höllenlärm. Es war, wie wenn ein verwunschener Bergriese sich plötzlich seiner Fesseln entledigt hätte und nun rachedürstig und wutschnaubend seine Gegner überfiele.

 

Dazu rauschte eine unaufhörliche Wasserflut vom wolkenbehangenen Himmel. Woge auf Woge , untermischt  mit gröhlendem Geröll wälzte sich über die Wiese gegen das Haus des Bauers Bergmann. Schon umbrandeten die Wellen die Mauern und fluteten durch den Hausflur. Aus dem Fenster kamen markerschüt-ternde Schreie der Frau des Bauern. Sie trug ein kleines Kind im Arm, während sie das grössere an der Hand hielt. Der Bauer war in den Stall geeilt, um das Vieh herauszuführen.

 

Das sah Widerborst. Ohne sich um die gischtenden Wasser und das Geröll zu kümmern, sprang er in die Flut, bahnte sich einen Weg zum Haus. Er stieg die Treppe hinauf und drang in die Stube. Er fasste die Frau beim Arm. Das grössere Kind nahm er auf seinen Rücken, und so traten sie in das Wasser, das ihnen schon bis über die Knie reichte. Mehrmals strauchelte die Frau mit dem kleinen Kind. Aber Widerborst stützte sie, stemmte sich mit verbissener Wut gegen den Strom und  brachte die Frau und die Kinder glücklich in Sicherheit.

 

Ohne den Dank des Bauern und seiner Frau abzuwarten eilte er wieder zu sei-nen Kameraden, die eben Bäume gefällt hatten, um damit das geborstene Ufer zu stopfen. Allen voran stand Widerborst in den Wellen und schliesslich gelang es, den Bach wieder einigermassen in sein Bett zu zwingen. Der Regen nahm ab. Der fahle Morgen, der langsam heraufstieg, beleuchtete eine trostlose Stein-wüste um das Haus. Aber dem Himmel sei Dank, kein Menschenleben war zu beklagen und auch das Vieh war gerettet worden!

 

Aber wie sah es aus! Die ganze Liegenschaft war mit Geröll meterhoch über-deckt, teilweise reichte der Schutt bis in die Äste der Bäume. Überall war der Boden von tiefen Gräben durchzogen. Immer noch klatschten bald da, bald dort Wasserwogen über die Ufer und ergossen sich in die Gräben. Die Feuerwehr stand Wache, verbesserte und verstärkte überall das Ufer, wo eine schadhafte Stelle war. Eine Menge Leute kamen, um die Schäden zu besichtigen. Gegen Mittag endlich, als der Regen vollständig aufhörte und sich die Sonne durch die feuchten Wolken zagend hervorwagte, konnte man die Feuerwehrleute entlas-sen. 


Sammlung wurde geblasen. Die Mannschaft stellte sich in Reih und Glied. Aber wie sah sie aus. Durchnässt von unten bis oben, mit Schlamm beschmutzte Klei-der, kotig die Schuhe. Der Kommandant fand Worte der Anerkennung. «Insbe-sondere muss ich» fügte er mit erhöhter Stimme hinzu, «die mutige Tat unseres Kameraden Widerborst hervorheben, der mit eigener Lebensgefahr Frau und Kinder aus dem bedrohten Haus gerettet hat. Er verdient höchstes Lob. Unser Kamerad lebe hoch!» Alle stimmten freudig ein.

 

Er aber trat mit finsterer Miene hervor und sagte: «Kommandant, ich brauche das nicht. ich muss heim». Trat aus und kehrte in das Elend seines Hauses zurück.

 

Am gleichen Abend erhielt er vom Werk ein Schreiben, das seine Entlassung rückgängig machte. Die Kündigung der Wohnung unterblieb.

 

 

Eine Spukgeschichte

 

Die Honoratioren des Dorfes sassen gemütlich beim Abendschoppen in der hei-meligen alten Weinstube zum «Mohrkopf», in der Herr Vater Müller, ein kleiner, rundlicher, aber äussert beweglicher Wirt, und seine freundliche Ehehälfte den Gästen eifrig zu Gebote standen.  Der Gemeindeschreiber Hauser strich im philo-sophischer Ruhe über seinen wallenden mit weissen Fäden durchwirkten Bart und hörte lässig auf die Rede des Direktors des Eisenwerkes Schröder, der mit lebhaften Gebärden seiner Umgebung, dem Gemeindepräsidenten Schropp, dem Lehrer Beeler mit den hervorquellenden Augen und einigen Gemeinderäten sein Projekt von einer Drahtseilbahn zur Erschliessung der schönen Alpentäler ob dem Dorfe erklärte und oft mit einigen Strichen auf einer Schiefertafel erläu-terte. Es entstand eine aufgeregte Unterhaltung, ein Für und Wider, dass die Wände dröhnten.

 

Mitten in dem turbulenten Schwadronieren der Intellektuellen stürzte der ältere der beiden Söhne des Wirtes, ein zwölfjähriger Junge kreidebleich in die Gesell-schaft gelaufen –-- fast verschlug es ihm die Stimme so schnell war er gelaufen – und schrie; als er zu Atem gekommen war: «Er ist wieder gekommen, er kommt jeden Abend.»

 

«Wer kommt? Wer ist gekommen?» rief es von allen Seiten. «Was ist los, Walter?» fragte unwirsch der Vater. «Du solltest schon lange im Bett sein, es ist ja schon mehr als neun. Wie kommt es denn, dass du bei dem frostigen Herbst-abend noch so spät auf der Gasse  bist? Du schlotterst ja?»

 

 

Der Junge atmete tief und tat einen unbeholfenen Schritt zu seinem Vater – er hatte vor zwei Jahren einen Unfall erlitten das rechte Bein war etwas verkürzt, sodass er hinkte. «Ich war nicht allein dort oben beim «Kreuz» steht ein Haufen Leute, und es geht ein Gerede und ein Gemurmel und alle starren in den dunklen Hauseingang hinein und hören auf das leiseste Geräusch und warten, ob er kommt.

 

«Wer soll denn kommen? Rück einmal heraus! Wer?»

«Ach ich darf es fast nicht sagen.» Der Junge zitterte.. «Die sagen, der Gottseibeiuns.»

 

«Der Gottseibeiuns? Der  Teufel? Was soll denn das sein. In unserm frommen Dorfe?» spottete der Gemeindeschreiber.

 

«Er besuche den alten Kreuzwirt, - so redet man im Haufen… Er sei in der Fremdenlegion gewesen und liege im Sterben und habe Verschiedenes auf dem Gewissen. Ach ich verstehe nicht, was sie alles berichten – Der Unhold begehre seine Seele.»

 

Die alte Wirtshcaft zum Kreuz war ein grosses braungebranntes, fast schwarzes hochgiebliges Holzhaus. Es war nun in der Tat so, wie der Knabe erzählte, jeden Abend , shcon seit mehreren Tagen sammelten sich Neugierige, und die Menge wuchs mit der schaurigen Nachricht, die über den Leidenden herumgeboten wurde, von einem Kampfe überirdischer Geister.

Es war aber auch wirklich ein seltsamer, durcherregender Vorgang. Jeden Abend zur gleichen Stunde --- es mochte etwa halb zehn sein --- hörte man vom obern Stockwerk, vom Estrich mit schweren, polternden Schritten zum ersten Stock heruntertappen, wo man wusste, dass dort der Kranke lag.

 

Dann ging die Türe, schlug wieder zu und alles blieb still. Es gab ein oder zwei Beherzte, die beim Kommen des Unbekannten die Treppe hinaufsprangen, aber da war niemand zu sehen, noch zu hören. Es war umso rätselhafter, als sich das nun seit mehr als einer Woche zur selben Zeit wiederholte, und so hatte sich in Verbindung mit dem nicht ganz einwandfreien Vorleben des dem Tode Nahen das Gerücht vom Besuche des Mephistoles gebildet, das sich immer mehr in  die abergläubigen Seelen eingefressen und zum Volksauflauf geführt hatte. 

 

«Und solche Geschichten,» rief entrüstet der  Gemeindeschreiber, der im Rufe eines aufgeklärten  Mannes stand. «so was glaubt man noch bei uns, glaubt man noch bei uns!»

 

Es ist eine Schande, den armen kranken Kreuzwirt derart ins Gerede zu  brin-gen,» sagte der Lehrer.

 

Und der Wirt. «Dem Unfug muss man sofort auf die Spur gehen.» Von allen Seiten pflichtete man ihm bei! Schröder macht den Vorschlag, Abend eine ge-naue Untersuchung der rätselhaften Vorgänge zu veranstalten. Hauser, ein eif-riger Jünger Nimrods*, erbot sich mit seinem Gewehr bewaffnet, in den  Estrich zu steigen, die andern sollten unten bei der Menge warten, und wenn sie dann die Schritte vernähmen, sogleich die die Treppe hinaufzuspringen. So würde man sicher den Übeltäter, nur um einen solchen konnte es sich handeln, fassen und ihm den Schabernack gehörig austreiben zu können. Allen wurde Stillschweigen über den Plan auferlegt.

 

Am nächsten Tag war ein trüber, nebliger Herbstabend, begaben sich dich die Aufklärer rechtzeitig zum «Kreuz». Schon hatte sich wie an den vorhergehenden Abenden eine grosse Schar Neugieriger vor der Haustüre angesammelt, alle, von leisem Schauder erfüllt, erwarteten sie etwas Unerhörtes.

 

Schon hatte sich der unerschrockene Gemeindeschreiber mit seiner Waffe heim-lich an seinen Posten auf dem Estrich begeben. Voll Spannung lauschten unten im dunklen Hausgang die Verschwörer, die dem vermeintlichen Fürsten der Un-terwelt zu Leibe gehen wollten, in der Finsternis. Und da kam es, schwere Schrit-te ertönten, eine Türe ging klappernd auf und zu.

 

Jetzt musste man den frechen Kerl fassen, der die ganze Gemeinde in Angst ver-setzte. Von oben kam Hauser mit seiner Waffe. Nichts hatte er  beobachtet, kein Mensch, kein Wesen, kein verrückter Übeltäter war greifbar. Unverrichteter Dinge kehrten die Herren in den «Mohrkopf» zurück und zerbrachen sich den Kopf, um die Sache zu erklären.

 

Sie gaben sich nicht geschlagen. Noch drei und viermal widerholten sie den Ver-such, das Unerklärliche aufzuklären. Aber immer mit dem gleichen negativen Er-folg. Immer wieder mit dem gleichen negativen Erfolg. Der Auflauf nahm immer groteskere Formen an. Schon gab es solche, die im Kampf der himmlischen Gei-ster mit den unterirdischen um die Seele des Kranken faselten und selbst der aufgeklärte Lehrer Beeler fing an zu philosophieren: «Es gibt viele Dinge zwi-schen Himmel und Erde von denen wir Sterbliche  nichts wissen.»

 

Da brachte ein Zufall die Aufklärung.

 

Eines Abends, als sich gerade wieder der furchterregende Spuk im Gange war, kam zufälligerweise der behandelnde Arzt und machte einen späten Besuch. Er konnte sich die grosse Anwesenheit von soviel Leuten nicht erklären, zwängte sich durch die Menge und betrat das Krankenzimmer gerade in dem Augenblick, wo die alte Schwester des Leidenden aus dem Kasten in der Nebenstube die Medikamente holte, um dem Kranken den Nachttrank  zu bereiten.

 

Die Greisin hatte schwere Bauerschuhe an ihren Füssen und tappte dumpf um-her. Jeder Schritt der Alten nahm das dunkelgebrannte Gebälk des Holzhauses auf und übertrug es auf die mit ihm verbundene Treppe. Der Arzt forderte die Frau noch mehrfach auf, in die Nebenstube zu gehen und jedesmal kündigten sich ihre schlürfenden Schritte auf der Stiege.

 

Das Rätsel war gelöst. Der Kreuzwirt starb friedlich, und die himmlischen Geister trugen seine Seele zum Himmel.

                                                                                                                J. M.-L.

 

   

 *Nimrod ist ein altorientalischer, im Tanach, bzw. in der Bibel und im Koran erwähnter Held

   und König

 


Donnerstag, 29. Juni 2023

 

Wänn-d' füfzgi wiirsch, bisch halbä durä...

 

sächzgi, sibezgi, achtzgi...nüünzgi?

 

Vor 35 Jahren (was schon so viele?) rief mich der damalige Regierungsrat und spätere Landammann Stöff Stüssi an: "Hee, ich sött ä dr Klassäzämäkumft ä Värs uufsägä, mer wäärded füfzgi!" - "Schriib du dir sälber äinä." - "Nüüt isch, du chaasch daas besser!" - Nach längerem Feilschen und Hin und Her, liess der Politiker nicht "lugg" ud appellierte erpresserisch: "Bisch ä Koleeg odr nüüd?"

Ich bin zwar nicht der Gescheitere, aber gab contre-coeur nach. "Wart nu, dir wil-i!"

 

Es entstand ein "Opus" mit 27 Vierzeilern in Näfelser Mundart. Der "Auftraggeber" bedankte sich und schien bei seinen Klassenkolleginnen und -kollegen damit gut anzukommen.

Doch andere wurden auch fünzig... und ich beglückte sie mit dem "immerhin von einem hohen Regierungsmitglied" verwendeten Reimhaufen.

 

Als andere sechzig wurden, ergänzte ich die angefangene "Lismete" und strickte weiter.

 

Dasselbe mit siebzig, achtzig und nun mehr auch neunzig. Ob es für einen Hun-dertjährigen noch reichen wird, wird man sehen müssen.

 

So seien die Verse wie ein Strumpf, den man weiterstrickt, hier festgehalten. Wer es aushält, Mundartverse zu lesen, möge sich daran ergötzen oder halt abrupt abbrechen, "wänn's nümmä sött guh".

 

Wer füfzgi isch, isch halbä durä ...  

 

(Uufmunterig und Empfälägä für dernig, 

wo i-n-irem gränzälöosä Hoochmuät mäined, 

si müäsed um ds Vereggä hunderti wäärde .)

 

vum

 

Fridli Osterhazy

 

1        Jää, füfzgi isch mä nuch gag-glii,

          nüüt gaat so gschnäll we'd Ziit v’rbii!

 Da nützt kä Lätsch und ä-kä Schnurä:

 Mit füfzgi isch mä halbä durä!

 

2        Dän-äinä wäärded d Hosä z'ängg,

          und ander gschpüüred’s i-dä Glängg.

          Bi Wiib- und Mannis gitt’s bim Schmunzlä,

 und nüd nu dänn, di eerschtä Runzlä.

 

3.      Viil zaahned zu dä drittä Zänd,

wänn Kukidentä-Ziitä chänd.

Und chäämed nüd nuch ander Grillä,

wäär’s hööchschti Ziit etz fü-nä Brillä.

 

4.      Und d Mäitli bliibed nu so nett,

dangg Hügü und au dangg Gorsett.

         Und d Haarfarb, daas isch mängmaal chlägli,

         de ändäret au äfed tägli!

 

5        Wänn äinä nümmä-n-alls verschtaaht,

 so isch-es ds Oohr, wo naachälaat. 

 Und isch dr Sex ä nuch so kümmerli,

 digg öppämal chunnt ds Martins Sümmerli.

 

6.       's laaht alles äifach ächlä nah,

und daa und dett faaht öppis aa.

Äs hapäret g Garosserii,

mä repäriärt per Chranggäschii.

 

7.       De mäischte bliibed iätz, wo-s'sind,

 Früäschtarter händ schu Änichind,*          *Änichin=Grosskinder

 di gwüssnä säged uuschiniärt,

 i füfzä Jaahr bisch pänsioniärt.

 

8        Mä wiirt - wänn's nüd vum Alkohool isch -

uss Altersgründä melanchoolisch;

und gaar nüd guät sind, potz Miliuunä!

uff ds Alter hii Deprässiuunä!

 

9        Drum sägä-n-iich und säqä-n-üüch,

          ob Runzlä, p Biiss, öb Höörrohr, Büüch,

          etz isch-äs gnüäg mit Ummäsurä,

          mit füfzgi isch dr Mändsch halt duräl

 

10      Wänn daas alls schtimmt, so isch das grässli!

Zu allem hanä wiirsch vergässli.

Wänn iätz dr Mändsch faaht aa vergräisä,

müäsch glii dr Schauggelschtuäl gu räisä.

 

11      Doch, hee!  Das isch doch nuch viil zfrüä!

Für dernigs simmer doch nuch z'güä!

Etz simmer eerscht - Du miini Güätii! .

erfare und i voller Blüäti!

 

12      Mer mached öppis für p Poschtuurä,

gönd jedes Jaahr ächlä gu kuurä!

Mit Fango-Paggigä und Schlamm

wiirt üüseräinä wider stramm!

 

13     Ds Gold glitzäret etz ä dä Zändä,

und au dr Schmugg ä beednä Händä;

schigg chläided-si etz ja di mäischta,

mä chaa-si daas ja hütt au läischtä.

 

14     Mä gaaht id Saunä fescht gu schwitzä

und pfläget d Huut mit Gurggäschnitzä.

Gaaht äinä plötzli wild au schwimmä,

chaa öppis würggli nümmä schtimmä.

 

15     Des gliichlig gilt gad au für ds Tschoggä.

         Mä chaa nüd jaahrelang nu hoggä,

und plötzli wider we-nä Jungä

gu schpringä, we-mä früäner gschprungä.

 

16     Diä mit dä Büüch und mit dä Ränzä,

erläbed funsi sälber g Gränzä,

und tängqed au ä ds Choleschtriin,

a Bluätdrugg und ä ds Nikotiin.

 

17     Digg äinä hätt's au uf dr Niärä,

mä söll's mit Tee ächlä probiära.

Und ander händ's dä idä Hüft,

de gönd vor Schmäärzä schiär id Lüft.

 

18     Was schpilt au da nüd alls drininä!

Dr Körper isch halt ä Maschinä.

Mer händ kä Grund zum-ä-n-Entsetzä,

ä Huuffä laaht si hütt ersetzä.

 

19     Ä künschtlis Häärz, ä nüüi Niärä,

de lönd-si hütt guät öpäriärä.

         ’s gitt Zänd, 's gitt Haar, äs gitt Proteesä;

         ‘s gitt Glaasaug, Chruggä, Rollschtüäl, Scheesä.

  

20     Mer läbed hütt - ihr glaubed's chuum -

i derä Gsellschaft, im Konsuum.

Es tuü-p-mer weh, ich kör-es ruuschä,

miir sälber sind ja au z'vertuuschä!  '

 

21     Doch lönd etz g Chöpf nüd eifach hangä,

nüd iätz uff AHV schu plangä.

Bedängged au: Antikwiteetä

sind immer meh au Rariteetä.

  

22     Mir sind nuch jung, voll Energiiä,

mer lönd üs nüd nu äifach gkiiä!

Nu äis - das säg-i ächlä gnäuer -

mir sind doch etz au afed schläuer.

 

23     Was immer wettisch, nimm's äd Hand,

doch immer meh bruucht's etz Vrschtand. 

Bi äim, da chaasch di niä ver-iärä:

Mosch nu diis Häärz au konsultiärä!

 

24     Bis füfzgi muäs-mä mängmaal guu,

zum daas und dises au z'verschtuh.

Und schliässli bruucht's zum daas begriiffä,

äs Läbä fascht und Ziit zum Riiffä.

 

25     Was söll das alls?  Mer sind etz daa

und wetted's ächlä luschtig haa.

Drum fiired iätz, und zwar gad gschwind,

und nuch bivor'r sächzgi sind.

 

26     Füfzg Jaahr sind, wä-mes richtig trännt,

ja immer nuch eerscht füfzg Prozänt!

Ich wünsch-ech, as'r disä Räschtä

mit Freud verbringed und mit Fäschtäl

 

27     Ä schüünä Gruäz, ihr riiffä Jungä,

         was gilt's, äs isch nüd ghupft, was gschprungä!

         und nuch'ä Gruäz ä üüri Bäsi,

         vum Näflezzer Fridli Oschterhäsi.

 

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(erstmals aufgeführt für Stöff Stüssi, Landammann, bei seinem

50.Lebensjahr, 1988)

 

         (wieder aufgeführt im heissen Herbst 1995, im Frühsommer 2001 für di

         Sächzgjäährägä gaaht’s ezt nuch wiiter.)

 

28       Hee, Büäbli (Mäitli), wänn-d’ schu sächzgi bisch,

 du bisch und bliibsch im Härz so frisch!

 Mit sächzig muäs-mä nümmä murrä,    

          de füfzger Jäährli sind etz durä.

  

29      Was etz nuch chunnt, isch alles gschänggt.

          Etz nämmer’s nümmä-n-äso gschprängt.     

          Mir nänd was chunnt und tängged draa:

          We schüü händs mir doch immer kaa.

 

30      Sim-mir bis etz dur Tigg und Tünn?

          Isch üüsers Läbä nüd ä Gwünn?

          Isch ds Schaffe nüd au öppis Schüüs?

          Und d Liäbi, diä v’rbindet üüs.

 

31      Alls ander isch doch nur fataal!

          Was sölled d Jaahr, was söll ä Zahl?

          Mach daas, was-d’ magsch und öppe chaasch.

          Und tängg und tuä, was duu v’rschtahsch.

 

32      Bliib äifach nu äsoo we-p-bisch!

          Nimm alls äsoo, we’s etz halt isch!

          Heb immer öppä ächlä z’lachä.

          Und sust las nu dr Härgott machä!

 

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           (uss aggtuellem Aalass vunärä 70-jäährigä nuch wiiterglismet, we folgt)

 

33      ’s gaht wiiter dä für Maa und Frau

glii chunnt jä dä au d AHV,

und uhni Schaffä und Schtudiärä

faasch äntli aa ä nuch rändiärä.

 

34      Etz chaa-m-es ä chlä ringer nih

          und äso richtig Räntner sii,

          schtatt nu dä häimä sii und mäisä,

          chaasch gschiider iätz ä chlä gu räisä.

 

35       D Wält isch jä schüü und hütt so chlii,

           mä isch dä daa und dett gag-glii!

           Mä haut’s i allnä Herä Ländärä

           äs bizzäli gu ummä-fändärä!

  

36        Mä hätt ja schliässli wagger Gält

            und gchrampfet nu uff derä Wält,

            etz söled g Chölä ämaal rollä,

            für Öppis hä-p-mä de Chnollä!

 

37        Dr-zwüschet chaa-mä ja im Gaartä,

            ’chlä jättä und uff d Schnäggä waartä.

            Und luäged-iir etz nu vrdutzt:

            ’s gitt tigg ä Frau, wo gäärä butzt!

 

38        Mä chauft-si au mit Münz und Nöötli,

            zum Ziitvertriib ä waggers Böötli;

            mä schwimmt und liit, und liit und schwimmt,

            bis ds Läbä äifäch für äim schtimmt!

 

39        Und mängä Schrangg und mängi Truggä

            hätt plötzli ds Sibni uffem Ruggä

            und ds Null drzuä isch ä nüd schwäär,

            und tuät we wänn daas gar nüüt wäär.

 

40         Nu äis, das törff mä niä vrgässä,

            we hütt, mit Tringgä und mit Ässä!

            Mit wagger Fäschtä, bsässä Fiirä

            und Värsli obänabä liirä!

 

              ---------------------------------------------------------------------------------------

           

            (Gewissermassen als Wintergarten angebaut im Blick auf achtzig)

 

 

41        g Gebuurtstääg händ kä Chilibifeller,

  nu d Ziit gaht läider immer gschneller.

  Im Hui gönd de ja de Jaahr verbii,

  dä wiirtsch dä-n-achtzgi nuch gag-glii.

 

42        Mä hätt etz da und dett Gebräschtä,

           chaasch nümmä gliichlig dä gu fäschtä.

           Äs ziäht und äächzt und juggt und zwiggt,

           und hoggisch aab, bisch glii vrniggt.

 

43        Wänn-d nüüt meh gkörsch, mach jaa käs Wäsä,

  leern äifach ächlä Lippä läsä!

  Und öppis chaa-mä nüd vrbüütä,

  wänn-d nüüt meh gseesch, chaasch ja nuch tüütä.

 

44        Ääch, alls isch anderscht iätz as früäner,

  etz säi-p-mä Pulee, nümmä Hüäner,

  hütt mosch nüd schparä, nüüt erduldä,

  hütt bruucht-mä ds Gält und macht nuch Schuldä.

 

45        Si schmiäred Anti-Aitsching-Greem ä Grind,

  au wänn-s‘ drnaa nüd jünger sind.

  Und ds Gsicht isch glii halt vollä Runzlä

  Nnd vu dä Soorgä, nu vum Schmunzlä.

 

46        Mit achtzgi bisch, daas wäisch schu lang,

  eerscht langsam uffem Übrgang

  vu diiner schpäätä Pubertäät

  zum gschiider wäärdä isch niä z schpäät.

 

47        Und d Haar sind, wänn-d‘ nuch häsch, etz wiiss.

  Nuch gilt bim Jassä „Stögg-Stich-Wiis“

  Und diä, wo etz kä Zänd meh händ,

  de ässed äifach mit dä Händ.

 

48        Mosch nümmä schtrüttä, chrampfä, männä,

  lass doch di andärä etz rännä.

  Äs Nüggerli mach naa Zmittag.

  Isch gliich we lang, isch gaar kä Fraag.

 

49        Luäg wiiter, lass dr Härgott machä,

  alls ander wäär ja nu zum Lachä.

  Dr Wääg macht nümmä fürchtig Rängg,

  und jeda Taag isch doch äs Gschängg.

 

50        Etz chunnt’s doch nümmä ‘so druufaa,

  mosch äifach Goopfertruuä haa.

  Dr Härgott säit-dr schuu we wiit,

  zum Schtäärbä häsch nuch eebig Ziit.

 

   ---------------------------------------------------------------------------

 

  (Auch neunzig ist heute von vielen erreichbar)

 

51        Wänn-d nüünzgi wiirsch isch daas ä Gnaad,

            wänn früäner gschtoorbä wäärisch, wäär‘s doch schaad.

            Äs sig nu näbäbii erwähnt,

            etz bisch im zächätä Jahrzähnt.

 

52        Schu füfäzwänzg Jahr AHV.

            ä mängem and’rä gfiäl daas au.

            Wahrschiindli häsch au Pänsiuu,

            und zämähaft sött’s öppä guh.

 

53        Nüünzgjährigi gitt‘s meh und meh,

            daas chaa-mä hütt zntummä gseh.

            ‘s gitt dernig, wo nuch lang vrharred

            und dernig, wo nuch Auto fared.

 

54        Nu isch halt langsam dä ds Parggiärä,

            eh kumpliziärt und zum Schiniärä;

              wänn’s hindä chlepft und voornä pütscht,

            häsch nüg-gad alles rächt vrwütscht.

 

55        Doch isch dä daas nuch käs Fiasgo,

            äs gitt ja schliässli ä nuch Kasgo,

            und häsch dä-n-ebä ächlä Päch,

            tängg äifach: „Ja, äs isch nu Bläch!“

 

56        Vrgiss nüd as g Karambolaasch

            au Aarbet gitt für dii’ Garaasch;

            Gang au nüd ufä ä dä Wänd,

            wänn-s’ dr dä nuch dr Uuswiis nänd.

 

55        Vrgiss, au farä mit-‘mä Bus

            chaa tigg ämaal si au ä Gnuss;

            nu müäsch bi denä Halteschtellä,

            paraad si und nuch chännä zellä.

  

56        Wänn-d’ Hilf bruuchsch, gitt’s nuch Spitex-Frauä,

            de chänd-di gäärä dä gu gschauä.

            Und all de viilä gsuntnä Pillä,

            chaasch abäschluggä uhni Brillä.

 

60        Heb Soorg und tängg nu nääbiwahr,

            äs gaht ja nu nuch zächä Jahr.

            Drnaa isch ja dä, hee, momoll,

            des hundertscht ä schu wider voll.

     

     


Mittwoch, 28. Juni 2023

Kleine Rezension

 

Deo puer, mundo vir!

 

(Vor Gott ein Knabe, vor der Welt ein Mann!)

 

Die Studentenverbindung GV Corvina Einsiedeln

 

wurde

 

175 Jahre alt

 

1848 - 2023

 

Prächtige Jubiläumsschrift erschienen!

Grusswort

des

OK-Präsidenten und des AHP Alt-Covina-Präsidenten

 

Liebe Corviner

Liebe Schw. StVer

Liebe Gäste

 

Die GV Corvina wurde 1848 als eine der ältesten Sektionen

im Schw. StV gegründet. Zurückschauend auf 175

Jahre GV Corvina lässt sich sagen, es war über all die

Jahrzehnte hinweg eine bewegte Zeit. Schauen wir mit

Genugtuung und Freude zurück, was die Corvina alles

an der Stiftsschule erreicht hat.

An unsere gesamten Feierlichkeiten sind neben den geladenen

Personen auch alle Mitglieder des Schw. StV

herzlich willkommen.

Gedenken und freuen wir uns zusammen auf 175 Jahre

GV Corvina und feiern ein eindrückliches und rauschendes

Jubiläum!

 

Im Namen des Organisationskomitees

Markus Hauser v/o Perdu

OK-Präsident

Mario Kälin v/o Rapport

AHP Alt-Corvina

 

Dass eine Gymnasialverbindung über 175 Jahre Bestand hat, ist gewiss genug Daseinsberechtigung für junge Studenten und heute auch junge Studentinnen, insbesondere der Stiftsschule Einsiedeln. Nicht immer zur Freude der Lehrer des Gymnasiums existierte diese Verbindung von Studierenden. Mit der Zusammen-scharung und mit einem gewissen Eigenleben entzog sich die Corvina der Auf-sicht und des Einflusses der Schulleitung; dennoch übestand sie alle Stürme und Strömungen bis in die heutige Zeit.

 

Wie den obigen Grussworten zu entnehmen ist, wurden die 175-Jahre des Be-stehens recht aufwändig und gebührend mehrtägig gefeiert. Mit einer hohen Fleissarbeit wurde auch eine ansehnliche Jubiläumsschrift verfasst, was heisst da Schrift... ein bibliophiles, sorgfältg und grosszügig gestaltetes Jubiläumsbuch!

 

Ein rühriges Team unter Leitung von Hanspeter Renggli v/o Ändlech mit Marius Tongendorff v/o Surri, Sarah Jaeggi v/o Mareel und Iwan Durrer v/o Kynòs leistete ganze Arbeit.

Herausgeberin ist die AH-Corvina (Altherren) Einsiedeln, Layout, Umsetzung, Druck und Gestaltung besorgte Dominik Wilhelm, Druckerei Franz Kälin AG, Einsiedeln; gebunden wurde das Buch in der Buchbinderei Bubu AG in Männedorf. Auflage: 420 Exemplare. Rund 60 Bilder, Fotos und Grafiken.

 

Der Präsident der Alt-Corvina Mario Kälin v/o Rapport, schreibt im Vorwort:

 

"...Wir sind glücklich, haben wir nach 175 Jahren erstmals eine zugängliche Ge-

schichte unserer Verbindung. Sie zeugt von der Vielseitigkeit und dem grossen Engagment zahlreicher Generationen..."

 

"... Schon in der Gründerzeit wurden die Tätigkeiten der Corvina  als Ergänzung, mitunter aber auch als Konkurrenz zum Schulunterricht verstanden. Manche Kri-tik am Erscheinungsbild stand der Begeisterung für zahlreiche freudige Ereignis-se, sowie dem Zugang zu wissenschaftlichen Inhalten in einer stimmungsvollen Atmosphäre entgegen: Gründe genug, sich in die Geschichte zu begeben und verstehen zu wollen, woher wir kommen und wohin die Zeit ie Corvina über die vielen Generationen getragen hat..."

 

Die Schrift präsentiert sich in vier Teilen.

 

I    Die Gründungszeit

II   Den Aufbau und die Entwicklung

III  Die Jubiläen

IV Den Anhang (Gründungsmitglieder, Statuten, Komitees, Vereinspapas, AH-

    Präsidemten, Quellen und Literatur)

 

Sie richtet sich in erste Linie an die Corviner und Corvinerinnen, vermag aber für Uneingeweihte und Dritte ein spannende und vortreffliche "Visitenkarte" der Cor-vina Einsiedeln in die Welt hinaustragen.

 

Gratulamur!

Selfie bei den Jubiläumsfeierlichkeiten

OK-Präsident Markus Hauser v/o Perdu

und Altherren-Präsident 1983-88 Bruno Frick v/o Wodka

 

  

Ein paar bekannte Mitglieder der Corvina

 

Kurt Blöchlinger, ehemaliger Chef der Bundeskriminalpolizei

Roger Bonvin, Bundesrat (Schweiz)

Markus Büchel, Bischof von St. Gallen

Enrico Celio, Bundesrat (Schweiz)

Anton Cottier, Politiker (CVP/FR), ehem. Ständeratspräsident (2002)

Philipp Etter, Bundesrat (Schweiz) 1934-59

Urban Federer OSB, 59. Abt des Klosters Einsiedeln

Bruno Frick, Politiker (CVP/SZ), Ständeratspräsident (2004/2005)

Amédée Grab, Bischof von Chur

Benno Gut, Abt und Kardinal

Peter Hess, Politiker (CVP/ZG), Nationalratspräsident (2001)

Hans Hürlimann, Bundesrat (Schweiz) 1873-82

Matthias Hüppi, Fernsehmoderator und Sportreporter

Urs Leuthart, Bundshausredaktor, TV-Politsendungen

Valentin Roschacher, Schweizer Bundesanwalt

Anatole Taubman, Schweizer Schauspieler

 

und siehe da... ich finde eine ganze Liste ehemaliger Stiftsschule-Absolventen in einer Projektarbeit (Maturaarbeit) von Masha-Serphina Bingisser 

 

"etiam discipulus noster - auch er ein Schüler von uns"

 

https://ednch.jimdofree.com/

     

WER

TITEL

BERUF

 

A

 

 

Abgottspon, Franziskus

 

Regisseur

B

 

 

Bannwart, Roman

 

Choralmagister

Battaglia, Johannes Fidelis

Bischof

Bischof

Benziger, Alois Maria

Prof. 

Päpstlicher Thronassistent 

Benziger, Karl

 

Verleger/Politiker

Beul, Arthur

 

Komponist

Bingisser, Oscar 

 

Regisseur/Schauspieler/Autor

Birchler, Karl

Dr. med.

Politiker

Birchler, Linus

Prof. Dr.

Kunsthistoriker

Bisig, Bartholomäus Alois

Dr. med.

Arzt

Bondolfi, Pietro

Dr.

Missionar

Bonvin, Roger

 

Bundesrat

Braun, Hans Eugen

Dr. phil.

Bibliothekar

Breitenstein, Urs

Dr. phil.

Verleger

Büchel, Markus

Bischof

Bischof 

C

 

 

Celio, Enrico

Dr. phil.

Bundesrat

Christen, Alois

 

 

Christen, Josef Fidel

 

Politiker

Cottier, Anton

D

Diethelm von Burg, Helena

lic. iur.

Politiker

E

 

 

Eberle, Ambros

 

Politiker

Eberle, Johann Josef

Prof.

Theologe

Eberle, Josef Anton

lic. iur.

Politiker

Eberle, Jürg

 

Pressesprecher

Eberle, Karl

Dr. theol.

Theologe

Engeler, Urs Paul

 

Journalist

Etter, Kassian

 

Pater

Etter, Philipp

 

 

Bundesrat

F

 

 

Fäh, Beat

 

Regisseur

Fassbind, Franz

 

Schriftsteller

Fassbind, Joseph Thomas

 

Theologe

Fleischmann, Meinrad

 

Geschäftsführer

Föllmi, Reto

 

Volkswirtschaftler

 

 

 

Frey, Karl

Prof. Dr.

Pädagoge

Frick, Bruno

lic. iur.

Politiker

Furrer, Ivo

Dr. iur.

Jurist

G

 

 

Gächter, André

Dr. med.

Orthopäde

Galeazzi Renato

Dr. med.

Arzt

Georgiadis, Nico

 

Schachspieler

Gut, Benno

Kardinal

Kardinal

H

 

 

Hasler, Alfons

lic. iur.

Politiker

Hausherr, Paul

Dr. iur.

Politiker

Henggeler, Rudolf

 

Theologe

Hess, Peter

lic. iur.

Politiker

Hofmann, Julia

 

Design Direktorin

Holzherr, Georg

Abt

Abt

Hug, Adrian

lic. iur.

Politiker

Hüppi, Matthias

 

Sportjournalist

Hürlimann, Hans

lic. iur.

Bundesrat

Hürlimann, Thomas

 

Schriftsteller

I

 

 

Iten, Meinrad

 

 Maler

K

 

 

Kälin, Andreas

 

Unternehmer

Kälin, Johann Baptist

lic. iur.

Jurist

Kälin, Sonia

 

Schwingerkönigin

Kälin, Walter

Prof. Dr.

Jurist

Kälin, Walter

 

Radiomoderator

Keel, Daniel

 

Verleger

Keel, Othmar

Dr. theol.

Theologe

Keiser, Heinrich Alois

 

Theologe

Kissling, Wilhelm

 

Theologe

Kohlund, Christian

 

Schauspieler

Kurmann, Franz Josef

Dr. iur.

Politiker 

Küttel, Andreas

Dr.

Skispringer

Küttel, Beat

 

Theologe

L

 

 

Leimgruber, Stephan

Prof. Dr.

Theologe

Leuthard, Urs

 

Journalist

Lienert, Meinrad

lic. iur.

Schriftsteller

Löhrer, Magnus

Prof.

Theologe

M

 

 

Mäder, Otmar

Dr. theol./Bischof

Bischof

Malär, Delio

 

Schauspieler

Martinoli, Sebastiano

lic. iur.

Politiker

Marty, Martin

 

Missionar

Meier, Rudolf

Dr. rer. pol.

Politiker

Morel, Gall

 

Theologe

Müller, Othmar Johann

Dr. iur.

Politiker

N

 

 

Netzhammer, Raymund

 

Theologe

Nigg, Benno Maurus

Dr. sc. nat. 

Physiker/Biomechaniker

Noseda, Alfredo

 

Theologe

O

 

 

Oberholzer, Basilius

Abt

Abt

Ochsner, Martin

lic. iur.

Politiker

Oechslin, Werner

Prof. Dr

Kunsthistoriker

R

 

 

Räber, Ludwig

Dr. phil.

Theologe

Raedlé, Nicolas

Dr. theol.

Theologe

Räss, Nadja

 

Jodlerin

Rauber, Urs

Dr. phil.

Journalist

Reuteler, Fabienne

 

Snowboarderin

Riedener, Josef

Dr. iur.

Politiker

Roesle, Maximilian

Prof. Dr. phil.

Philosoph

Rohner, Walter

Dr. rer. publ.

Politiker

Roschacher, Valentin

Dr. iur. 

Jurist

Rosenberg, Felix

lic. iur.

Politiker

Rosenberg, Martin

Dr. iur.

Politiker

Rothlin, Stephan

Dr.

Wirtschaftsethiker

Rüttimann, Josef

lic. iur.

Jurist

S

 

 

Saladin, Guntram

Dr. phil.

Germanist

Schlumpf, Barbara

 

Regisseurin

Schmid, Heinrich

 

Theologe

Schneider, Philipp

Dr. iur.

Jurist

Schneider, Zeno

Dr. med. 

Arzt

Schön, Josef Anton

 

Politiker

Schwander, Vital

Prof. Dr.

Jurist

Schwegler, Theodor

Prof. Dr.  

Theologe

Stähelin, Johann Andreas

lic. iur.

Politiker

Stalder, Xaver

 

Jurist

Styger, Martin

lic. iur.

Jurist

T

 

 

Taubman, Anatole

 

Schauspieler

Thalmann, Anton

 

Botschafter Kanada

V

 

 

Vogt, Paul Robert

Prof. Dr. med.

Gefäss- und Herzchirurg

von Senger, Harro

Dr. phil.

Sinologe

W

 

 

Weidmann, Jakob Anton

 

Pädagoge

Willi, Dominicus

 

Theologe 

Willi, Kaspar

Bischof

Bischof

Winterhalter, Martin

Dr. iur.

Unternehmer

Z

 

 

Zehnder, Eduard

Prof. Dr.

Mathematiker

Züger, Heidi

 

Schauspielerin

   
     
 

Dienstag, 28. Juni 2023

 

Ein Nachtrag und eine Corrigenda

 

Kirchenschatz Glarus

 

Das ist die Kreuzpartikelmonstranz

 

In meinem Beitrag vom "Dies und Das vom 18. Juni 2023" ist die prächtige Hostienmon-stranz von mir irrtümlich  als "Kreuzpartikelmonstranz" bezeichnet worden. Josef Schwitter, der langjähige Heger und Pfleger des kostbaren Schatzes klärt mich nun auf und übermittelt mir die obige (richtige) Kreuzpartikelmonstranz. Das Bild ist qualitativ um Welten besser als meine "Handy-Aufnahmen". Herzlichen Dank für den HInweis, sorry für meinen Faux-pas.


Sonntag, 25. Juni 2023

 

Einsiedler Sonntag

 

Trouvaille

 

 

Fridolin Osterhazy: (Pseud.)

 

g Glaarner Wallfahrt uff Äinsidlä

as Näflesser Büäbel

voor meh as driissg Jahrä

 

Näfels/Einsiedeln, Dezember 1982

 

Biitraag zu dr Wernissasch i voorwiächtlicher Stimmig

äm 5. Dezämber 1982 im SGU Näfels

 

 

Vorbermerggig

D Äinsiedler Wallfahrt isch ä-n-uuraltä Bruuch vum Glaarner Volch. Mä säit-erä au „Glaarner Wallfahrt“ oder „Landeswallfahrt“, will si Landesbruuch isch we d „Näflesser Fahrt“.

 

Ä schpezielli Bedüütig hät de Wallfahrt im Bruuchtum vum Doorf Näfels. Hiä isch zu miinä Buäbä-Ziitä  Modä gsii, as-mä des eerscht Maa las Eerscht-Komänikant hätt törffä mit.

 

Ganz früäner siged-si z Fuäss g’gangä, nuch vor-em Chriäg i dä viärzger Jahrä isch  zwee Taag gu wallfahrtä. Au nachem Chriäg hätt si dr Kanonikus Blasius Braun,dr Näfelsser Pfarer uumäär iigsetzt, as d Lüüt schu äm Samstig gönd und eerscht äm Sunntigaabed wider zrugg chänd.

 

Anä 1949 ha-n-i des eerscht Maal törffä ä-d Äinsidler Wallfahrt, und um diä gaht's i dä folgendä Värs:


Montag, 26. Juni 2023

 

Wer war Konrad Pellikan?

 

Heute ist der "Franziskuskalender 2024" mit dem Titel "Sinn(e)" erschienen. Die-se traditionelle Edition der Kapuziner ist seit meiner Kindheit jeweils in unserer Familie aufgetaucht. Freilich nicht in der Glanzpapierausgabe zum 107. Jahr-, gang, 139 Seiten stark. Er erinnert an die Kapuzinerpatres auf dem Burgstock, die nicht nur Helgäli verteilten, das Neujahr von Haus zu Haus anwünschten, sondern auch 135 Jahre lang die Klosterschuler führten von 1831 bis 1964. Eine Knabensekundarschule mit Gymnasialem Zug, das heisst Anschlussmöglichkeit an Gymnasien Appenzell, Stans, vereinzelt auch Kollegium Schwyz.

 

Dem Mitgliederverzeichnis ist zu entnehmen, dass nicht einmal 50 Braunkutten die Schweizer Provinz ausmachen, in  der  Tessiner Custodie ist die 20 Mann-Grenz bald unerchritten, nicht besser in den anderen Provinzen.

 

Doch noch erscheint der Franzikuskalender noch. Und darin ist jeweils ein ganzseitiges Kreuzworträtsel. Diesmal - es sei unter vorgehaltener Hand verraten das Lösungwort "Konrad Pellikan".

Angeblich ein "Franziskaner-Gelerter, der zum engen Mitarbeiter von Ulrich Zwin-gli wurde."

Von Neugier gestochen, woltle ich wissen, wie im Titel angekündigt: Wer war Konrad Pellikan? 

Konrad Pellikan, humanistisch latinisierter Name von Konrad Kürschner, auch Konrad Pelikan, Konrad Kürsner, Conrad Pellikan(us), Conrad Kürsner, Conrad(us) Pellican(us), Konrad Pellican, 

(* 9. Januar 1478 in Rufach, Elsass; † 5. April 1556 in Zürich)

Er war ein elsässischer, später in der Schweiz lebender Gelehrter, Franziska-ner und Humanist; seit 1525 reformierter Theologe und Reformator in Zürich und Pionier des Bibliothekswesens.

 

Konrad wurde in Rufach (Rouffach) im Elsass 1478 in eine Kürschner­familie ge-boren. Den Familiennamen Kürsner latinisierte er beim Studium in Heidelberg 1491 jedoch nicht zu «Pellifex», was seinem Onkel Jodocus Gallus (Jost Hahn, um 1459–1517, damals Rektor der Universität Heidelberg) zu plump vorgekom-men sei, sondern zu «Pellicanus» mit dem Zusatz «Rubeaquensis» (von Ru-fach).

 

Pellikan hatte grosse Mühe, studieren zu können, denn die wirtschaftlichen Ver-hältnisse der Eltern waren sehr schlecht. Erst 1491 gelang es ihm, nach Heidel-berg zu kommen, aber sein Onkel konnte ihn nur kurze Zeit dort unterhalten. So blieb ihm nichts anderes übrig, als ins Kloster zu gehen.

 

Wegen Mittellosigkeit trat er 1493 in das Franziskanerkloster Rufach ein, das zur Strassburger Franziskanerprovinz gehörte, und kam nach drei Jahren ins Kloster Tübingen, wo er Vorlesungen über Philosophie hörte.

 

Neben dem Studium erwarb er Kenntnisse der Astronomie und lernte als Autodidakt die Hebräische Sprache. Johannes Reuchlin unterstützte seine Bestrebungen, ein hebräisches Wörterbuch zu schaffen, das ohne sein Wissen und ohne seine Namensnennung von Gregor Reisch in dessen Werk Margarita Philosophica bei Johannes Grüninger in Strassburg 1504 publiziert wurde. In-zwischen war er Lektor und später Guardian im Franziskanerkloster in Basel geworden. Hier arbeitete er auch als Herausgeber und Redaktor für die Basler Drucker und verfertigte Namens- und Sachregister zu Editionen der Kirchenväter.

 

Er kam in Kontakt mit den ersten gedruckten Schriften Martin Luthers, die er für den Nachdruck durch Basler Drucker mit reformfreundlichen Kommentaren ver-sah.

 

Von 1511 bis 1514 wirkte er als Guardian auch in Pforzheim. Im Franzis-kanerkloster St. Wolfgang in Riedfeld bei Neustadt an der Aisch, wohin er mit seinem Provinzial gereist war, liess er sich durch den jüdischen Gelehrten Elias Levita 1514 in die hebräische Sprache und Literatur einführen. Nach der Publikation von Luthers Neuem Testament deutsch durch den Drucker Adam Petri 1522 wurde Pellikan 1523 seines Klosteramtes enthoben, jedoch vom Basler Rat als Professor für Theologie an die Universität geholt und wandte sich der Reformation zu, anders als sein Freund Erasmus von Rotterdam.

 

1525 wurde er nach Zürich berufen als Lehrer der hebräischen Sprache an der «Prophezei», der reformierten Hochschule für die Ausbildung von Predigern. Bei seinem Amtsantritt 1526 legte er das Mönchsgewand ab und heiratete. Bis zu seinem Tode wirkte er in Zürich, wo er an der reformierten Hochschule für die Ausbildung von Predigern, als Bibelübersetzer und -erklärer wichtige Dienste leistete. Sein Bibelwerk Commentaria bibliorum ist das einzige vollständige Bibelwerk der Reformationszeit. Als Verfasser, Redaktor und Herausgeber arbeitete er für den Zürcher Drucker Christoph Froschauer.

 

Nach dem Büchersturm 1525 und Zwinglis Tod 1531 übertrug man Pellikan auf Initiative Heinrich Bullingers als weiteres Amt die Wiedererrichtung der  Stiftsbib-liothek am Grossmünster als Studienbibliothek für Professoren und Studenten der «Prophezei». Gründungsbestand waren die noch vorhandenen Bücher der mittelalterlichen Stiftsbibliothek, sowie die von Ulrich Zwinglis Witwe 1532 ange-kaufte Privatbibliothek, zusammen rund 460 Bände mit etwa 600 Werken ent-haltend.

 

Im Laufe der Zeit sammelten sich hier weitere Bestände mittelalterlicher Biblio-theken von Institutionen und Privaten. Von 1532 bis 1551 reorganisierte Pellikan die Bibliothek in den alten Räumen des Stiftsgebäudes, ordnete als Neuerung die Bücher in den Gestellen mit dem Rücken zum Leser, wozu am Fuss des Rü-ckens die Signatur aufgetragen wurde, und inventarisierte sie. In einem handgeschriebenen Katalog erschloss er dieses Inventar mittels Autoren- und Sachregistern nach Schlagwörtern und einer Systematik. Dieser vierfache Katalog in Bandform ist im Original überliefert (Zentralbibliothek Zürich, Hand-schriftenabteilung, Ms. Car. XII 4), ebenso ca. 75 % der darin enthaltenen Werke (Handschriften, Inkunabeln und Frühdrucke).

 

Er übertrug die Techniken des Registererstellens, die er bei seinen Redaktions-arbeiten entwickelt hatte, auf die Katalogisierung der Buchbestände, und er war auch Erfinder des Arbeitens mit bibliographischen Zetteln, ein Verfahren, das später sein Schüler Conrad Gessner für seine bibliographische Arbeit benutzte.

 

In humanistischen Kreisen erfreute er sich eines ungeteilten Ansehens. Da er mit Ulrich Zwingli eng befreundet war, entfernte er sich erklärlicherweise von Martin Luther und ergriff brieflich gegen dessen Abendmahlslehre Partei. Ob er in die von Martin Bucer herrührenden lateinischen Übersetzung von Johannes Bugen-hagens Psalter die zwinglische Abendmahlslehre eingetragen hat, ist ungewiss.

 

Pellikan starb an Ostern 1556, und er wurde von der ganzen Stadt betrauert. Der italienische Reformator Peter Martyr Vermigli wurde sein Nachfolger an der theologischen Schule, dem Collegium Carolinum.

 

Familie

Konrad Pellikans Schwester Elisabeth war die Mutter des Humanisten Conrad Lycosthenes (1518–1561). Der Humanist Jodocus Gallus (Jost Hahn, um 1459–1517) war sein Onkel. Pellikan heiratete 1526 Anna Fries, ein Mädchen vom Lande, deren Bruder Johannes Fries (1505–1565, der spätere Latinist) bei ihm als Tischgänger lebte. Mit ihr hatte er einen Sohn Samuel (1527–1564) und eine 1528 geborene Tochter Elisabeth, die jung starb.

 

Quelle: Wikipedia